Hermann Greve: 200 Jahre Pferdezucht in Weyhe
Weyhe Mai 2021
Hermann Greve
Weyhe, Mai 2021
Zweihundert Jahre plus …
Die hannoversche Warmblutzucht in Weyhe
Die Hannoveraner Warmblutpferde gehören zum Besten, was die Pferdezucht weltweit hervorgebracht hat. Sie sind gefeierte Stars der internationalen Turniere. Wie schon 1928 das Dressurpferd Draufgänger bei den Olympischen Spielen in Amsterdam schlug 1976 Warwick während der Olympiade von Montreal das Publikum in seinen Bann. Geritten von Alwin Schockemöhle zog der Hannoveraner bei einsetzendem Gewitterregen über den Springparcours, als sei es ein Spaziergang. Unvergessen auch die Dunkelfuchsstute Simona, mit der Hartwig Steenken Triumphe feierte. Über viele Jahre ging das etwas gedrungene und eher kleine, jedoch sehr muskulöse Pferd aus zahlreichen schweren Entscheidungen im In- und Ausland als Gewinner hervor.
Der hohe Rang des hannoverschen Warmblutes in der internationalen Pferdezucht lässt sich kaum besser verdeutlichen, als durch seine Präsenz und seine Leistungen während der Olympischen Sommerspiele in Montreal. Von den 31 Pferden aus deutscher Zucht, die zwölf Nationen entsandt hatten, waren allein 22 Hannoveraner. Fast die Hälfte der 36 Medaillen, die in den Einzel- und Mannschaftsbewertungen zu holen waren, errangen die siegenden Reiter mit ihren Hannoveranern.
Erfolge dieser Art haben die hervorragenden Leistungseigenschaften des hannoverschen Pferdes in allen Sparten des Reitsports unter Beweis gestellt. In den vergangenen Jahrzehnten wurde es nahezu überall in der Welt der Reitpferdezucht zum großen Vorbild. Kein Wunder, dass hannoversche Zuchthengste, Mutterstuten, Reit- und Olympiapferde mittlerweile in über 30 Länder exportiert werden.
Verantwortlich für diesen Siegeszug ist nicht zuletzt das breite und traditionsreiche züchterische Fundament des Hannoveraners. Seine niedersächsische Heimat bildet mit gut 17.000 eingetragenen Mutterstuten und über 500 Zuchthengsten das größte geschlossene Warmblutzuchtgebiet der Welt. Hier gibt es Vierbeiner für alle Verwendungszwecke - vom Hobby- bis zum Hochleistungspferd. Die Hannoveraner zeichnen sich aus durch ein gutartiges Temperament und einen zuverlässigen Charakter, durch hervorragende Reitqualitäten, schwungvolle elastische Gänge, durch Kraft und Zähigkeit.
Die Grafschaft Hoya – eine Wiege der Warmblutzucht
Zu den Wiegen der Zucht gehört die Grafschaft Hoya. Vor allem ihre Wesermarsch, die sich bis in den heutigen Landkreis Verden hinein erstreckte, galt neben den Marschen an Elbe und Nordsee als Hochburg des hannoverschen Halbblutes, wie das Warmblutpferd einst genannt wurde. Schon Ende des 16. Jahrhunderts brachten die Welfenfürsten den Pferdebeständen der Grafschaft großes Interesse entgegen. Nach dem Ableben des letzten Grafen von Hoya im Februar 1582 war Celler Herzog Wilhelm der Jüngere in den Besitz der Niedergrafschaft mit den Ämtern Hoya, Bruchhausen, Liebenau und Nienburg gelangt.
1583 ließ Herzog Wilhelm eine Bestandsaufnahme seiner Rechte und Besitzungen im Amt Hoya durchführen. Das Ergebnis wurde in einem sogenannten Erbregister festgehalten. Darin findet sich der Hinweis, dass unter anderem Zehntfohlen an das landesherrliche Vorwerk in Hoya abzuliefern waren. Sie würden „nach Gelegenheit verkauft“, notierten die Beamten. Doch wenn man die Fohlen „aufstallen und zum Sattel gebrauchen“ könne, heißt es weiter, solle „solches unserem Gnädigen Fürsten und Herrn untertänig gemeldet werden“.
Jahrzehnte später, nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, betrieben die welfischen Herrscherhäuser den Ausbau ihrer Fürstentümer zu modernen, absolutistisch regierten Ländchen. Stehende Heere sollten ihren Machtanspruch nach innen und außen sichern. Wer jedoch wirkungsvoll aufrüsten wollte, brauchte berittenes Militär, brauchte Zugtiere für die Artillerie, brauchte Pferde. Deren Beschaffung war nach dem verlustreichen Krieg keine leichte Aufgabe, selbst nicht für die Herzöge in Celle. Zwar hatten sie inzwischen Zugriff auf die Wesermarsch von Dreye bis Stolzenau, doch auch dieses Zuchtrevier war in drei Jahrzehnten Krieg geschröpft worden. Insbesondere die Marschenämter scheinen große Teile ihres Pferdebestandes eingebüßt zu haben – durch Requisitionen, Plünderungern und Diebstähle. Noch 1658, zehn Jahre nach Kriegsende, zählte man im Amt Syke, das sich von Nordwohlde bis Riede und von Brinkum bis Jardinghausen erstreckte, über fünfzig Prozent weniger Rösser als 1583.
