Wieltsee

Paul Athmann

 

Die Bagger-Seen des Sudweyher Wielts


Es gibt einen großen und einen kleinen Wieltsee. Die beiden Gewässer entstanden durch Ausbaggerung des Weserkies-Vorkommens auf dem Wielt. Schon während der Kiesgewinnung wurde der große See in einen Jachthafen und Freizeit-See umfunktioniert. Mehrere Wassersportvereine haben hier heute ihre Vereinsheime und Liegeplätze. Viele Bootseigner haben im Sommer  ihre Boote auch am Steg der Wieltsee-Marina liegen.
Beim Kiesabbau kamen zahlreiche vorgeschichtliche Funde zutage: Mammutstoßzähne und -kiefer, Hirschgeweihe und Bärenknochen aus der Eiszeit. Einige dieser Funde sind im Syker Kreismuseum ausgestellt.

 

Im Internet wird die Hafenanlage gepriesen: „Ohne Strömung und Tidenhub gilt der Wieltsee als ein ideales Revier für Segelanfänger. Viele Bootsführer nutzen die geschützten Liegeplätze direkt an der Weser als Zwischenstopp auf dem Weg zur Nordsee oder weseraufwärts Richtung Aller. Die Wassertiefe des Sees beträgt bis über 30 Meter. […] In der Regel hat die Einfahrt eine Tiefe von ca. 2,20 m, sie kann aber nach dem Winterhochwasser durch Versandung auch etwas geringer sein […] Für das leibliche Wohl wird […] im schwimmenden Clubhaus gesorgt, auf dessen Terrasse man den Sonnenuntergang über dem gesamten See genießen kann. 1

1773 ist die heutige „Alte Weser“ noch der Hauptarm, und es existiert ein noch älterer Nebenarm, der zu dieser Zeit mit „Alte Weser“ bezeichnet wird. Der "Wielich Sand" ist eine große Insel. Der alte Weserarm führt um die Insel herum. Der Wielich Sand  wird als Viehweide genutzt. Ein Hirte wohnt in den Sommermonaten in einer kleinen Hütte auf der Insel und kümmert sich um das Vieh der Ahauser und Sudweyher Bauern. 


In der Ahauser Schulchronik ist für 1921 vermerkt: „Die Kinder des Hirten [Helmers] gingen nach Ahausen zur Schule. Im Winter kamen sie bei Hochwasser mit dem Schiffe“ […] Der Wield ist 200 Morgen groß; das Hirtenhaus wurde 1900 abgebrochen. Helmers zog nach Heidkrug bei Delmenhorst“. 2


1920 ist der alte Weserarm verlandet und die ehemalige Insel mit dem restlichen Außendeichsland verbunden, also auch mit der ehemaligen „Königsinsel“ bzw. „Mahndorfer Erdzunge“, nachdem auch dort der alte Weserarm größtenteils verlandet ist

 


Das Luftbild von 1973  zeigt die ersten Ergebnisse der Ausbaggerung und den neu angelegten Jachthafen sowie die Zufahrt zur Weser. 3 Noch ragt eine große Halbinsel in den See.

So sah die Förderleitung zum Bagger im Jahre 1973 aus. 4 Man erkennt auch, daß der Wieltsand im Vergleich zur Wasseroberfläche erhöht liegt, also eher eine Sanddüne ist.

Luftaufnahme Wieltsee von 1980 [W.Meyer]: 
Neben dem Jacht-/ Segelhafen mit den AnlegeStegen liegt noch der Saugbagger der Firma Bultmann.

So sah die Wieltdüne einmal aus. Das Foto erschien 1990 im Weserkurier (Gallmeier).
 

1996 war schon ein großer Teil im Saugbagger verschwunden. 

Der Segelverein SV Wiking und der Postsportverein Bremen haben hier auf der Halbinsel ihre Heimat – wie einige andere Segelvereine auch. Der Freizeithafen am Wieltsee bietet den Segelvereinen und Motorboot-Vereinen eine ideale Anlegeposition für ihre Boote. Die Vereinsheime liegen rund um den See

herum, und die Vereine haben eigene Steganlagen gebaut.


