Wittrocksee

Geschichtsgruppe Weyhe

P.Athmann

Weyhe Mai 2021

 

 

 

Am nördlichen Ortsrand von Kirchweyhe, am Rande der Marsch, liegt der Wittrocksee. Es ist ein langgezogener See mit Dobben- bzw. Frankenkampsgraben-Durchfluss. Die Größe betrug im Jahr 1989 ca. 20 x 140 m.

Der Wittrocksee im April 2017  Foto: B. Ansteeg
Der Wittrocksee im April 2017 Foto: B. Ansteeg

Auch beim Wittrocksee handelt es sich vermutlich um den Rest eines ehemaligen Weserarms. Der See war früher wesentlich größer.

 

Schon 1585 wurde er erwähnt im Erbregister der Grafen von Hoya: "Fischerey hat das Dorf Kirchweyhe uf der Börg Sehe und witterockischen Sehe ..."

1989 hielt eine Umweltfirma aus Bremen den See im Rahmen einer Gewässer-Aufnahme fotografisch fest

 

 

 

 

Foto: planungsgruppe grün 1989

Auch eine Zeichnung wurde damals erstellt. Die Gärten der Häuser an der Straße „Reethop“ gehen bis an den See.

Links der Hof Warneke (Wittrock).

Zeichnung: planungsgruppe grün 1989

Der See im Jahre 1960

Foto 1960: aus dem Schmal-Film: „1100 Jahre Weyhe“ (digitalisiert: W.Meyer)

Eine Aufnahme aus den 1950er Jahren (?) zeigt noch spärliche Bebauung in der Nahe des Sees. Im Hintergrund ist der Wittrock Hof (Warneke) zu sehen.


Die Wasserfläche des Sees hat sich seit 1900 noch einmal stark verringert, insbesondere wegen der Trockenlegung der Marsch zwischen See und Ochtum (Frankenkamps-Graben), zum Teil aber auch durch Müllverfüllung.

1989 vermerkt die „planungsgruppe grün“ im Stillgewässerkonzept der Gemeinde Weyhe ein „regelmäßiges Umkippen" des Sees und damit Vertreibung der Wirbellosen-Fauna.

2017 ist der See im Altlasten-Kataster des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie als „gefährdeter Standort, der überwacht wird“ eingestuft. 2011 waren dort folgende Abfallarten verzeichnet: Aschen, Schlacken und Stäube aus der Verbrennung, Bauschutt, Fette und Wachse aus Mineralöl, Hausmüll, Sperrmüll, Park- und Gartenabfälle. 1

Karten: planungsgruppe grün 1989

Der See wurde zu verschiedenen Zwecken genutzt:

 

  • Zum Fischen und Angeln
    • 1585: Im Hoyaer Erbregister wird für das Amt Syke festgehalten: 2„Fischerey hat dies Dorff Kirchweyhe uf der Borg Sehe und witterockische Sehe, die Hache benedden der Mühlen, bis zu der Ochtmennj. Inngleichen den Bruchgraben von der Rechten, bis an die Wabels-Sehe, die Velsen Sehe in der Weyher marck gehört dem Erz-Stift Bremen…“
    • „Ahauser gehören auf die Wäßer, aldaer Kirchweye, und Suthweye fischen“.
    • Für den Wittrocksee gibt es eine Urkunde über die Regelung der Koppelfischerei von 1927. Frühere Verhandlungen aus den Jahren 1663 und 1722 sind ebenfalls erwähnt.3
  • als Viehtränke
    • In einem Interview bestätigte der Kirchweyher Landwirt Johann Grashoff im Jahre 2009: Der Wittrock-See wurde früher ebenfalls als Viehtränke für das Vieh der Kuhweide genutzt. Er hatte ein flaches Ufer. Heute ist das Ufer steil.
    • Als die Kirchweyher Kuhweide noch gemeinschaftlich genutzt wurde, hatten die Kuhherden Zugang zum Wittrocksee. Ein Foto 4 zeigt eine Rinderherde, die sich im Wittrocksee des kühlen Nasses bedient.
    • Bernd Urban berichtet 2014 der Weyher Geschichtswerkstatt, dass er zu seiner Jugendzeit im Wittrocksee gebadet hat. Dort teilte er sich den See mit den Kühen der Kirchweyher Kuhweide, die den See als Tränke benutzten.
  • zum Baden
    • Im Sommer suchen die Kirchweyher Anwohner den Wittrocksee zum Baden auf. Hier lernen einige Kinder auch das Schwimmen.
    • Bernd Urban wohnte „Hinter den Höfen“ in Kirchweyhe. Für ihn war der Wittrocksee die nächste Badegelegenheit. Dort ging er zunächst mit seiner Mutter und später mit anderen Jugendlichen baden. Der Wittrocksee war zur seiner Jugendzeit noch wesentlich größer und hatte einen Zugang an der Seite, wo heute der Scheunenmarkt steht. Bernd Urban lernte dort mit seiner Mutter das Schwimmen: Er fühlte sich schon „als King“, als er es schaffte, über die tiefste Stelle in der Mitte, dort wo die Seerosen wuchsen, ans andere Ufer zu schwimmen.5
  • zum Schlittschuhlaufen im Winter
    • Viele Kirchweyher gingen auf diesem kleinen See Schlittschuh laufen. So konnten sich 2016 noch Doreen Drücker, Ingrid Schierenbeck und Dörte Schönfeld an die damaligen Jugendaktivitäten erinnern: „Erst gab es die Hackenreißer, die man von der Verwandtschaft aufgetrieben hatte. Dann hatte ich Holländer, gut für Langstrecken. Welche Freude, als dann die Schlittschuhe mit Hohlschliff kamen: wunderbare Jugendzeit.”
  • Eislaufvergnügen auf dem zugefrorenen Wittrocksee 1962. 6
  • Kommentare auf facebook zu dem Foto: „Die Schlittschuhe mussten wir noch an unseren Winterschuhen fest machen. Manchmal fuhren die auch ohne uns weiter. Es war wirklich ein Riesenspaß! - Im Winter Raufereien, auf die Schlittschuhe und im Frühjahr ran an die Angel! Fische gab es da noch genug.”
  • Ein weiteres Foto aus dem Besitz von H. Liebe zeigt zwei Kinder auf dem Eis des Wittrocksees in den 1950er Jahren.7
Ein stimmungsvolles Winterbild aus den 1980er Jahren zeigt Kinder auf dem zugefrorenen Wittrocksee mit der Kirchweyher Kirche im     Hintergrund. [Foto: H.Tödtmann]
Ein stimmungsvolles Winterbild aus den 1980er Jahren zeigt Kinder auf dem zugefrorenen Wittrocksee mit der Kirchweyher Kirche im Hintergrund. [Foto: H.Tödtmann]

