Kies- und Sandabbau

Paul Athmann
 
Der Kiesabbau an der Weser beginnt zwar schon im 19. Jahrhundert, aber den richtigen Durchbruch bringt  erst der Unternehmergeist des Hans Bultmann nach  dem 1. Weltkrieg.


Schon 1826 wird Kies („Grand“) abgegraben auf dem Zollwerder zu Dreye. Das Amt Syke stuft dies als „Schädliche Grabung“ ein. 7


Vor 1896 beantragen die Unternehmer Leymann und Poppe aus Bremen die „Anlegung einer Vorrichtung zum Überladen von Kies“  oberhalb der Dreyer Eisenbahnbrücke. 8

 

 

Firmengründer Hans Bultmann *1899 + 1984


1899 wird Hans Bultmann in Bremen-Vahr geboren als Sohn eines Landwirtes. 1907 wird der väterliche Hof verkauft an eine Bremer Firma. 1922 beginnt Hans Bultmann eine Anstellung im landwirtschaftlichen Betrieb J.H.Dörgeloh in Dreye. Bald entdeckt er auf einer Dreyer Wiese Kiesvorkommen. Kurze Zeit später entfernt Bultmann mit Karren und Loren die Grasnarbe und bringt den Kies zum Dreyer Hafen. 

 

1924 gründet er die Firma Bultmann. Die erste Kieslieferung geht an Neubau der Kirchweyher Kreissparkasse. Er erhält dann die Genehmigung zum Abbau von Kies aus der Weser. Dazu initiiert er den Bau eines kleinen Motorbootes in Ostfriesland (Oldersum) mit Ladekapazität von 10 Kubikmeter. Auch chartert er ein kleines Holzschiff zur Verladung. Die Verladearbeiten erfolgen damals noch von Hand.

Sandabbau um 1927 an der Weser, auf der Dreyer Weide.

Foto im Besitz von A.Dreyer
 
Um die Nachfrage zu befriedigen, wird Kies von einer weiteren Firma angeliefert (mit dem Schiff) und anfänglich mit Loren zu einer Sandgrube im Dreyer Wielt abgefahren. Später wird dann ein Förderband gekauft, um die Arbeit zu erleichtern.


Bald wird auch ein erster Schwimmbagger eingesetzt, der oberhalb der Weserbrücke den Kies aus der Weser holt. Zum Transport des Kieses gibt Bultmann den Bau einer Luftkastenschute mit Fassungsvermögen von 100 Kubikmeter in Auftrag. Diese versinkt später samt Schwimmbagger in der Weser. Eigene Bergungsversuche gehen schief.


Trotz des Misserfolges macht Bultmann weiter. Später erfolgt dann die Erweiterung der Firma um einen Handel für Torf aus dem Teufelsmoor. Dafür wird ein Dampfschiff gekauft und 2 Schuten. Auch diese versinken in den Fluten der Hamme. Die Bergung erfolgt mit einem Schleppkahn, der den Torf vom Dampfer aufnimmt. Die Beladung dauert 8 Tage, bei 20 Stunden Arbeit pro Tag.
 
Bultmann durchläuft dann eine kaufmännische Lehre bei der Fa. Clasen in Delmenhorst; nach 4 Jahren erhält er den Kaufmannsgehilfenbrief. Damit kann er einen Kohlenhandel eröffnen: Die Kohlen werden vom Kirchweyher Bahnhof oder vom Güterbahnhof in Bremen an Kunden ausgeliefert (3 Pferdegespanne). Die Pferdegespanne werden auch für den Kiestransport verwendet. Ebenfalls übernimmt er die  Anlieferung von Buchenscheiten, Eichenpfählen und Bauholz. Die Buchenscheite werden für Bäckereien verwendet.


In den 1920 Jahren gräbt Hans Bultmann auf der Wiese von Kops-Dörgeloh, nahe dem Henkenwerder, nach Kies und Sand 9 

 

Kies-Entladung an der Weser über Förderband in den 1920er oder Anfang der 1930er Jahre. Die ersten Anlagen der heutigen Kies- und Mörtelfirma Bultmann. Neben den Pferdefuhrwerken ist auch schon ein Traktor im Einsatz. 10

[Foto: A.Löschen] 

 

Um 1929 fahren die Bultmänner mit der MS Agnes auf der Weser: Fritz Bultmann (der Vater von Werner Bultmann), H.Rippe (ein Bruder der Oma von Werner Bultmann), Hans Bultmann (Zwillingsbruder von Fritz Bultmann) 11