1978 gründete sich der Segel-Club Wieltsee. Dieser Verein transportierte auch eine große Steganlage über den See an die vorgesehene Stelle. Der Steg bietet heute 20 Anlegemöglichkeiten. 1996-1998 löst der zeitweise Betrieb des Restaurations-Schiffes „Deichgraf“ eine Änderung des Flächennutzungsplanes aus. Darin werden ein Anleger für das Schiff, eine Tankanlage, eine Slipanlage, ein Pförtnergebäude, Parkplätze und Campingplätze vorgeschlagen. Der Rat lehnt 1998 jedoch die Änderung ab, nachdem der Landkreis Diepholz Einwände wegen des Überschwemmungsgebietes vorgebracht hatte. Die Bauten hätten auf 9 m hohen Ständern gebaut werden müssen. 5


Im Frühjahr 1999 lehnt dann auch der Verwaltungsausschuss der Gemeinde die F-Planänderung für den Wieltsee ab, vi so dass alles beim Alten bleibt. Das Fahrgastschiff „Deichgraf“ bleibt im Dreyer Hafen, wo ja schon Parkplätze vorhanden sind. Dort hat die Betreiberin Anita Dörgeloh auch eine AusschankGenehmigung.

 

Auf dem Luftbild (Google, nach 2000) sieht man die Lage des Wieltsees am Weserbogen. Der kleine See zwischen Alter Weser und dem großen Wieltsee wird ebenfalls zu den Baggerseen des Sudweyher Wielts gerechnet. Er ist vom eigentlichen Wieltsee durch eine schmale Landbrücke getrennt, so dass er nicht für Boote zugänglich ist. Obwohl die Seen direkt hinter dem Ort Dreye liegen, gehören sie doch zum Ortsteil Sudweyhe.

Google Luftbild (vermutlich 2002). 
Zu diesem Zeitpunkt ist der Saugbagger im kleinen Wieltsee aktiv (links). Der große Wieltsee ist weiter gewachsen: Nördlich der Bootsstege ist eine Ausbuchtung entstanden, wo 1980 noch festes Land war.

2007 mit neuem Deich: Der Bagger hat auf dem kleinen See sein Werk beendet.
 [Foto: W.Meyer]

Dieses Foto aus dem Sommer 2012 zeigt einen Ausschnitt der Stege am Wieltsee.

2010 kommt der Wieltsee unter den Hammer. Der Betreiber des Wieltsees, die Firma Bultmann/Dörgeloh, muss Konkurs anmelden. Die Gemeinde Weyhe kauft die Anlagen und lässt sie instand setzen.

 
  
2010 : Versteigerung des Wieltsees mit Jachthafen in Weyhe-Sudweyhe 


Allgemein: Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen versteigert werden:


I)14.996 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch von Sudweyhe Blatt 1168,  Nr. 1: Gemark. Sudweyhe Flur 1 Flurstück 9/1 Landwirtschaftsfläche, Wieltsee, Einzel-Verkehrswert: 44.600,

 

II)18.845 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch v. Sudweyhe Blatt 1169, Nr. 3: Gemark. Sudweyhe Flur 1 Flurstück 8, Landwirtschaftsfläche, Verkehrsfläche, Wasserfläche, Einzelwert: 56.100,

 

III)15.596 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch von Sudweyhe Blatt 1177, Nr. 4: Gemarkung Sudweyhe Flur 1 Flurstück 9/2 Betriebsfläche, Wasserfläche, Wieltsee, Einzelwert: 46.400

 

IV) 41.321 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch v. Sudweyhe Blatt 1242, Nr. 3: Gemark. Sudweyhe Flur 1 Flurst. 89/10 Landwirtschaftsfläche, Wasserfläche, Einzel-Verkehrswert: 123.000 ,

 

V) 7.200 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch von Sudweyhe Blatt 1283,

