Gaststätte Warneke-Knief, Erichshof

Geschichtsgruppe Weyhe/Paul Athmann

 

Gasthaus Warneke-Knief, Erichshof

 
In Erichshof bzw. Angelse kreuzen sich die B322 und die B6. An der Kreuzung lag das Gasthaus Knief(früher Warneke)  das in seinen letzten Jahren viele Pächter gesehen hat. Streng genommen lag es im Ortsteil Erichshof  (alte Nr. 42, heute Bremer Straße 50), obwohl es immer mit der Angabe "Angelse" versehen wurde.

 

Das Ortsbild prägende Haus unmittelbar an dieser viel befahrenen Kreuzung hatte eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Hier war nicht nur die besagte Gaststätte Warneke/Knief, sondern auch ein Kolonialwarengeschäft untergebracht, das hier die Einwohner mit dem Nötigsten versorgte. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam sogar noch eine Tankstelle hinzu. Von 1935 bis 1965 betrieben Alma und Hans Knief ihr Gasthaus. Aus dieser Zeit sind vielen Einheimischen noch die dortigen Tanzveranstaltungen in guter Erinnerung. Auch Müllers Friseursalon war hier ansässig, bis er in die Angelser Straße zog.


Zwischen der Kreuzung, Seckenhausen und Erichshof hat sich ein kleines Gewerbegebiet entwickelt, das der Nahversorgung von Erichshof und Umgebung dient.

Die Geschichte des Hauses beginnt um 1830:
 
In einem Bremer Ausflugsführer von 1893 wird die Landstraße von Brinkum nach Syke in Erichshof so beschrieben: "Landstraße von Linden und Obstbäumen besäumt. Windmühle (rechts) von Dunkhase (zu Erichshof gehörig), Kiefernkamp (links), ..., Angelsen, Wirthschaft (rechts) von F. Warneke; alt; auf Papen's Karte (1830) angegeben. Inschrift am Giebelbalken von 1837. Halber Weg Bremen-Syke."  1

1849 wird Friedrich Warneke erstmals als Anbauer, Tischler, Zimmermann und Küper in der Kirchenmitgliederliste erwähnt.

1852 ist Friedrich Warneke hier Anbauer und Schenkwirt; (*1820; +1887); er heiratet in diesem Jahr Beka Margarethe Kruse (*1826, +1857); nach ihrem frühen Tod nimmt er Helene Kruse (*1836, + 1886) zur 2. Frau (ihre Schwester).

1887 nach dem Tod des Vaters, übernimmt der Sohn Albert Joh. Warneke (*1853, +1928); Er heiratet 1883 Anna Marie geb. Block-Ahrens (*1854, +1934). Aus dieser Ehe sind die beiden Kinder Ferdinand Friedrich (*1884 +1917) und Anne Marie (*1885 , +1924)

1899 lädt der Wirt Albert Warneke zum Tanz.2

Im Dezember 1900 wird der Saal eingeweiht.  Zu diesem Zeitpunkt ist wohl gerade das große Wirtshaus mit Saal fertiggestellt.

Eine Postkarte von ca. 1900 / Anzeige Syker Zeitung vom 21.4.1900
Eine Postkarte von ca. 1900 / Anzeige Syker Zeitung vom 21.4.1900

Anzeige Syker Zeitung vom 21.4.1900

 

 

 

 

 

 

                                                 15.12.1901


1907 ist Albert Warneke unter Erichshof 42 als „Gastwirt“ im Adressbuch des Kreises Syke eingetragen, 1911 erneut als „Gastwirt und Kaufmann“.

 

1907 heiraten die Tochter Anne Marie Warneke und Johann Knief. 1908 wird ihr Sohn Johannes Albert, genannt Hans Knief geboren, und später dann die Tochter Grete. Die Mutter Anne Marie stirbt schon im Jahr 1924.

Eine Postkarte vom alten Gasthaus von Albert Warneke in Erichshof/Angelse: Das Bild entstand um 1905 und zeigt noch die kleine Gaststätte mit der Kegelbahn unter freiem Himmel. Solche Kegelbahnen waren um die Zeit eine beliebte Neuheit. Meistens wurde ein kleiner hölzener Regenschutz unmittelbar neben dem Gasthaus angebaut. Die Getränke konnten dann aus dem Fenster gereicht werden. Hier beim Warnekes Gasthof wurde es sogar ein schönes kleines Holzhaus. Die Laufbahn für die Kugel bestand damals aus einfachen Holzbohlen und war meistens zum Schutz gegen die Wettereinflüsse abgedeckt. Erst wenn die Kegelbrüder loslegten, räumte man die Abdeckungen zur Seite. Es werden wohl auch die Kegeljungen gemacht haben, die ohnehin im Freien standen und die umgefallenen Kegel wieder aufstellen mussten. 

