Gasthaus Drücker/Bahnhofshotel Suhling/Pfiffikus

Paul Athmann
 
Ursprüngliche Brinksitzerstelle mit Gasthaus ab 1866: 


Lage: Leeste Köhlerbruch 10 (ehemals Leeste Nr.116) Gasthaus Johann Drücker, Mette Hüsing, Dietrich Drücker.

 
Die Brinksitzer- Stelle erwarb Drücker ab 1714. Sie ist 1865 beim Großbrand im Köhlerbruch abgebrannt. 1866 ist das Haus von Johann Drücker, Brinksitzer und Gastwirt wieder aufgebaut worden .

 

Drückers Gasthaus auf einer Postkarte 1 um 1890.

Schon 1866 beantragt der Hokenhändler Diedrich Drücker zu Leeste die Konzession einer Schankwirtschaft. Mehrere Leester Wirte legen Beschwerde ein „wegen Vermehrung der Schankwirtschaften in Leeste“.  Dietrich Drücker wird jedoch 1887 als Gastwirt bezeichnet: Er ist als solcher Gründungsmitglied der Leester Feuerwehr, was wohl bedeutet, dass die Beschwerde keinen Erfolg hatte. 

1879 bis ca. 1895 War die Witwe Mette Hüsing geb. Rumpsfeld Gastwirtin. Mette Hüsing war zuvor mit Dietrich Drücker verheiratet. Sie war in 2. Ehe mit Heinrich Hüsing verheiratet.

 

 

1890 und 1894 hält die Kranken-Unterstützungskasse ihren Ball im Gasthaus Drücker ab, oder besser: "im Lokal der Gastwirthin Witwe Hüsing zu Leeste" 2

 

 

Danach bis 1909 war Dietrich Drücker Brinksitzer und Gastwirt (wohl ihr Sohn).

 

 

 

 

Auch der Leseverein zu Leeste führt 1895 einen humoristischen Abend im Gasthaus bei Drücker auf. 3

 

 

 

 


Bei Drücker gibt es auch eine Außenkegelbahn - ein "Muss" zu dieser Zeit für jedes Gasthaus 4
Bei Drücker gibt es auch eine Außenkegelbahn - ein "Muss" zu dieser Zeit für jedes Gasthaus 4

1910 verkaufte er die Hofstelle an Julius Beckmann  5 und der dann 1913 an den Viehhändler Johann Budelmann.

Viehhändler Budelmann 1938 6
Viehhändler Budelmann 1938 6

1914 stirbt Meta Hüsing vw. Drücker geb. Rumpsfeld im Alter von 73 Jahren. 

Luftbild 1935. Hier steht noch der alte Hof.

Im 2. Weltkrieg erleidet das Haus einen Totalschaden. 1952 scheint es aber wieder bewohnbar zu sein (vermutlich neu gebaut - siehe folgendes Foto): Neben Johann Budelmann ist auch der Viehhändler Otto Meyer dort gemeldet.

 

Um 1970 wird das Haus an Starlet Polstermöbel und dann an die Firma Döhle verkauft. 

2009 steht noch das nach 1938 gebaute Einfamilienhaus. Es wird 2019 abgerissen.

2019 wird auch dieses Wohnhaus abgerissen und auf dem Grundstück Köhlerbruch 10 ein neues Einfamilienhaus gebaut.

 

 

Bahnhofshotel 
 
Als 1910 die Kleinbahn durch Leeste führt, errichtet Dietrich  Drücker einen Neubau in der Nähe der Friedensgrotte (dem Kriegerdenkmal das 1909 eingeweiht worden war). Er will dort ein Restaurant betreiben. Das Grundstück hatte dem Leester Bauern Strutthoff gehört. 1876 wohnte dort der Schneidermeister Otto Riepling.

Das neue Gasthaus steht direkt an der Bahn. Und an der Bushaltestelle liegt verkehrsgünstiger als das alte Drücker – Gasthaus.

Schon im April 1910 findet die Generalversammlung der Kranken-Unterstützungskasse der Arbeiter zu Leeste beim Gastwirt Drücker statt.7  

1911 versammelt sich der Schützenverein Leeste im Vereinslokal D.Drücker.8

1914 versammelt sich auch der Lehrerverein der Inspektion Weyhe bei Drücker, und danach regelmäßig bis 1918.9 

Schon im November 1919 werden Lebensmittelkarten (Nummern) für Kartoffeln beim Gastwirt Suhling und im Hause von D.Drücker ausgegeben.


1919 treffen sich auch die Gastwirte bei Drücker, um einen Ortsverband mit Kirchweyhe, Sudweyhe, Riede und Brinkum zu gründen. Anlass ist die bevorstehende Erhöhung der Bierpreise durch die Brauereien. 