Pferde für europäische Kriegsschauplätze
Offensichtlich war es der große Bedarf des landeseigenen Militärs und ausländischer Armeen, der die Pferdezucht unserer Region in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu neuer Blüte gelangen ließ. Um ihre Kassen zu füllen, betrieben die welfischen Herzöge ebenso wie andere deutsche Fürsten eine lukrative Subsidienpolitik: Sie stellten große Teile ihrer Truppen in den Dienst fremder Mächte, die hierfür und für den politischen Beistand mit klingender Münze zahlten. Der Effekt war ein stetiger Ausbau der Militärapparate. Dies und die kriegsbedingten Verluste an Zug- und Reittieren steigerten den Pferdebedarf. Von 1672 bis 1678 zum Beispiel, im zweiten Eroberungskrieg des französischen Sonnenkönigs, standen die Truppen des Celler Herzogs Georg Wilhelm und seines in Hannover regierenden Bruders an der Seite der Niederländer. Im Türkenkrieg leisteten die beiden Fürsten ihrem Kaiser 1692 und 1693 Schützenhilfe und erlitten dabei hohe Verluste an Soldaten und Pferden.
Landstriche wie die Grafschaft Hoya versorgten die Militärs im In- und Ausland mit ihren begehrten Vierbeinern. Angesichts der ständigen Pferdeexporte sah Herzog Georg Wilhelm von Celle, zu dessen Herrschaftsgebiet der überwiegende Teil der Grafschaft Hoya zählte, den Nachschub für seine eigene Militärmaschinerie gefährdet. In einem Edikt vom 5. Juli 1695 klagte der Heideherzog, es sei „wahrgenommen worden, daß durch die itzige gar häufige Ausführung der jungen Füllen auß Unserer Grafschaft Hoya in frembde Lande die Pferde in Unsern Fürstenthumb und Landen“ sehr abgenommen hätten. Man müsse befürchten, „daß, wann dieser häufigen Ausführung nicht in Zeiten vorgekehret wird, nichts taugliches an Pferden im Lande verbleiben werde“.
Für zunächst drei Jahre wurde den Bauern in den Ämtern Syke, Hoya, Bruchhausen, Westen und Nienburg untersagt, Fohlen unter drei Jahren „an Ausländer“ zu verkaufen. Doch Georg Wilhelm und seiner Regierungsmannschaft war durchaus bewusst, dass ein striktes Ausfuhrverbot mit der Erhaltung der Finanzkraft der Steuer zahlenden Bauern kollidierte. Folglich öffnete das herzogliche Edikt ein kleines Hintertürchen. Für den Fall, „da etwa ein oder ander von Unsern Unterthanen einige Füllen zu verkauffen genötiget werden würde“, sollten Fohlen auf dem Bruchhauser Bartholomäusmarkt „beysammen gebracht“ werden. Ein von der Celler Regierung autorisierter Fachmann sollte sie untersuchen und nur die Fohlen von geringer Qualität zum Verkauf zulassen, „der beste Leist“ hingegen müsse im Land bleiben.
Georg Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, residierte bis zu seinem Tod (1705) in Celle
Die Maßstäbe, die unter Herzog Georg Wilhelm für den Brokser Markt gesetzt wurden, überdauerten dessen Regentschaft. 1798 schrieb der Lüneburger Beamte und Landeskundler Urban Friedrich Christoff Manecke: „Füllen, von welchen es anscheint, daß sie kein taugliches Remonte- oder sonstiges gutes Pferd abgeben werden“, würden den Pferdehändlern überlassen, welche sich aus Thüringen und Hessen kommend auf dem Bruchhauser Bartholomäusmarkt „in Menge“ einfinden würden.
Anerkennende Worte fanden 1832 die „Möglinschen Annalen der Landwirthschaft“: „Da der wohlbegründete Ruf besteht, daß die Hoyasche [Pferde-]Rasse konstant ist, daß kein schlechtes ausgeartetes Mutterpferd zur Zucht gebraucht und auf die Auswahl der Beschäler die größte Sorgfalt verwendet wird, so werden die Märkte im Hoyaschen von auswärtigen Pferdehändlern gern und fleißig besucht. Als Fohlenmarkt zeichnet sich der Marktflecken Bruchhausen aus, wohin die Landleute nicht allein aus dem Hoyaschen, sondern auch aus andern benachbarten Distrikten ihre verkäuflichen Thiere zusammenbringen, und von wo ab viele tausend Säuger, auch ein- und zweijährige Thiere … nach Franken, Hessen, Sachsen etc. vertrieben werden.“
Nach dem Tod des Heideherzogs im Jahr 1705 fiel dessen Herrschaftsgebiet, darunter das Amt Syke, an Georg Wilhelms Schwiegersohn und Neffen, den Kurfürsten Georg Ludwig in Hannover. Der sollte 1714 als Georg I. den englischen Königsthron besteigen und die bis 1837 andauernde britisch-hannoversche Personalunion begründen. Schon 1727 segnete er das Zeitliche. Sohn Georg folgte als König und Kurfürst. Unter seiner Regentschaft wurden in der hannoverschen Pferdezucht Meilensteine gesetzt.
Das Landgestüt Celle – ein Meilenstein für die hannoversche Warmblutzucht
Die wichtigste Tat Georgs II. für das hannoversche Warmblutpferd war die Gründung des Landgestüts Celle im Jahr 1735, die er „zum Besten seiner Unterthanen und zur Erhaltung einer guten Pferdezucht ... absonderlich im Herzogthum Bremen und in der Grafschaft Hoya“ befahl. Der Segen der neuen Einrichtung sollte der Landwirtschaft zugute kommen, vordringlich ging es jedoch darum, Zuchtziele für das Militärpferd noch konsequenter bestimmen zu können.
Dreizehn Hengste machten den Anfang. Die kaufte der Oberjäger der Celler Hirschmeute, Gabriel Roger Brown, in Holstein. Es waren Beschäler, die vornehmlich über neapolitanisches und andalusisches Blut verfügten. Bevor sich Brown jedoch auf den Weg nach Holstein gemacht hatte, war er durch die Zuchtgebiete gereist. In der Wesergegend zwischen Hoya und Stolzenau, wird berichtet, habe er besonders bei Hoya einen guten Schlag Stuten gesehen, überwiegend „Mittelschlag“. Einhundertzehn von ihnen wählte Brown aus, um sie von den künftigen Celler Beschälern decken zu lassen. Seiner Meinung nach gab es im Raum Hoya noch weit mehr gute Zuchtstuten, doch die Bauern waren misstrauisch. Erst als Brown ihnen versprach, dass sie über die Fohlen frei verfügen können, erklärten sie, sie hätten zu Hause noch weit bessere Pferde und seien bereit, „für jeden Sprung einen Himten Hafer zu geben und für jedes Füllen einen Taler extra“.
