Die Ochtum - ein alter Weserarm

 

Wie schon im Kapitel über die Weser erwähnt, ist die Ochtum wohl als ein ehemaliger Nebenarm der Weser anzusehen. Eine Variante der vielen Altarme wird im Internet 1 so beschrieben: "Das Flussbett der Ochtum folgte ursprünglich einem alten Weserarm, der bei Dreye vom Hauptstrom abzweigte und nördlich von Hasbergen vermutlich in der Ollen fortgesetzt wurde. In der von Menschen unbeeinflussten Naturlandschaft war die Ochtum ein stark mäandrierender Fluss." Dies ist wohl die im Kapitel über die Weser beschriebene Variante des Altarms IV vom Felsensee zur Alten Weser bei Dreye.

 

Franz Buchenau führt 1862 als Argument für den alten Weserarm den Hakenburger See bei der Bremer Neustadt an, „eine versumpfte, in Richtung des Stromlaufes gestreckte Wasseransammlung“.2 Auch H.A. Schumacher übernimmt diese These im Jahr 1868: Die in den Urkunden von 1171 und 1201 gegebenen Beschreibungen 3 der damals neugegründeten Ansiedlungen passten mit dem heutigen Verlauf der Ochtum nicht zusammen, sondern deuteten auf den Verlauf vom Ahlker Feld (Kuhhagen) zum Hakenburger See (Wurtsee) hin, der ein Rest des alten Weserarms sei. Bei der Urbarmachung sei die Ochtum in das heutige Bett „gedrängt“ worden. Der alte Wasserzug sei „unregelmäßig, bald breit wie ein See, bald flach wie ein Sumpf“ und zu Grenzbestimmungen nicht zu gebrauchen gewesen. 4

 

Auch bei Seehausen habe der dortige See den letzten Rest des Weserarmes gebildet, und der Arm habe eine sandige Insel, den „Sandwerder“ umflossen. 5

 

Nach neueren Forschungen ist die in Urkunden genannte „Insula Bremensis“ oder auch „Insula Lechter“ mit dem Niedervieland gleichzusetzen. Die Ochtum soll sich vor dem 12. Jahrhundert zwischen Arsten und Dreye vom Hauptstrom der Weser abgezweigt und im Unterlauf mit der „Ollen“ vereinigt haben. 6.

 

Nimmt man die Vermutung hinzu, dass der Kirchweyher See ebenfalls durch einen alten Weserarm entstand, so wäre aber die alte Ochtum zeitweise von Hoya bzw. Riede über Weyhe nach Ahlken, weiter über das Neuenlander Feld bis Seehausen geflossen.

 

1158 wird die Ochtum als „Ochtmund“ bezeichnet („Mündung der Ochte“). Später heißt sie dann „Oche“, „Ochtmoni“ oder „Oggen“.

 

Während heute die Hache der Hauptzufluss der Ochtum ist, bekam dieser Fluss also in früheren Zeiten wohl hauptsächlich sein Wasser durch die Weserarme entlang des heutigen Süstedter Bachs und des Rieder Umleiters / Rieder Sees, und weiter über den Kirchweyher See sowie über den Wittrocksee, oder eben durch den Arm von Dreye bzw. über den Felsensee.

 

Zu Kriegszeiten gab es hin und wieder Überlegungen, die Ochtum wieder mit der Weser zu verbinden und so durch hervorgerufene Überschwemmungen dem Gegner die Fluchtmöglichkeiten oder Versorgungswege abzuschneiden – so z.B. bei der Belagerung Bremens im Jahre 1547,7 oder im Dreißigjährigen Krieg, als man während der Belagerung von Bremen bei Dreye die Weser abgraben wollte. 8 Diese Pläne wurden aber nie umgesetzt, da man erkannte, dass das Gefälle nicht ausgereicht hätte, ja dass die Ochtum teilweise höher lag als der Hauptstrom der Weser.

 

Auch später gibt es Überlegungen zur Wiederbelebung der Ochtum als Weserarm: 1830 gibt die Wasserbau-Deputation der Stadt Bremen ein Gutachten beim Oldenburger Deichgräfe C. Burmester in Auftrag, nach Möglichkeiten zu suchen, die jährlichen Überschwemmungen durch die Weser im Gebiet der Stadt Bremen abzumildern. Burmester schlägt 1836 verschiedene Varianten der Ableitung bzw. Umleitung der Weser vor, darunter drei, die das Wasser linksseitig der Weser zur Ochtum leiten würden:

 

 

  • In der ersten Variante würde das Wasser durch einen Überfall zwischen Habenhausen und Arsten in die Marsch geleitet und zur Ochtum geführt. Die Siedlungen und Orte (Habenhausen, Arsten, Woltmershausen, Rablinghausen, Neuenland, Grolland, Brokhuchting) müssten dann durch einen etwa 2 m hohen Deich geschützt werden. Es wurde angenommen, dass das Weser-Wasser teilweise im Ochtum-Bett abfließen würde, aber teilweise auch in die Gebiete um Grolland und Huchting verbreiten würde, also über die Ochtum hinaus fließen würde. Der Steinweg von Brinkum nach Kattenturm (heutige B6) würde überschwemmt werden. Daher sollte der Damm erhöht werden. Welche sonstigen Auswirkungen die Umsetzung der Pläne auf die Leester und Brinkumer Marsch gehabt hätten, wurde nicht weiter untersucht.
  • In Variante 2 würde das Wasser aus der kleinen Weser nach Wahrturm in die Ochtum geleitet.
  • In der dritten Variante würde es einen neuen Kanal durch das Vieland geben, der das Wasser von der kleinen Weser (in der Nähe des Buntentors) direkt zur Ochtummündung führte. 9

Die Pläne werden nicht verwirklicht. Auch ein späterer Plan, einen Überlauf am Arster Hemm oberhalb des Korbhauses einzurichten, kommt nicht zur Ausführung. Die Maßnahmen hätten auch wohl nur Bremen selbst Erleichterung gebracht, da das Wasser ab der Ochtum-Mündung ja wieder der Weser zugeführt worden wäre. Welche Auswirkungen die Verwirklichung auf die Nachbarn Bremens, insbesondere die Gemeinden Leeste, Sudweyhe, Kirchweyhe und Brinkum bzw. Stuhr, gehabt hätte, wurde nicht eingehender untersucht.