Während das große Gasthaus „Knief“ sich im Laufe der Jahre kaum verändert hat, wurde das kleine Fachwerkhaus um 1935 abgerissen. Die Kegelbahn soll schon vorher zusammengebrochen sein. Im Vordergrund verläuft die heutige B 322, die hier in die B 6 einmündet.

1914 feiert Elise Bischoff ihr 25-jähriges Dienstjubiläum bei Warneke.
 

Im 1. Weltkrieg wird Johann Knief als Soldat eingezogen, wo ihm das Eiserne Kreuz verliehen wird.3

1918, nach dem 1. Weltkrieg,  sucht Warneke ein Mädchen als Aushilfe. Auch damals sind die Anforderungen schon hoch:  Ein junges Mächen muss schon „erfahren“ sein!

 

Die Anzeige macht deutlich, dass der Betrieb der Gastwirtschaft wieder aufgenommen wurde.

Bald werden auch wieder Festbälle veranstaltet. 1920 lädt der Sparklub „Brüderschaft“ dazu ein. 

Und es werden im angegliederten Kolonialwaren-geschäft Sauerkohlund eingelegte Heringe angebten – wichtige Nahrungsmittel inNachkriegszeiten.

1922 werden auch wieder Geschäfte im Gasthaus abgewickelt: Es war früher üblich, dass Hofstellen oder Land in Gaststätten versteigert wurden. Der Auktionator lud die Interessenten dazu per Zeitungs-Annonce ein.

 

Im Adressbuch des Kreis es Syke ist 1927 unter Erichshof eingetragen: „Warneke, Albert, Gastwirt 41“

Der Lageplan von 1928 zeigt die Gastwirtschaft vor der Erneue-rung einer Toilettenanlage im Schweine-stall (1935). Der Umbau wird schon von Hans Knief, Johanns Sohn, beantragt.

Johann Knief hatte 1907 die Tochter Anne Marie des Albert Warneke geheiratet. Er hat dann wohl nach Alberts Tod ab 1928 die Gastwirtschaft zusammen mit der Witwe Anna Maria Warneke betrieben, bis sein Sohn Hans in Erichshof übernimmt. Vater Johann Knief betreibt ab 1936 in Leeste an der Haupstraße das Gasthaus Steinforth, das er gekauft hat, als seine Schwiegermutter gestorben ist (1934). Die Gaststätte in Erichshof wird dann an den Sohn Hans (Johann Albert) übergeben.

 

Hans heiratet 1935 Alma Brinkema und führt mit ihr das Gasthaus. Im Adressbuch Kreis Grafschaft Hoya unter Leeste 1936 ist noch eingetragen: „ Knief, Johann, Land- und Gastwirt, 42“. Der Eintrag im Adressbuch Kreis Grafschaft Hoya unter Erichshof 1940 lautet dann schon: „Knief, Hans, Gastwirt, 42“, und im Adressbuch Landkreis Grafschaft Hoya , Leeste-Erichshof 1952: „Knief, Hans, Gastw., Bremer Str. 42“

 

Auch in den 1950er und 1960er Jahren finden im Gasthaus Knief Tanzveranstaltungen statt - Sonntags geht man in Erichshof (und Umgebung) zum Tanzvergnügen bei Knief. Dazu ist ein Clubraum mit Bar eingerichtet worden.

Hans und Alma Knief führten die Gaststätte von 1935 bis in die 1970er Jahre. Von 1939 bis 1945 war Hans im Krieg, und Alma musste die Gaststätte allein führen, neben der Versorgung des 1936 geborenen Sohnes Reinhold.  Alma Knief hatte nach der Verpachtung der Gaststätte ab 1965 noch einen Kiosk ( bis 1991) in dem Haus. Kniefs wohnten nebenan (Seckenhauser Str. 2).

Zunächst wurde auch noch ein Kolonialwaren-Geschäft betrieben, und es gab eine Tankstelle. Die Landwirtschaft wurde schon in den 1930er Jahren aufgegeben.

1955 ist an der Chaussee auch eine Tankstelle einge-richtet. Damit wird der zunehmenden Motori-sierung Rechnung getragen.

Zwischen 1945 und 1965 wurde auch Tischtennissport durch den TTC Erichshof auf dem Saal betrieben.4
 

1965 stirbt Hans Knief (*9.7.1908, +17.1.1965). Der Sohn Reinhold (*1936) hat den Beruf des Steuerbeamten gewählt und steht für eine Weiterführung des Betriebes nicht zur Verfügung. Die Gastwirtschaft wird verpachtet. Der Kiosk wird aber von Alma Knief weitergeführt.