Im Dreyer Hafen werden Küstenmotorschiffe (Kümo) mit Sand und Kies beladen 12  

1934 liefert die Fa.Schoema eine Diesellok SchV 147 an A.C. Kiessling, Bremen für Hans Bultmann, Dreye (1938vh) 13

 
 
1939 erfolgt dann die Anschaffung einer Zugmaschine mit 2 Anhängern. Die Zugmaschine muss allerdings bei Beginn des 2. Weltkrieges an die Wehrmacht abgestellt werden.
In diesem Jahr beantragt Bultmann auch die Genehmigung für eine Kiesverlade-Brücke an der Weser (km 344) bei der Hochwasserpolizei in Verden.14

 

[Foto aus dem Besitz von Werner Bultmann: Verladen von Kies am Dreyer Hafen in den 1930er Jahren]

 
In den Kriegsjahren kommt die Kiesförderung dann zum Erliegen.


Nach dem Krieg beginnt 1945 der Wiederaufbau der Firma mit Zwillingsbruder Fritz Bultmann. Das Dreyer Kieswerk wird wieder betrieben. Der Kies stammt aus Sandgruben in Achim, Magelsen, und Hingste. 1948 kauft Bultmann die Restbestände von Kies und Sand aus dem U-Boot Bunkerbau Kap Hoorn. Nach Aufgabe von Kap Hoorn wird ein neues Werk in Eggestedt gebaut.


Die Firma hat zu dieser Zeit 5 Lastwagen mit Anhänger und hydraulischer Kippvorrichtung. Dann erfolgt der Bau einer Mörtelanlage. Kalk (in Tüten verpackt) wird per Bahn oder LKW angeliefert und im Rührwerk gelöscht.


1963 wird im Dreyer Hafen ein weiteres Werk eröffnet. Der Umsatz steigt von 100 cbm/Tag auf 1000 cbm/Tag. Nach dem Abbau der Insel an der Alten Weser wird das Werk Ende der 1960er Jahre am Wieltdamm wieder aufgebaut. Damit beginnt der Abbau des Sudweyher Wieltsandes.


1969 tritt Bultmanns Enkel-Sohn Hans-Joachim Dörgeloh in die Firma ein. 1970 entsteht das Werk II in Arsten.
1974 erwirkt der Segelverein SV Wiking die Genehmigung für den Durchstich vom Wieltsee zur Weser. Nach einer Idee von Hans Bultmann wird ein Jachthafen für ca. 600 Boote im Wieltsee angelegt.

 

1984 stirbt Hans Bultmann. Sein Enkelsohn H.J. Dörgeloh leitet jetzt die Firma. Dessen Sohn Marco tritt ebenfalls in die Firma ein. 

1990 wird die Firma Bultmann Mitgesellschafter der Arster Firma Roland Beton.15

Später kommen weitere Firmen hinzu, die entweder an der Weser Kies  abbauen oder dort ihre Mischwerke stehen haben:

  • die Firma Hansa Beton (Winkler) am Blauen Werder. 
  • die Firma Meyer aus Syke, später Arnold am Henkenwerder (1940er und 1950er Jahre) 
  • die Firma Johann Lüssen (Ende der 1950er Jahre am Henkenwerder) 
  • die Firma Röhrs (im Auftrag der Firma Wetjen KG) ab 1977 am Henkenwerder

 

1981 sinkt die mit Kies beladene "Luise" im Dreyer Hafen 16 

 

 

1994 ersetzt ein neuer Saugbagger die alte Nadine. Auch der neue heißt Nadine. Er kommt im Wieltsee zum Einsatz. Die alte Nadine fristet zunächst ihr Schrott-Dasein am Ufer des Sees. Dann wird 1996 die Polizei auf sie aufmerksam, da Öl aus einem Fass austritt. Der Fall wird der Staatsanwaltschaft übergeben.


 

2002 beschäftigt sich der Weyher Rat mit einem Antrag der Firma Bultmann/Dörgeloh, neue Abbaugebiete in der Sudweyher Marsch zu erschließen. Das 40 ha große Gebiet liegt zwischen der Landesstraße (Rieder Str.), der Kreistraße (Sudweyher Straße) und einem Feldweg. Ein benachbartes 50 ha großes Gebiet wird als Reserve mit beantragt. Es soll zunächst eine 4 Meter dicke Tonschicht abgebaut werden, und dann bis zu 30 Meter Sand und Kies. Dabei würde ein Baggersee entstehen. Man sei sich mit den besitzenden Landwirten schon einig. 17

 

2013 liegt der Saugbagger Nadine in einer Ecke des Wieltsees. Es ist nicht klar, was mit ihm passieren wird. Die Rohrleitung führt noch über den Wieltsee, aber Kies wird keiner mehr gefördert.