Im März 2018 hat der See eine ganz dünne Eisschicht. Zum Betreten reicht sie leider nicht.

Foto: B.Ansteeg

Ob der See auch als Natureis-Spender für die Schlachter diente, ist nicht bekannt.

 

 

Impressionen

 


[Fotos 2012 (Frühjahr) P.Athmann]

2017  Foto: B. Ansteeg
2017 Foto: B. Ansteeg

2018 Der Frankenkampsgraben verbindet den See mit der Ochtum. Er wurde in den 1960er Jahren angelegt / begradigt und vertieft.

Foto: B. Ansteeg

 

 

Wassergüte, Flora und Fauna des Gewässers laut "Entwicklungskonzept Stillgewässer" (1989)

 

Wassergüte                           

Sauerstoffgehalt: 3,0 mg/l ; pH-Wert=5,5

 

Flora                                     

Röhricht, Schwarzerlen

Rote Liste Arten Gefäßpflanzen: Nuphar lutea (Gelbe Teichrose)

 

Fauna

Lurche: Erdkröte, Seefrosch, Grasfrosch, Teichmolc

Libellen: Große Binsenjungfer, Frühe Adonislibelle, Große Pechlibelle, Becherazurjungfer, Fledermausazurjungfer, Hufeisenazurjungfer, Großes Granatauge, Blaugrüne Mosaikjungfer, Vierfleck, Gemeine Heidelibelle, Schwarze Heidelibelle, Blutrote Heidelibelle

Vögel: Stockenten (Brut)

Seit ein paar Jahren ist auch der Storch hier wieder heimisch geworden, nach dem einige Aktivisten ihm ein Zuhause gebaut haben. Die wacklige Unterkunft auf dem abgesägten Baum scheint aber für eine Aufzucht von Jungen ungeeignet gewesen zu sein: Nachwuchs stellte sich nicht ein.

Foto: B.Ansteeg

Auch 2019 ist das Nest besetzt. Foto: P. Athmann

Bis 2015 zeigt die Belegung keine Junge.

Der „Club der Vogelfreunde Hachetal e.V. – Ortsgruppe Sudweyhe“ kümmert sich um das Nest – wie auch um andere Nester in Weyhe. Ansprechpartner sind W.Werner und B.Urban.

2021 wird ein Mast daneben aufgestellt – und von den Störchen angenommen.

Foto: P.Athmann

  

Anmerkungen

1 s. www.nibis.lbeg.de/cardomap3 (2017)

2 Nach einem Artikel der Kreiszeitung (bw) – um 1988

3 Vgl. (Dannemann, Meyer, Feldmann, Meyer, & Wessels, 2015) Datensatz 295 (Kirchweyhe): „Regelungs-Urkunde über

die Regelung der Koppelfischerei im Wittrock-See der Feldmark Kirchweyhe 1927. Frühere Verhandlungen aus den

Jahren 1663 und 1722.“

4 Foto aus dem Besitz von Dietrich Warneke / Repro B. Ickert - zeitlich noch nicht bestimmt

5 Vgl. Interview Bernd Urban, Ernst Peters mit Weyher Geschichtswerkstatt, 13.1.2014

6 Foto: R.Ahrlich

7 Foto aus dem Besitz von Heike Liebe (facebook Gruppe „Weyhe früher“)