Drücker hat bis 1920 die Gaststätte. Dann verkauft er an Johann Suhling, der von Hahnenflede stammt und in Kirchweyhe die Bahnhofsgaststätte betrieben hat (er wohnte an der Bahnhofstr. in dem Haus, das später das Querformat – Studio von Eickhorst beherbergte) und durch die Truppenverpflegung im 1. Weltkrieg zu bescheidenem Wohlstand gekommen ist. 

 

Bahnhofshotel Leeste ca. 1920 – Ansicht von der Hauptstraße (heute Leester Str.) in Richtung Bahnschienen. 12
Bahnhofshotel Leeste ca. 1920 – Ansicht von der Hauptstraße (heute Leester Str.) in Richtung Bahnschienen. 12

Eine Viehwaage befindet sich ebenfalls im Haus. Durch die Viehverladung am benachbarten Leester Bahnhof  kommt viel Kundschaft ins Haus. Außerdem ist vor dem Haus die Haltestelle für den Postbus der Linie Bremen-Brinkum-Leeste.

Das Gasthaus auf einer kolorierten Postkarte aus den 1920er Jahren. Rechts vor dem Haus die Friedensgrotte.13 
 

1922 stellt Suhling beim Gemeindeausschuss einen Antrag auf Ermäßigung der Lustbarkeitssteuer – mit welcher Begründung, ist nicht überliefert.14

1930 ist Johanns Sohn, Heinrich Suhling, Mitglied einer Kapelle und spielt im Gasthaus seines Vaters auf. Er hat eigentlich keine Lust, Gastwirt zu werden, sondern studiert Musik. Später übernimmt er jedoch das väterliche Lokal. Er bietet niveauvolle Hausmusik auf "Suhlings Saal".15

Spätestens 1940 ist Heinrich der Wirt im Bahnhofshotel (siehe Häuserlisten).
Spätestens 1940 ist Heinrich der Wirt im Bahnhofshotel (siehe Häuserlisten).
Der Tanzsaal des Lokals um 1929
Der Tanzsaal des Lokals um 1929

Um 1940 halten auch die Postbusse  vor dem Gasthaus – wie heute noch die VBN-Busse.16



1955 wird das Bahnhofshotel weiterhin von der Familie Suhling geführt. Edith Rack, die Enkelin von Johann Suhling, gibt um 1990 die Gaststätte auf.

Das Gasthaus um 1977 17

Danach heißt die Gaststätte  "Pfiffikus" und wird von Uwe Wiese betrieben. Der Saal wird von der Fahrschule Liebe genutzt. Der Pfiffikus ist in den 1990er Jahren ein beliebter Treffpunkt für die Leester Schüler. Aber auch für Familienfeiern kann die Gaststätte gebucht werden.

 

Auf dem Saal richtet sich die Fahrschule Liebe ein-
 

Nach 2000 wechseln die Pächter häufig: 2008 eröffnet hier die "Cocktailbar Palms". Sie meldet aber schon 2009 Insolvenz an. Der Besitzer war öfter Gegenstand des "Dorf-Gesprächs" – z.B. als knall-harter Geschäftsmann bei seinem Schlüsseldienst-Betrieb, oder durch den Verweis eines Blindenhundes aus dem Lokal.

Foto 18 von 2005
Foto 18 von 2005

2010 eröffnet ein mexikanisches Restaurant. Da aber im Sommer nur wenig Raum zum Aufstellen von Tischen im Freien genehmigt wurde, klagt auch dieser Pächter über zu wenig Gäste.


Danach übvernimmt das Restaurant/Bistro Wessels die Räumlichkeiten und baut sie zu "'Wessels 2" um. Sie sind jetzt als Party-Raum z. B. für Geburtstagsfeiern buchbar.

2020 ist es das "Wessels 2" 20


Anmerkungen
1 Aus dem Besitz von K.Hahn, Leeste
2 Syker Zeitung v. 11.12.1890-Repro: K.Hahn
3 Syker Zeitung 9.4.1895 – Repro: K.Hahn
4 Foto/Repro: W.Meyer – aus: (Weber, Halte Rast, sei unser Gast! Gaststätten im Landkreis Diepholz, 2019) S. 185
5 Syker Zeitung 1.1.1910
6 Foto/Repro: K.Hahn
7 Syker Zeitung v. 31.3.1910
8 Syker Zeitung v. 12.1.1911
9 Syker Zeitung v. 12.12.1914, 21.6.1917, 14.6.1918, 13.12.1918
10 Syker Zeitung v. 21.6.1919
11 Syker Zeitung v. 4.11.1919
12 PK aus dem Besitz von F. Römer (fb)
13 PK Repro: F.Römer
14 Syker Zeitung v. 13.9.1922
15 Fotos/Repro: Wilfried Meyer / Kreiszeitung 11.2.2014
16 Fotos: aus (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit , 1980) S.56 und H.Hinners fb wf
17 Foto: H.Wetjen
18 Foto: W. Meyer
19 Foto: K. Hahn
20 Foto: K. Hahn1 Aus dem Besitz von Karl Hahn