Auch die Pferdehaltung im Amt Syke wurde im Gründungsjahr des Landgestüts auf den Prüfstand gestellt. Immerhin 228 gute und tüchtige Zuchtstuten seien 1735 gezählt worden, davon allein 79 im Kirchspiel Weyhe, heißt es in einem späteren Bericht. Die Kirchspiele Brinkum und Leeste, in denen zahlreiche Bauern als Fuhrunternehmer für den bremischen Binnenhandel tätig waren, konnten dagegen „lediglich“ mit insgesamt 55 tauglich befundenen Zuchtstuten aufwarten. Aber nicht nur im Marschdistrikt zwischen Brinkum und Riede fand sich gutes Material. Einige Geestdörfer, die über ausgedehnte Bruchweiden verfügten wie Okel, Osterholz, Gödestorf und Wachendorf, konnten durchaus mithalten.
Der Aufbau des Celler Landgestüts wurde zügig vorangetrieben. Roger Brown hatte als Stallmeister die Leitung übernommen, die er bis 1748 behielt. Im Jahr 1743 standen bereits 40 Hengste in Celle, deren Zahl bis 1782 auf 86 stieg. Die Beschäler rekrutierten sich vor allem aus der Holsteiner Zucht. Nur wenige Dänen, Ostpreußen und Andalusier wurden angekauft. Gelegentlich fanden auch Pferde aus der „Hoyaischen Landesrace“ Verwendung, wie der 1772 geborene Rappe Tompeux.
Die Hengste des Landgestüts wurden in jedem Frühjahr auf die Reise geschickt, um in den eingerichteten Deckstationen des Kurfürstentums für Nachwuchs zu sorgen. 1765 gab es bereits über 30 Stationen, auf die alljährlich von Ende Februar bis Mitte Juli rund 50 Beschäler verteilt wurden. Mit drei Deckstellen - in Syke, Hoya und Nienburg - war die Grafschaft Hoya vertreten.
Ein Ausschreiben der kurfürstlichen Regierung in Hannover vom 3. Februar 1768. Es zeigt das Brandzeichen, das damals von den Mitarbeitern des Landgestüts Celle auf den Deckstellen verwendet werden sollte. Sofern sich die Züchter einverstanden erklärten, sollte dem Nachwuchs der Celler Landbeschäler das Zeichen „auf der lincken Lende ohnentgeldlich behutsam“ eingebrannt werden.
(Abgedruckt in: Burchard Bade u. Werner Ernst, Das Landgestüt Celel und seine Hengste, Bad Homburg 1980)
Deckstation Syke – 1739 bis 1790
Glaubt man Aufzeichnungen aus dem späten 18. Jahrhundert, nahm die Hengststation im Flecken Syke 1739 ihren Betrieb auf. Der 500-Seelen-Ort im Herzen des gleichnamigen Amtes war nicht nur dessen Verwaltungs- und Gerichtssitz, in bescheidenem Rahmen bildete er zugleich das gewerbliche Zentrum. Dass Syke als Standort der einzigen Deckstation im Amt ausgewählt wurde, war zugleich ein Akt obrigkeitlicher Förderung für den seit dem Dreißigjährigen Krieg wirtschaftlich schwächelnden Hache-Flecken.
Von 1739 bis 1783 wurden durchschnittlich 107 Stuten pro Jahr zur Syker Station gebracht, die regelmäßig mit drei Hengsten bestückt war. Für die Staatsdiener der Amtsverwaltung stand der Erfolg der Deckstelle außer Frage. Kurz nach dem 1763 beendeten Siebenjährigen Krieg erklärten sie, die Gestüthengste aus Celle hätten für guten Nachwuchs gesorgt. Etliche ihrer Fohlen seien im Krieg hochpreisig verkauft worden.
In einer Beschreibung aus dem Jahr 1775 zeigten der Chef der Amtsverwaltung und seine Kollegen auf, dass nach wie vor das Militär einer der Hauptabnehmer war und die Pferdezucht im Amt lukrativ machte. Was die Syker Deckstation betraf, glaubten sie, dass diese vorbildhaft auf diejenigen Bauern einwirken würde, die ebenfalls Beschäler hielten. Einige der nach Syke geschickten Celler Hengste, urteilten die Beamten, würden „jenen zur löblichen Ermunterung“ gereichen, „um gleich gute Beschälers anzuschaffen“. Nach wie vor dominierten die Privat-Beschäler das Zuchtgeschäft im Amt. 1778 wurden hier fünfzehn Deckhengste von Bauern gehalten, denen 270 Wallache sowie 767 Zucht- und 556 „güste“ Stuten gegenüberstanden.
Mehr als seine Vorgänger engagierte sich Oberamtmann Georg Julius Albrecht Rumann für die Pferdezucht im Amt Syke. Seit 1785 führte er die Verwaltung des kleinen Bezirks mit großem Reformeifer. Er bemühte sich um die Stärkung der Wirtschaftskraft und die Verbesserung der Lebensverhältnisse der ländlichen Mittel- und Unterschichten.