Nr. 15: Gemarkung Sudweyhe Flur 1 Flurstück 28 Betriebsfläche, See, Einzel-Verkehrswert: 21.400


VI) 11.039 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch von Sudweyhe Blatt 1283, Nr. 16: Gemarkung Sudweyhe Flur 1 Flurstück 29 Betriebsfläche, See, Einzel-Verkehrswert: 32.900

 

VII) 4.941 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch v. Sudweyhe Blatt 1283, Nr. 19: Gemark. Sudweyhe Flur 1 Flurst. 76/2 Betriebsfläche, Gebäude-/Freifläche, Wasserfläche, Einzelwert: 14.700

 

VIII) 58.734 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch von Sudweyhe Blatt 1283, Nr. 20: Gemarkung Sudweyhe Flur 1 Flurstück 27 Betriebsfläche, Erholungsfläche, Gebäude- und Freifläche, Wasserfläche, Wieltsee, Einzel-Verkehrswert: 174.900

 

IX) 36.694 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wieltsee, eingetragen im Grundbuch v. Sudweyhe Blatt 2032, Nr. 1: Gemark. Sudweyhe Flur 1 Flurst. 11 Landwirtschaftsfläche, Grünland, Wasserfläche, Hafen, Einzelwert: 28.600

 

X) 15.106 m² großes Grundstück in Weyhe-Sudweyhe, Wielt/Wieltsee, eingetragen im Grundbuch von Sudweyhe Blatt 2032, Nr. 3: Gemarkung Sudweyhe Flur 1 Flurstücke 76/3 - Verkehrsfläche (Weg), Wielt, 86/12 - Landwirtschaftsfläche, Grünland, Wasserfläche, Hafen, Wieltsee, Einzel-Verkehrswert: 11.800


Gesamt-Verkehrswert aller Grundstücke: 554.400 .      7  Die Gemeinde Weyhe ersteigert das Areal für 400000 €.
 
Nach der Versteigerung klagt Dr. Andreas Salfer als Anwalt des letzten Eigentümers auf Rückabwicklung oder Schadenersatz mit der Begründung, dass die Grundschuld nicht rechtmäßig im Grundbuch eingetragen war. Der Urgroßvater des Besitzers, Johann B., betrieb Kies- und Sandabbau. Er hatte gehofft, dass seine Urenkel sein Lebenswerk (Wieltsee und Jachthafen) nach dem Tod ihres Vaters erben. Er setzte einen Testamentsvollstrecker ein, der sein Einverständnis geben musste, wenn etwas verkauft würde. Dies sei im Grundbuch  vermerkt gewesen.


Der Vater von B.s Urenkel hatte bei einer Bank 1,2 Millionen € als Kredit aufgenommen, um ein Projekt in Bremen zu finanzieren. Der Kredit wurde mit der Grundschuld gesichert. Als der Weyher seinen Kredit nicht zurückzahlen konnte, wandte sich die Bank an den Sohn, der aber auch nicht zahlen konnte. Das führte zur Versteigerung. Ein Hinweis auf die Testamentsvollstreckung, der zunächst noch vom Amtsgericht vermerkt worden sei, sei später bei der Versteigerung verschwunden. Die Weyher Familie habe kurz vor Vollstreckung  Rechtsanwalt Salfer beauftragt, und dieser habe das Amtsgericht Syke, das Landgericht Verden sowie die Gemeinde Weyhe über den Testamentsvollstreckungsschutz informiert. 8


Anmerkung: Bei Johann B. handelt es sich wohl um Johann (Hans) Bultmann (*1899 + 1984), den Weyher Kiesbauunternehmer. Sein Enkel Hans-Joachim Dörgeloh war seit 1969 in die Kiesbaufirma eingestiegen und hatte den Jachthafen nach einer Idee von Bultmann angelegt. Dörgelohs Sohn Marco war nach Bultmanns Tod ebenfalls in der Firma aktiv. 1990 beteiligte sich die KiesbauFirma an der Arster Firma Roland-Beton.


