Mühle Eggers in Melchiorshausen

Paul Athmann
 
In Melchiorshausen an der B6 steht die die sog. "Baumühle". Hier war früher mal (1905 - 1927) eine Motormühle - da wo dann später, nach dem 2. Weltkrieg, die Tischlerei Böhnisch einzog und danach die Baumühle und noch später der Motorgeräte-Laden Pankratz. Hier an der B6 lag bis vor ein paar Jahren auch noch ein Mühlstein. Ein weiterer stand am Eingang.


Die Mühle wurde von dem Melchiorshauser Brinksitzer Joh. Wilhelm Eggers um 1905 erbaut.


1912, nach dem Konkurs von Eggers, pachtete Heinrich Hildebrand das Anwesen. Er hatte bei Eggers gearbeitet.


1910 wird der erste Strom in Melchiorshausen durch die Motormühle produziert.
Nach dem 1.Weltkrieg steigt Eggers 1922 wieder selbst mit einer Handelsgenossenschaft ein. Er betreibt die Mühle bis 1927/28, als die schlechte wirtschaftliche Lage und die aufkommende zentrale Stromversorgung ihn zur erneuten Aufgabe zwingen.

 

Die Lage der Mühle geht aus der nebenstehenden Karte hervor. In der Nähe, an der B6 schräg gegenüber, lag auch die Melchiorshauser Windmühle. 

Die Geschichte der Mühle im Einzelnen


1905 wird die Mühle von Johann Wilhelm Eggers errichtet. Sie verarbeitet nicht nur Mehl und Futtermittel, sondern versorgt ab 1910 die Einwohnerschaft der näheren Umgebung auch mit elektrischem Strom. Ein Sauggasmotor, mit Schweröl angetrieben, produziert 110 Volt Gleichstrom, der für das erste elektrische Licht in Melchiorshausen sorgt. 

 

Im Januar 1910 beschließt der Leester Schützenverein Germania, die in den Melchiorshauser Fuhren stehende Schützenhalle mit elektrischem Licht von der Mühle E. (= Eggers) auszustattten.1

1910 erscheint das Elektrizitätswerk Eggers in Melchiorshausen in der Statistik der E-Werke in Deutschland (Besitzer: Mühlenbesitzer Eggers): 

 

Kein Gaswerk und kein Leitungsnetz, Stromart und Frequenz: G1A-2L, Betriebskraft: E, Anzahl Betriebsjahre: 1, Einwohnerzahl des Ortes: 1000, Anzahl der Anschlüsse: Licht: 26, Kraft: 14; Normale Maschinenleistung einschl. Reserve: 22 KW, Normale Akkumulatorleistung einschl. Reserve: 12 KW, Maximale Belastung: 20 KW.  2

 

Am 4. August 1910 wird jedoch schon das Konkursverfahren über das Vermögen von Johann Eggers eröffnet. Die Gründe für den Konkurs sind nicht bekannt.3


Nach dem Konkurs scheint die Mühle aber im Besitz von Eggers verblieben zu sein, obwohl er sie laut „Bekanntmachung“ in der Syker Zeitung 1912 an Hildebrand übergibt.
 

 

Die Übergabe an Hildebrand wird 1912 in der Syker Zeitung bekannt gemacht.4

Der Melchiorshauser Arbeiter und Anbauer Heinrich Hildebrand arbeitet schon eine Zeit lang bei Eggers, als er 1912 das komplette Anwesen pachten oder kaufen kann. Er richtet nach der Übernahme auch noch eine Sägerei ein.

Der Sohn des Mühlenbesitzers Hildebrand erhält 1918 das Eiserne Kreuz. Das bedeutet wohl, dass Hildebrand auch 1918 noch die Mühle hatte 5

1913 wird die Stromversorgung durch J. Eggers (Melchiorshausen) erwähnt: Nach einer Umfrage unter den Stromerzeugern hat Eggers etwa 200 Strom-Kunden.


1922 steigt der als "Jan Schmidt" bekannte Johann Eggers wieder selbst ins Geschäft ein und gründet eine Handelsgenossenschaft. Doch die schlechte wirtschaftliche Lage und Einführung der zentralen Stromversorgung durch die Überlandwerke  Hannover zwingen ihn 1927/28 zur Geschäftsaufgabe.


Das Mühlengebäude steht anschließend bis in die Nachkriegszeit leer.  
 
1949 bezieht der Vertriebene  Karl Böhnisch mit seiner Tischlerei und seiner Familie die leer stehende Motormühle Eggers in Melchiorshausen, baut die Räume um und produziert wieder Möbel, Fenster, Türen und Treppen. Schon 1957 kauft er das Gebäude und macht bald danach seine Söhne Karl-Heinz und Lothar zu Teilhabern.

Die Tischlerei Böhnisch 1957 - von der B6 aus gesehen 6 

Die Rückansicht 1957

Ein Luftbild von 1974 zeigt die zur Tischlerei umgebaute ehemalige Mühle mit ihren Anbauten. Auch ein Transformator steht noch am Kuhweg. Dieser wurde nach 1910 zum Umspannen des von der Überlandzentrale bezogenen Stromes für die Mühle benötigt.8

Bis zu seinem Tode im Jahre 1988 arbeitet Karl Böhnisch in seiner Werkstatt; sein Sohn Karl-Heinz führt den Betrieb noch bis 2000 weiter, muss ihn dann jedoch aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

Die Tischlerei Böhnisch in den 1980er Jahren: Karl Böhnisch betreibt ein Küchenstudio und fertigt Möbel nach Maß. Er war 1949 in die leer stehende Mühle eingezogen.9 

Danach wird der Komplex an den Melchiorshauser Landwirt Horst Leisewitz verkauft. Der vermietet seitdem die Ladenräume zuerst an einen Bauausstatter ("BauMühle") und dann an "Motorgeräte Pankratz". 10

Die "Baumühle" im Jahre 2005 11

 


Links an der Straße ist noch ein Mühlstein vorhanden. Ein zweiter steht am Schaufenster.
 

 

Am 8.8.2003 brennt eine später angebaute Lager-halle ab.12 Das Haus kann gerettet werden, steht aber auch 2017 noch als Bauruine neben dem Mühlengebäude.

Die Rückansicht im Jahre 2006 - nach dem Brand der angrenzenden Lager-halle.

Nachdem auch der Motorgeräte- Laden wieder aufgeben muss, zieht ein Geschäft für  Pferdeartikel und Reit-Accessoires ein - aber ebenfalls nur für eine kurze Zeit. 2017 steht das Haus leer.

2009 stehen noch drei Mühlsteine auf dem Gelände der BauMühle: Einer ziert den Vorgarten an der B6, der andere steht am Schuttplatz und der dritte  liegt zwischen Bauschutt hinter dem Haus.



                                                       

1 Syker Zeitung v. 20.1.1910

2 Georg Dettmar (Hrsg): Nachtrags-Statistik der Elektrizitätswerke in Deutschland nach dem Stand vom 1.April 1910, Verlag Julius Springer, Berlin

3 Syker Zeitung 09.08.1910 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

4 Syker Zeitung 1912. Repro: W.Meyer

5 Syker Zeitung 10.08.1918 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

6 Foto/Repro: W.Meyer 

7 Foto/Repro: W.Meyer 

8 Luftbild 1974 W.Meyer

9 Foto: Kreiszeitung

10 Nach Angaben von Wilfried Meyer, 2010, s. auch Kreiszeitung v. 25.9.2010

11 Foto: W.Meyer 2005

12 Foto: W.Meyer 2003