Im Frühjahr 1786 ließ Rumann Erhebungen über den Stand der Pferdezucht durchführen. Der Vogt des Kirchspiels Nordwohlde teilte ihm daraufhin mit, dass in diesem Bezirk nur 11 der 41 Zuchtstuten den Celler Hengsten zugeführt worden waren. „Einige glauben“, erläuterte der Bedienstete, „daß von solchen keine so feste arbeitstüchtige Pferde entstehen und nicht so früh oder so jung gebraucht werden könnten als von Privat-Hengsten. Andere glauben, daß die Privat-Hengste zum Theil schöner wären … Einige mögen auch keine Holsteinischen Pferde leiden. Bei Verschiedenen haben aber auch die wenigen Kosten den Privat-Beschälern den Vorzug gemacht.“ Die Antwort aus Nordwohlde lässt erkennen, dass sich die bäuerlichen Züchter, trotz aller guten Geschäfte mit dem Militär, in erster Linie an den Bedürfnissen der Landwirtschaft orientierten, orientieren mussten.
Privat gehaltene Deckhengste spielten auch in den Bauerschaften Kirch- und Sudweyhe eine herausragende Rolle. Drei gab es 1786 im Weyher Kirchspiel. Die Eigentümer waren Vollmeier, sprich Hofbesitzer aus der oberen Bauernklasse: Claus Töbelmann in Kirchweyhe, Heinrich Reiners in Dreye und Johann Hinrich Wetjen, der ein stattliches Gehöft an der Sudweyher Dorfstraße, gegenüber dem damaligen Schulhaus, bewirtschaftete. Wetjens Deckhengst war besonders begehrt und taucht in einer Statistik vom Mai 1790 als einziger Privatbeschäler im Kirchspiel auf – mit 43 von ihm bedeckten Stuten.
„Specificatio derer in der Voigtey Weihe befindlichen Anzahl Pferde überhaupt, und wie viele Stuten von denen Privat-Hängsten bedeckt sein“ - zusammengestellt von dem Amtsvogt des Kirchspiels Weyhe, Johann Hinrich Gehle, am 27. April. 1786.
Original: Niedersächsisches Landesarchiv - Hauptstaatsarchiv Hannover (Hann. 74 Syke Nr. 58)
Der Vollmeierhof der Familie Wetjen an der Sudweyher Dorfstraße. Die Aufnahme aus den 1930er Jahren zeigt die im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts neu errichteten Wohn- und Wirtschaftsgebäude.
Repro im Gemeindearchiv Weyhe.
Rumanns Bestreben war es, dem Celler Landgestüt mehr Geltung in seinem Wirkungskreis zu verschaffen. Für ihn stand außer Frage, dass der Einsatz der Celler Beschäler effizienter gestaltet werden könnte. Er nahm Kontakt zu Georg Christoph Koch auf, dem damaligen Stallmeister des Gestüts, und versuchte ihn davon zu überzeugen, die Syker Deckstation durch zwei neue, zentraler gelegene zu ersetzen. Koch allerdings konnte sich zunächst nur dazu durchringen, die Verlegung von Syke nach Kirchweyhe zu empfehlen, mitten hinein in den Marschdistrikt.
Die Deckstation Kirchweyhe auf Erfolgskurs
Bereits 1791 nahm die neue Deckstelle mit wiederum drei Celler Hengsten ihre Arbeit auf. Gleich im ersten Jahr wurden 210 Stuten gedeckt, welche 127 Fohlen zur Welt brachten. Die Abfohlquote in Höhe von 60 Prozent konnte sich sehen lassen. In den Vorjahren hatte sie durchschnittlich knapp 47 Prozent betragen. Die Kirchweyher Bilanz schien Oberamtmann Rumann recht zu geben. Doch das gute Ergebnis sollte sich zunächst nicht wiederholen. Schuld daran war ein neuer Krieg, der Krieg großer und kleiner Mächte des alten Europa gegen das revolutionäre Frankreich.
Bedeckungsziffern und Abfohlergebnisse für die Deckstelle Kirchweyhe 1791 bis 1794. Die Tabelle wurde von Landstallmeister Koch abgezeichnet und vermutlich auch erstellt.
Original: Niedersächsisches Landesarchiv - Hauptstaatsarchiv Hannover (Hann. 74 Syke Nr. 58)
Seit 1793 nahmen Truppen des Kurfürstentums Hannover, das durch die Personalunion am politischen Schlepptau Großbritanniens hing, an den Kämpfen teil. Die in englischem Sold stehenden Regimenter erlitten bittere Niederlagen und hohe Verluste. Geschlagen mussten sie und ihre britischen Verbündeten im Frühjahr 1795 den Rückzug aus Belgien antreten. Bis zum Spätherbst, bis sie wieder nach England verschifft wurden, bevölkerten große britische Kontingente die Ämter Syke, Harpstedt und Wildeshausen. Eines ihrer Camps errichteten die fremden Soldaten am Holtwischdamm in Sudweyhe.
Trotz der unruhigen Zeiten verlor Rumann seine Projekte nicht aus den Augen. Auf privater Ebene kommunizierte er im Juni 1794 mit Stallmeister Koch, um ihn nochmals von der Notwendigkeit „einer 2. Stationierung zum Besten der Geestdörfer Wachendorf, Gödestorf, Osterholtz und Okel“ zu überzeugen. Dabei machte er, wie schon bei früheren Gelegenheiten, von seinem Faible für Statistik reichlich Gebrauch.
Anfang Mai 1794, informierte der Verwaltungschef den Gestütsleiter, seien 53 ein- bis zweijährige Stutfohlen im Kirchspiel Weyhe gezählt worden. Allein 36 gingen auf die Celler Beschäler zurück. Verantwortlich hierfür war ganz offensichtlich die Verlegung der Deckstation nach Kirchweyhe. In allen anderen Kirchspielen des Amtes Syke fiel das Ergebnis gegenteilig aus. 165 von 231 Fohlen, die im Frühjahr 1794 im gesamten Amtsbezirk registriert wurden, hatten privat gehaltene Hengste als Väter.