 

Alma Knief  - 2008 an ihrem 95. Geburtstag 5

1974 ist Johannes Bertram der Pächter. Er führt das Haus unter dem Namen „Kniefs Gasthaus“ weiter.

 

Auch 1984 heißt es noch Kniefs Gasthaus. Pächter sind nun Hannelore und Manfred Schumacher. Im Gasthaus ist aber jetzt ein italienisches Restaurant eingezogen.6

Das Haus 1981 (von der B322 aus gesehen). Zu dieser Zeit ist das italienische Restaurant „Toscana“ hier eingezogen.5

 

Während kurz nach der Jahrhundertwende noch ein Fachwerkhaus und eine angebaute Kegelbahn vorhanden war (bis 1935), ist 1981 nur noch ein kleiner Anbau übrig - während sich das große Gasthaus kaum verändert hat.

Der Maler Peter Schnibbe aus Weyhe (rechts neben dem Wirt) stellt 1989 einige Bilder im Restaurant "Toscana" aus. Anfang der 1980er Jahre wurde das italienische Restaurant eröffnet, mit einem eigenen Pizza-Ofen. Erwähnte Speisen: "Lambrusco Donelli" und "Lasagne della Casa" 8


Das Restaurant richtet dann in den 90er Jahren auch einen Biergarten ein.


In den letzten Jahren hatten die Mieter des Gasthauses häufiger gewechselt. Nur das italienische Lokal „Toscana“ hielt sich 15 Jahre, alle anderen Pächter mit mexikanischer oder orientalischer Küche gaben bald auf. Dann standen die Räumlichkeiten längere Zeit leer und aufwendige  Renovierungsarbeiten wären erforderlich gewesen. So entschloss sich der Besitzer Reinhold Knief, das Grundstück samt Gebäude zu verkaufen. 

Das Luftbild 9 von 1983 zeigt das Gasthaus an der Kreuzung von B322 und B6, gegenüber dem Reifenhandel Meyer&Bolte. Im Vordergrund der Hof Opmann-Warneke.

Das Gasthaus Knief selbst liegt auf Erichshofer Gebiet, obwohl die Adressbezeichnung häufig "Knief, Angelse" lautete.

 

2008 feiert Alma Knief ihren 95. Geburtstag.10

2009 wurde dann das große markante Haus abgerissen. Auf dem Platz des Gasthauses entstand ein Parkplatz, und auf der freien Fläche dahinter wurden 2 Supermärkte gebaut. Das Wohnhaus von Knief bleibt aber erhalten. 

 

Der Verbrauchermarkt REWE errichtet dort einen großen Lebensmittelmarkt, auch Aldi wechselt die Straßenseite und baut auf dem Knief-Gelände neu.11

Das Haus vor dem Abriss (2008)12


Die beiden Fotos 13 zeigen den Platz des Gasthauses aus gleicher Perspektive: links 2006 und rechts 2020.

Der neue Rewe Markt mit seiner extravaganten Architektur löst das traditionsreiche Gasthaus ab: Er gehört in eine andere Zeit .14

Dahinter steht der neue Aldi-Markt. Dieser erweist sich schon nach wenigen Jahren als zu klein und ungünstig gebaut. 2019 wird der neue Markt wieder abgerissen und ein größerer gebaut, dessen Eingang direkt dem Rewe-Eingang gegenüber liegt.


Auch die mächtige Linde muss einer vergrößerten Kreuzung B6/B322 weichen. Neben REWE baut ALDI, womit das neue Einkaufszentrum einen zugkräftigen Anbieter bekommt.

Nachkommen des Friedrich Warneke (erstellt von Wolfgang Polley)


Anmerkungen

1 Fünfzig Ausflüge in die Umgegend von Bremen / von L. Halenbeck , Bremen 1893, urn:nbn:de:gbv:46:1-115

2 Ausschnitte aus der Syker Zeitung: Repro K.Hahn/R.Riehn/S.Rathjen

3 Vgl. Zeitungsnotiz v. 10.1.1918 (Syker Zeitung)

4 Quelle: www.ttce.de

5 Foto: Kreiszeitung

6 Foto: Wilfried Meyer

7 Foto: Kreiszeitung 1989

8 Foto: Kreiszeitung Hermann 1980er Jahre

9 Foto: Wilfried Meyer

10 Kreiszeitung 2008 (ro)

11 Beschreibung weitgehend übernommen von Wilfried Meyer (leicht verändert)

12 Foto: W. Meyer

13 Fotos H. Wetjen (2006) und K.Hahn (2020)

14 Foto: W. Meyer

15 Erstellt aus Auswertungen der amtlichen Häuserlisten und Kirchenbücher durch Karl Hahn und Jobst Boyer, ergänzt durch genealogische Daten W.Polley