3.1.2.2 Siedlungen der Römischen Kaiserzeit in Weyhe

Paul Athmann

Weyhe, Februar 2022


Auf dem Gebiet des heutigen Weyhe bestanden in der römischen Kaiserzeit schon mehrere Siedlungen oder Gehöfte, was man aus archäologischen Fundstücken ableiten kann. Zumindest in Kirchweyhe auf dem Geestfeld , in Kirchweyhe am Friedhof und in Sudweyhe am Rieder Umleiter deuten die Funde auf Siedlungen aus dieser Zeit hin.


Die in Leeste-Hagen gefundenen Gräber könnten auch Einzelbestattungen sein. 


Funde in Ahausen aus dem 2. oder 3. Jh. deuten auf einen uralten Siedlungsplatz hin. Steingeräte aus der Steinzeit und der Bronzezeit fanden sich am selben Platz auf einem Acker wie Scherben aus germanischer Zeit. Bei Testgrabungen wurden Pfosten verschiedener Häuser, tiefe Brunnen und in die Erde eingetiefte Gruben entdeckt, die häufig mit Tierknochen verfüllt waren (Reste der Tierschlachtungen). Spinnwirtel und Webgewichte verweisen auf die Herstellung von Kleidung. Eine Glasperle und Bronzefunde (Haarnadel/Kniefibel, Fingerring mit Dreiecksmuster) zeugen vom Schmuck der Germanen. Eine eiserne Tüllenaxt bezeugt das Holzhandwerk oder diente als Waffe.


Die Gründung des eigentlichen Ortes Ahausen wird jedoch nicht vor dem 6. Jahrhundert erfolgt sein. Zwischem dem 6. und 10. Jahrhundert wurden Siedlungen durch einzelne Höfe gegründet, die dann häufig den Zusatz -husen bekamen.1  Im Fall Ahausen wird es sich um die "Häuser in der Aue" gehandelt haben, oder "die Häuser am Fluß (Ahe)". Eine Ersterwähnung Ahausens erfolgt aber erst um 1250.

 

Auch in Sudweyhe wurde südlich des Rieder Umleiters (nahe der Sudweyher Straße) eine kaiserzeitliche Siedlung ausgegraben. Hier handelt es sich vermutlich um Siedlungsplätze am alten Weserarm, der vom Rieder See über den Kirchweyher See lief. Da der Siedlungsplatz im Überschwemmungsgebiet der Weser liegt, werden Häuser auf Wurten oder erhöhten Sandterrassen errichtet worden sein.

 

Nach einer Theorie von Geologen (z.B. Natermann 1936) ist die Auelehmschicht der Wesermarsch oberhalb Bremens erst nach 800 entstanden, als man begann, die Wälder im Einzugsgebiet der Weser abzuholzen und so der Lößboden erodierte und dieser mit der Weser in die Auegebiete geschwemmt wurde. Das würde bedeuten, dass die Marsch in der Kaiserzeit generell noch 4-5 Meter niedriger lag als heute, womit die Siedlungsgebiete am Flussufer vermehrt den jährlichen Überflutungen ausgesetzt waren. Da könnten auch die Wurten oder Dünengebiete auf Dauer nicht genügend Schutz geboten haben. 

Mit diesem Hintergrund ist es um so bemerkenswerter, dass in Sudweyhe am Rieder Umleiter ein eingetieftes Grubenhaus nachgewiesen wurde. Einleuchtender ist da schon der Graben, der durch das Siedlungsgebiet lief. Außerdem wurden Brunnen und Graburnen geborgen.


Eine weitere kaiserzeitliche Siedlung(Gräberfeld) wurde 1964 in Osterholz b. Syke freigelegt, am Süstedter Bach. Dort wurde auch ein Hausgrundriss gefunden, der vermutlich aus der Kaiserzeit (320 n.Chr.) stammt. 2011 wurde außerdem im Rahmen des Gas-Pipeline-Baus (NEL) in Gessel  ein Gräberfeld der römischen Kaiserzeit (2. Jh n.Chr.) ausgegraben.


Nimmt man die Theorie eines Weserarms zu dieser Zeit von Hoya nach Kirchweyhe als richtig an (vgl. dazu verschiedene Geschichtsschreiber) , dann läge diese kaiserzeitliche Siedlung am Süstedter Bach im Verlauf dieses Weserarms und hätte damit ähnliche Bedingungen bezüglich der Überschwemmungssituation wie die Siedlung am heutigen Rieder Umleiter gehabt.


Ebenfalls an einem ehemaligen Weserarm lag die Siedlung nahe der Ochtum, in der Leester Marsch. Ein Fund daraus ist ein kleiner Würfel aus Ton mit den Zahlen 1 bis 6, der zeigt, dass auch damals die Germanen schon – wie die Römer – ihrem Spieltrieb nachgegeben haben.


Auch am Rand des Vielandes, in der Ziegelei am Seefelde, wurden Kulturschichten des 2. -4. Jahrhunderts entdeckt.3


Auch auf der anderen Seite der Weser, in Mahndorf, hat man einen Friedhof auf der Weserdüne (Fuchsberg) ausgegegraben. Die darin gefundenen Brandgräber wurden auf das 4. Jahrhundert datiert.4


All diese Funde lassen darauf schließen, dass schon zur Zeit der römischen Kaiser die Marsch besiedelt war, wobei die Siedlungen später wieder aufgegeben wurden, wenn sie nicht - wie in Mahndorf - auf erhöhtem Dünengelände lagen.