Koch zeigte sich beeindruckt. In einem Bericht vom 11. Oktober 1794 verwies er zunächst auf die durch den Koalitionskrieg verursachten „Hindernisse und Unterbrechungen“, unter denen die neue Deckstelle zu leiden hatte. Dennoch habe man „durch die unermüdliche Wirksamkeit des Herrn Oberamtmanns Rumann ein nicht unbedeutendes plus an Fohlen“ zu verzeichnen. Koch fügte hinzu, er sei bei seinem letzten Besuch im Amt Syke davon überzeugt worden, dass die fraglichen Geestdörfer auf die Dauer nicht von den in Kirchweyhe stationierten Celler Beschälern profitieren könnten. Die vier Orte hätten gute Stuten, außerdem „hinreichende Begünstigung und Trieb zur Verbeßerung der Pferdezucht“.
Aus diesen Gründen schlug der Stallmeister nunmehr vor, eine zweite Station zu eröffnen. Sie sollte in Osterholz eingerichtet und mit zwei Deckhengsten aus Celle besetzt werden. Ob es dazu kam, ist nicht überliefert. Eine im März 1799 durchgeführte Zählung zeigt zumindest dies: Okel, Osterholz, Gödestorf und Wachendorf boten zusammen fast die Hälfte der 210 trächtigen Stuten im Geestdistrikt auf. Amtsweit wurden 469 trächtige Stuten und 18 privat gehaltene Hengste erfasst. Die Geschäfte mit den Warmblutpferden liefen angesichts der politischen Großwetterlage in Europa gut. „Wenn der noch immer fortdauernde leidige Krieg andere Länder verheerte, so hat er bißher uns nichts als Vortheil und Gewinn gebracht - die hiesige Gegend ist reich geworden“, notierte im August 1798 der in Kirchweyhe residierende Superintendent Johann Gottlieb Conrad Meyer.
Zahl der von den Celler Beschälern gedeckten Stuten im Amt Syke
1739-1783: pro Jahr durchschnittlich 107
1784-1788: pro Jahr durchschnittlich 129
1789-1790: pro Jahr durchschnittlich 192
1791: 210
1792: 193
1793: 116
Die napoleonische Besatzungsphase ein Zwischentief?
Im Jahr 1803 machte sich Napoleon an der kontinentalen Achillesverse Englands zu schaffen. Er überrollte Kurhannover, das Stammland des Britenkönigs mit Zugang zur Nordsee. Da die Landesverteidigung in einem desolaten Zustand war, stießen die feindlichen Truppen auf keinen nennenswerten Widerstand. Eine zehn Jahre währende Besatzungsphase nahm ihren Anfang, in der sich für kurze Zeit auch die Preußen mit Napoleons Segen des Landes bemächtigten.
Während französische Truppen das Kurfürstentum Hannover im Mai und Juni 1803 eroberten, wurden die Celler Landbeschäler zum großen Teil nach Mecklenburg und Sachsen evakuiert. Einige der Pferde gelangten dank der Personalunion sogar nach England. Nur ein Drittel der Celler Hengste sollte zurückkehren. Um sie einer etwaigen Beschlagnahme durch die Franzosen zu entziehen, wurden sie größtenteils privat aufgestellt. Mit ihnen setzte das Landgestüt seine Arbeit unter großen Mühen fort. Bis zum Ende der „Franzosenzeit“ im Herbst 1813 gelang es nicht, den Zuchtbetrieb im früheren Umfang wiederaufzubauen. 1812 zählte das Landgestüt fünfzig Hengste, vor der Invasion waren es mehr als neunzig gewesen.
Was sich von 1803 bis 1813 auf der Deckstation Kirchweyhe tat, ist unbekannt. Erhalten geblieben sind jedoch zwei aufschlussreiche Statistiken über den Pferdebestand des Kirchspiels Weyhe. In den Jahren 1811 und 1812 - Weyhe und sein Umland waren inzwischen Teil des französischen Kaiserreichs - wurden rund 380 Pferde registriert, ebenso viele wie vor dem Einmarsch der napoleonischen Truppen. Für die Zucht standen zwei Privatbeschäler, auf Bauernhöfen in Kirch- und in Sudweyhe, zur Verfügung. Mehr als 170 Stuten hatten, laut einer Ende Mai 1812 erstellten Übersicht, das Prädikat „zur Zucht tauglich“ erhalten.
Wie es um die Qualitätsstandards bestellt war, lassen die Statistiken nicht erkennen. Mit Blick auf den Kanton Alt-Bruchhausen führte der Maire (Bürgermeister) Ludwig Reiche, zugleich Präsident der Kantonalversammlung, bittere Klage. Im Sommer 1813 berichtete er der Unterpräfektur Nienburg, die Pferdezucht sei während des zurückliegenden Jahrzehnts „gänzlich in Verfall geraten“. Die vielen von den Bauern zu leistenden Kriegerfuhren hätten sich nachteilig ausgewirkt. Darüber hinaus fehle es an guten Beschälern, seit das unweit von Hoya gelegene landesherrliche Gestüt Memsen eingegangen war. Dort und im Flecken Hoya hatten zuvor Deckhengste des 1785 gegründeten königlich-kurfürstlichen Marstalls in Hannover ihren Dienst getan.
Im Waterloo-Jahr 1815: ein Neuanfang
Am 4. November 1813 saß die alte hannoversche Regierung wieder im Sattel. Unverzüglich machte sie sich daran, die vornapoleonischen Verhältnisse wiederherzustellen. Derweil stand der schlussendliche Sieg über den Korsen noch aus, und so blieben verbündete Truppen im Land. Zähneknirschend musste die Bevölkerung neuerliche Einquartierungen hinnehmen. Am 12. Oktober 1814 wurde das Kurfürstentum Hannover vom englischen Prinzregenten zum Königreich erklärt. Die europäische Völkerfamilie schien sich nicht sonderlich daran zu stoßen. Obendrein bescherte der Wiener Kongress Gebietszuwachs. Unter anderem konnten 1815 Ostfriesland und später die kurhessischen Ämter der Grafschaft Hoya dem hannoverschen Staatsgebiet einverleibt werden.