Erste Reparaturmaßnahmen 2010:


Kreiszeitung 13.8.2010:


Zwei Steganlagen des Wieltsees halten dem Sturm jetzt stand: Ein Arbeitsschiff des Wasserwirtschaftsamtes Bremen hat gestern 16 Anker versenkt, an denen über 30 Meter lange Ketten künftig die Anleger sichern. An dieser Stelle können dann auf einer Länge von rund 280 Metern rund 150 Boote gefahrlos festmachen.
Die Arbeiten waren notwendig, weil sich die Verankerung in den vergangenen Jahren nahezu vollständig gelöst hatte“, erläutert Steffen Nadrowski, Leiter des Fachbereiches Bau, Planung und Umwelt. Bereits im Juni hatte die Gemeinde Weyhe als Eigentümerin des Wieltsees festgestellt, dass zwei der fünf Steganlagen nicht nur gebrochen, sondern auch noch in einem Winkel von 45 Grad abgedriftet waren. Fünf Mitarbeiter der Weyher Firma Hartwig hatten vor zwei Monaten als Sofortmaßnahme zusammen mit etlichen Bootseignern auf eigene Rechnung einen Notanker gesetzt und zwei vorhandene Betonpoller genutzt, um die Stege zu befestigen. Erforderliche Schweißarbeiten wurden in einem Rutsch erledigt. 
Berufstaucher hatten anschließend in mehreren Tauchgängen ermittelt, an welchen Stellen die neuen Anker und Ketten angebracht werden müssen. Gestern wurden die Steine, von denen jeder eine Tonne wiegt, über die Slipanlage, auf ein Schiff gehievt und dann entsprechend versenkt. Die Anker bilden mit den Ketten nun ein Trapez.
Die Verankerung der restlichen Stege sei in einem besseren Zustand gewesen, so dass keine Sanierung fällig war, sagt Steffen Nadrowski. Allerdings müssten dort die Belagplatten saniert werden.
Das alte Trafo-Häuschen wird durch einen Neubau ersetzt. Die Aufschrift „Bultmann-Kies“ ist Geschichte.


Die Hafeneinfahrt im Januar 2013.
Neuverpachtung  2013:
Nach langer Suche wird im Sommer 2013 der neue Pächter des Wieltsees bekanntgegeben: Der Weyher Unternehmer Ralf Hartwig, der schon seit 12 Jahren erfolgreich eine Bootsagentur in Dreye führt, will den Hafen modernisieren und dienstleistungsorientiert betreiben. Ein neuer Hafenmeister wird eingestellt. Das auf Containern und einem alten Lastwagengestell errichtete Hafenmeisterhaus soll abgerissen werden und durch moderne Bürobauten ersetzt werden. Er möchte eine schwimmende Gastronomie einrichten. Die Liegeplätze sollen auf 120 erweitert („verdoppelt“) werden.9
Trotz der intensiven touristischen Nutzung ist der Wieltsee auch ein von der Tierwelt genutzter Naturraum – insbesondere im Winter. Als seltene Vogelarten sind hier beobachtet worden:  Eistaucher, Eisvogel, Flussuferläufer, Gänsesäger, Rothalstaucher, Schwarzkehlchen, Silberreiher,  Singschwan, Sperber,  Steppenmöwe, Sumpfohreule, Waldohreule, Weihe, Weißstorch, Zwergschwan, Zwergsäger, Zwergtaucher sowie viele Rastvogelarten. Vgl. dazu das Kapitel über die ökologische Funktion der Marsch.
                                                         


1 www.seijlerens.com (2010)

2 Kreiszeitung v. 19.5.2012 WM

3 Luftbild Niedtfeld (Kreiszeitung 1973)

4 Foto Weserkuríer v. 24.1.1973

5 Weserkurier 11.12.1998 – siehe auch Krsz. 11.12.1998 

6 Kreiszeitung Syke v. 19.02.1999

7 http://app.olg-ol.niedersachsen.de, Februar 2010 - Krsz 25.3.2010

8 Kreiszeitung (sie), 22.5.10

9 Kreiszeitung 6.7.2013