Aber auch auf dem Kirchweyher Geestfeld kamen bei Bauarbeiten kaiserzeitliche Gegenstände und Verfärbungen zutage, die auf eine Besiedlung im 3. Jh. n.Chr. schließen lassen. Dass in der erhöhten Vorgeest der Bau von Hütten ("Langhäusern") vorteilhaft war, kann angenommen werden. Hier gab es auch fließende Gewässer (Hache, Hombach), die das lebensnotwendige Trinkwasser sowie Nahrung durch Fischfang boten. 

 


Römer in Weyhe ?


Ob die Römer bei ihren Heerzügen gegen die Germanen auch den Raum südlich Bremens berührt haben, läßt sich nicht feststellen. Weder gibt die Geschichtsschreibung genaue Auskunft, noch lassen sich aus den archäologischen Funden (Münzen, Waffe, Haushaltsgeräte usw.) entsprechende Schlüsse ziehen. Bekannt ist, dass Tiberius im Jahr 5 nach Christus östlich der Weser aufkreuzte, dass Varus im Jahre 9 n.Chr. mit 3 Legionen zur Weser gezogen ist, und dass Germanicus im Jahre 16 n.Chr. ebenfalls zur Weser kam - bezeugt ist aber nur der Raum Porta Westfalica (Idastavisio) und das Gebiet am Steinhuder Meer (Angrivarier Wall). Der Historiker Wilhelm von Hodenberg vermutet, dass der Heerzug des Germanicus von der Ems zu den Angrivariern durch die Grafschaft Hoya geführt habe. Er legt die Ostgrenze des Angrivarenreiches etwa mit dem Kirchort Leese in der Grafschaft Hoya zusammen. 
 
Auch sollen die Römer (Tiberius?) im Raum Achim gewesen sein [Qu: NDR, Ausgrabungen NEL 2011].6 Schon Drusus war zwischen 16 und 7 v.Chr im Raum der Fulda und Werra umhergezogen. 2003 wurde ein Heerlager der Römer in Hedemünden an der Werra entdeckt, das diesem Zeitraum zugeordnet werden kann.


Die Funde aus den ersten 4 Jahrhunderten nach Christus im Bremer Weserraum zeugen zumindest von einem regen Warenaustausch zwischen den Römern und den Germanen - nach dem Rückzug der Römer hinter den Limes im Jahre 16.


Ab ca 100 n.Chr. werden Haustiere, Geflügel, Obstbau und Geld bei den Germanen von den Römern übernommen. In der Marsch werden erste Wurtenbauten (Runddörfer) angelegt. Als Haustiere werden gehalten: Rinder, Schweine, Pferde, Schafe, Hunde, Katzen und Bienen. Es wird Ackerbau mit Wende- und Hakenpflug betrieben. Gerste, Hafer, Roggen, Weizen und Hirse werden angebaut.


Unter den Gegenständen, die im Gräberfeld Kirchweyhe (Haus Albrecht) gefunden wurden, waren auch Schüsseln aus Terra Sigillata, die römische Importware darstellen und in das 1. Jahrhundert n.Chr. datieren. Auch die zur Bestattung verwendeten sog. Hemmoorer Eimer sind aus dem Römischen Reich importiert worden. Nach Raddatz ist eine Häufung von römischen Gegenständen in den Gräberfeldern Kirchweyhe und Osterholz sogar auffällig, wenn man sie mit anderen Fundplätzen der römischen Kaiserzeit vergleicht. Insbesondere die große Anzahl von Spielgeräten wird römischem Einfluss zugerechnet.7 


Dass der Handel mit den römischen Provinzen auch den Bremer Raum erreichte, zeigen die Funde von Mahndorf: Auch in den Siedlungen auf der anderen Weserseite fand man Töpferwaren römischer Provenienz. 


Bei den Ausgrabungen an der Gas-Pipeline im Jahre 2011 fand man in Gessel ebenfalls ein römisches Bronzebecken, das auf das 1. Jahrhundert datiert wurde.


Römische Münzfunde aus dem ersten Jahrhundert n.Chr. sind im Landkreis Diepholz sonst sehr selten. In Bremen wurde eine Bronzemünze des Nero an der alten Weserbrücke gefunden. Aus dem 2. Jh. gibt es aber zahlreiche Denare (Hassel-Sulingen, Barrien, Bassum, Apelstedt, Mahlstedt (Lkr. Oldenburg), Bremen-Huchting sowie Bremen-Rekum. Aus dem 3. Jh. stammt eine Münze, die in Syke gefunden wurde, ebenso wie die Funde aus dem Diepholzer, Aschener und Siedenburger Moor, sowie eine Münze des Kaisers Alexander Severus, die in Barnstorf gefunden wurde. Für das 4.Jh. belegen Münzfunde aus Diepholz, Barnstorf,Sulingen/Lindern, Groß-Lesssen den Warenhandel mit den Römern. Unter den Beigaben der Gräber in Osterholz wurde auch eine römische Münze (Solidus) aus dem Jahr 325 n.Chr. gefunden.8 

Karte der Römerzüge und Römerkastelle in Augusteischer Zeit
Karte der Römerzüge und Römerkastelle in Augusteischer Zeit

Anmerkungen

vgl. (Jorzick, 1952) S. 134

Denkmalpflege in Niedersachsen, Heft 1/2012, S.34

vgl. (Grohne, 1953) S. 307

Vgl. (Grohne, 1953)

(Hodenberg, 1853) HOY UB I Hausarchiv S. III

Vgl. Mitteilungen des NDR zu archäologischen Funden entlang der Nordeuropäischen Ergdgasleitung NEL, 2011

(Raddatz, 1976) S. 35

Vgl. (Bischop, 2001) S.100; vgl. (Raddatz, 1976)

9 Zeit-Verlag, DIE ZEIT Nr. 45, 2008

10 Fotoo aus (Bischop, Die römische Kaiserzeit und frühe Völkerwanderungszeit zwischen Weser und Hunte, 2001)