Für die Weyher Pferdezucht gilt das Jahr 1815, das Jahr von Waterloo, als bedeutender Markstein. Möglicherweise kam es erst jetzt zur Wiedereröffnung der Deckstation Kirchweyhe. Offenbar schon im Frühjahr 1815 trafen hier mit Ajax und J. Grosvenor zwei Hengste des Celler Landgestüts ein. Der Einzugsbereich der Deckstelle, die vermutlich spätestens um 1821 nach Sudweyhe verlegt wurde, dürfte bereits einen hohen Zuchtstandard gehabt haben, sonst wäre sie nicht so hervorragend besetzt worden. So zumindest lautet das Urteil ihres Chronisten Erich Clausen in einem 1932 veröffentlichten Rückblick. Das Landgestüt, erläutert der Autor, habe es sich nicht erlauben können, in Gegenden mit ungenügender „Grundlage“ wertvolle Hengste zu entsenden.
J. Grosvenor, der bis 1818 nach Weyhe kam, stammte aus dem Mecklenburger Gestüt Ihlenfeld und war ein Enkel des englischen Araberhengstes Lord Grosvenor. Das Celler Landgestüt bezog in großer Zahl Beschäler aus Mecklenburger Zuchten, bis 1838 über 80 Prozent seines Bestandes. Hauptlieferanten waren die Gestüte Ihlenfeld und Ivenack; Preußische Hengste, unter anderem Trakehner, und englische Beschäler machten das restliche Fünftel aus.
Seit etwa 1800 war in den deutschen Zuchten eine starke Benutzung von Arabern zu beobachten. Diesem Trend folgte man in Celle zunächst nicht. Dass der dortige Stallmeister August von Spörcken den Hengstbedarf des Landgestüts vor allem in Ivenack und Ihlenfeld remontierte, schrieb Erich Clausen, „hatte seine guten Gründe: einmal produzierten beide Gestüte ein ziemlich einheitliches Material, zum anderen sollte einer 'Verfeinerung' des Materials, die durch Verwendung von zu viel Araber-Blut erfolgt wäre, vorgebeugt werden.“
In Memsen hingegen, das als Gestüt für Reitpferde galt und Lieferant des königlichen Marstalls in Hannover war, setzte man nach 1815 auf Vollblüter. Ihr Anteil betrug bis zu sechzig Prozent. Verwendet wurden neben spanischen und orientalischen Hengsten zahlreiche Beschäler aus britischen Hofgestüten. Als das Gestüt Memsen 1840 aufgelöst wurde, kam ein Teil der Pferde nach Celle.
Im Fadenkreuz der Staatsdiener: die „Privatbeschäler“
Mehr als zuvor wurden nach 1815 - staatlicherseits - die Zuchtergebnisse der zahlreichen privaten Hengsthalter kritisch beäugt. Eine Folge der Anstrengungen um den Wiederaufbau der landesherrlich bzw. staatlich gelenkten Pferdezucht im Königreich Hannover. Staatsdiener an der Basis wie der Syker Amtmann Franz Albrecht spielten hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Der Verwaltungschef sah in den Beschälern der Bauern eine potenzielle Gefahr für die „Pferdezucht und deren zu wünschende Veredlung“. Die jedoch sei gerade für das Amt Syke von großem Interesse. In einem Bericht vom September 1824 begrüßte Albrecht eine jüngst, am 13. Juli, erlassene Verordnung der Landdrostei Hannover (Vorläuferin des späteren Regierungsbezirks Hannover), durch die der Einsatz ungeeigneter Zuchthengste unterbunden werden sollte. Nur noch konzessionierte Beschäler, die von einem Tierarzt begutachtet worden waren, durften fortan von Privatpersonen gestellt werden. Die Konzessionen wurden nur für ein Jahr erteilt, erst nach erneuter Begutachtung konnten sie verlängert werden.
Franz Albrecht, 1817 bis 1848 Verwaltungschef des hannoverschen Amtes Syke.
Repro in: Stadtarchiv Syke.
Franz Albrecht, seit 1817 an der Spitze der Syker Amtsverwaltung, hatte sich schon früh um die „Zurückweisung untauglicher Zuchthengste“ bemüht. In den letzten Jahren, teilte er der hannoverschen Landdrostei mit, seien „keine Privatzuchthengste mehr präsentirt noch im Amte gebraucht worden“. Ein Ergebnis, dass er nicht zuletzt auf die Einrichtung einer zweiten Deckstelle zurückführte, die 1822 in Wachendorf eröffnet worden war. Albrecht hatte die Anregungen seines Vorgängers Rumann aufgegriffen und sich für die neue Station im Geestdistrikt bzw. für die Überlassung weiterer Beschäler des Celler Landgestüts eingesetzt. Nicht weniger als sechs Celler Hengste wurden zeitweise im Amt, in Sudweyhe und Wachendorf, stationiert. Doch offensichtlich war die Deckstelle Wachendorf kein Erfolgsmodell. Schon nach wenigen Jahren wurde sie aufgelöst.
Für den Syker Amtmann stand außer Frage, dass die ehedem von privater Hand verwendeten Hengste dem Vergleich mit den Landbeschälern nicht standgehalten hätten. Kein Wunder also, dass ihm die obige Verordnung der Landdrostei Hannover nicht weit genug ging, da sie die Chance bot, dass „concessionirte Zuchthengste von Privat-Personen“ gestellt werden durften. Angesichts dieser Regelung, sorgte sich Albrecht, würde der eine oder andere Amtsbewohner geradezu bestärkt werden, Beschäler zu halten. Er befürchtete, dass solche Hengste zwar von einem Tierarzt für gesund befunden und ihr Bau „den Arbeiten des Landmanns“ als angemessen betrachtet, sie aber den Landbeschälern „an Qualität und Race“ unterlegen sein würden. Dadurch würde „der Veredelungs-Nutzen“ der Landgestüthengste „wieder vermindert … und mithin der sehr bedeutenden Pferdezucht des hiesigen Amts geschadet werden“.
Franz Albrecht ersuchte seinen Landdrosten, „für hiesiges Amt zu gestatten“, dass künftig präsentierte „Privat-Zuchthengste“ den Landbeschälern „wenigstens gleich seyn müssen“ und dass man dem „Pferdearzt Brüggemann in Bassum“ wegen der zu erteilenden Atteste entsprechende Anweisungen geben dürfe. In diesem Punkt erhielt der Amtmann nach einer Unterredung mit dem Landdrosten grünes Licht.
Doch damit nicht genug. Albrecht forderte: Um den privaten Hengsthaltern keinen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, sollten diese künftig „nicht weniger für das Bedecken nehmen dürfen“ als die von Celle belieferten Stationen. Vermutlich ging dieser Vorstoß ins Leere. Auch die 1844 von König Ernst Augst unterzeichnete Verordnung über die Haltung von „Zuchthengsten durch Privatpersonen“, die in weiten Teilen des Königreichs Hannover galt, sah eine solche Regelung nicht vor. Ausdrücklich heißt es dort: „Die Höhe des Bedeckgeldes bleibt der Übereinkunft der Betheiligten überlassen.“
Durch die Verordnung vom 27. April 1844 wurden die Vorschriften vereinheitlicht und erweitert, die 1824 von mehreren Landdrosteien im Hinblick auf die Körung privat gehaltener Deckhengste und die Konzessionierung zum Halten solcher Beschäler erlassen worden waren. Festgeschrieben wurde auch die Zusammensetzung der zu bildenden Körungskommissionen. Sie sollten aus einem oder zwei mit Pferdezucht vertrauten Landwirten, einem hannoverschen Kavallerieoffizier und einem Vorsitzenden bestehen, welcher „mit dem Betriebe einer größeren Landwirthschaft Pferdezucht“ verbindet. Zur Abgabe von Gutachten war die Beiordnung eines Tierarzt vorgesehen.
„Verordnung, das Halten von Zuchthengsten durch Privatpersonen betreffend“ vom 27. April 1844.
Die neue Körordnung reihte sich ein in die Bemühungen um ein strenges Zuchtziel. Noch immer gingen rund siebzig Prozent aller Fohlen im Königreich auf die etwa 400 Hengste von Privaten zurück. Ein unverzichtbares Potenzial - zum einen, um den landeseigenen Bedarf decken zu können, zum anderen, weil es für exportfähigen Überschuss sorgte und damit Geld ins Land brachte. Aspekte, die sich in der Fundamentalkritik des Amtmanns Franz Albrecht an keiner Stelle wiederfinden.
Die erste Vollblutepoche auf der Sudweyher Deckstation: 1837-1850
Dem weltweiten Ruf nach Vollblütern konnte und wollte sich das Landgestüt auf Dauer nicht entziehen. Das hannoversche Warmblutpferd, so die allgemeine Forderung, sollte durch ein deutliches Mehr an Vollblut veredelt werden. Verfügte man in Celle bis 1830 nur über einen Vollbluthengst, stieg die Zahl entsprechender Beschäler bis 1841 auf ein gutes Drittel des Gesamtbestandes, auf insgesamt 71 Hengste - mit überwiegend britischen Wurzeln. Im Königreich Hannover galt wie überall in Europa das erfolgreiche englische Vollblut als großes Vorbild. Selbstredend bemühte man sich in Züchterkreisen, auch die britischen Grundsätze der Pferdezucht zu übernehmen.
Wie es scheint, herrschte unter bäuerlichen Pferdehaltern durchaus Skepsis gegenüber den Veredelungstendenzen. Diesen Eindruck vermittelt ein Protokoll, das am 19. September 1837 in Syke aufgenommen wurde. Anlass war ein Visitationsbesuch des Landdrosten v. Dachenhausen. Die kleine Beamtenriege der Syker Amtsverwaltung berichtete ihm, dass „ein allgemeines Steigen des Wohlstandes nicht zu verkennen sei, als dessen Quellen man … auch die sich stets hebende Pferdezucht nicht übersehen dürfe“. Hierauf bemerkte v. Dachenhausen, „es müsse hauptsächlich dahin gewirkt werden, daß die Leute die Pferde länger behielten, und nicht schon als Fohlen verkauften, damit sie besser über die Qualification einzelner Stuten zur Zucht ein Urtheil gewinnen könnten, und dann auch geneigt würden, sich der Vollbluthengste zum Beschälen zu bedienen“.
Der Wink des Landdrosten hatte, vielleicht unbeabsichtigt, einen aktuellen Bezug. Im Frühjahr 1837 war mit Traveller der erste Vollbluthengst in die Deckstation Sudweyhe eingezogen. Geboren wurde er in Mecklenburg. Hierzu Erich Clausen: „Ganz selbstverständlich verwandte man auch das Vollblut nutzbringend in der Mecklenburger Landeszucht. Die hannoversche Zucht, die im ersten Aufbau der Mecklenburger … sehr viel verdankt, nahm natürlich an dieser Zucht ein gewisses 'Vorbild'.“
Travellers Nachfolger Sirius und Scävalo stammten aus Pommern, die seit 1847 in Sudweyhe aufgestellten Hengste Regulator und Doubtful wiederum aus Mecklenburg. Regulator, der bis 1850 in Sudweyhe stand, diente der Zucht 21 Jahre, „er muß also den erwarteten Ansprüchen gerecht geworden sein“, so Erich Clausen. Der bis 1849 auf der Sudweyher Station eingesetzte Hengst Doubtful habe sich, versichert der Chronist und Pferdekenner, einen großen Namen gemacht.
„Mit dieser Vollblutbesetzung“, urteilte Clausen, „konnte die Station Sudweyhe höheren züchterischen Ansprüchen gerecht werden, da blutmäßig sehr viele 'Bindeglieder' geboten waren. Andererseits kamen sie auf eine verhältnismäßig einheitliche Grundlage, so daß sichere Vollblutvererbung möglich war. Leider war die Vollblutepoche in Station Sudweyhe zu kurz, so daß eine seltene Zuchtgelegenheit, die sich infolge einer 'klassischen' Plazierung bot, ungenützt verpaßt wurde!“
Englisches Halbblut für mehr Solidität
Bereits 1850 ging die erste Vollblutperiode auf der Sudweyher Station zu Ende. Das Landgestüt Celle hatte seinen Bestand an Vollbluthengsten reduziert. Im Jahr 1855 kamen sie nur noch auf neun der 63 Deckstationen, die das Landgestüt seit Auflösung des Marstallgestüts unterhielt, zum Einsatz. Sowohl den Züchtern als auch den Landstallmeistern sei bewusst geworden, dass „nichtdosierte Benutzung von Vollblut oft Nachteile im Exterieur und im Temperament bewirkt“, erläutert Arnold Schlie in seinem Standardwerk „Der Hannoveraner“.
Von Celle ausgehend beschritt man einen neuen Weg - mit Vertretern schwerer Halbblutrassen, die wiederum aus England geholt wurden. Sie sollten, so Arnold Schlie, der hannoverschen Zucht „an Solidität und wohl auch an Charakter das zurückgeben, was durch die reichlich wahllose Benutzung von Vollbluthengsten verloren gegangen war“. 1852 schickte das Landgestüt mit Ebor erstmals einen seiner englischen Halbbluthengste nach Sudweyhe. An Bedeutung überragt wurde er von Charley Merry Legs, einem Vertreter der Hackney-Rasse, der hier von 1873 bis 1877 tätig war.
Weitgehende Konsolidierung der hannoverschen Warmblutzucht
Seit den 1850er Jahren befanden sich die sogenannten Nationalhannoveraner auf dem Vormarsch. „Die Mutterlinien hatten einen festen Bau“, schreibt Erich Clausen, und „die ersten größeren Hengstlinien waren züchterisch stark genug“, um sich durchzusetzen. Im Frühjahr 1859 zog zum ersten Mal ein aus der Region stammender Hengst, der in Stedebergen gezüchtete Pharao, auf die Deckstelle Sudweyhe. Hier war er bis 1863 neben jeweils zwei weiteren Landbeschälern tätig. Einen beträchtlichen Teil der landeseigenen Hengste lieferte der Verdener Bezirk nach Celle. In den Jahren 1846 bis 1870 waren es allein neunzig. Sie stammten von Zuchtstuten, die auf den Stationen Oiste, Otersen und Stedebergen gedeckt worden waren.
Füllenschein vom 14. Mai 1886, ausgefertigt von dem Vorsteher der Sudweyher Hengststation, Hasselmann:
„Daß Johann Meier in Habenhausen Stadtgebiet Bremen laut Bedeckungs-Registers der Station Sudweyhe vom Jahre 1855 No 82, eine schimmel-Stute durch den Königlichen Landbeschäler Solo hat bedecken lassen, aus welcher Stute im Jahre 1886 den 18ten März ein Stutfüllen Fuchs recht[e]r hinterfuß weiß gefallen, solches wird hierdurch attestirt.“
Original in Privatbesitz.
Für die Sudweyher Station wurde das Jahr 1864 zum Wendepunkt: Von nun taten hier mehrheitlich Hengste aus inländischer Zucht Dienst. In der Geschichte des hannoverschen Warmblutpferde zeichnete sich eine neue Epoche ab, die schon bald nach der preußischen Eroberung des Königreichs Hannover (1866) einsetzte und bis zum Ende des zweiten Weltkriegs andauern sollte. Sie war geprägt von der weitgehenden Konsolidierung der Zucht, in der vorwiegend einheimische Stämme Berücksichtigung fanden. Zugleich wurde der Anteil der Vollbluthengste massiv zurückgedrängt, so dass er 1900 nur noch bei drei Prozent lag. Nach Ansicht damaliger Experten ausreichend und zweckmäßig. Auch die private Hengsthaltung verringerte sich drastisch, so dass Ende der 1940er Jahre nur noch etwa fünf Prozent der hannoverschen Fohlen auf Privatbeschäler zurückgingen.
Als Zuchtziel propagierte der Celler Landstallmeister Wilhelm Hubert Grabensee (1892-1915) die Erzeugung „eines möglichst starken Warmblutpferdes, das jede Arbeit in der Landwirtschaft verrichten kann, aber auch soviel Blut, Nerv und Gang besitzt, um als starkes Reit- und Wagenpferd Verwendung finden zu können“. Mit anderen Worten: Der Hannoveraner sollte, wie gehabt, auch und nicht zuletzt den Ansprüchen des Militärs genügen.
Zu den herausragenden Errungenschaften der Konsolidierungsphase zählt das 1888 gegründete „Hannoversche Stutbuch für edles Warmblut“. Im fünften Band, der 1913 erschien, finden sich bereits über 4800 Stuten verzeichnet. Große Prüfungen und zugleich Schaufenster für das Zuchtmaterial waren seit 1881 die berühmten Pferderennen in der nunmehrigen preußischen Provinzhauptstadt Hannover. In kleinerem Maßstab fanden ähnliche Veranstaltungen später auch auf dem platten Lande statt. Ihre Organisatoren waren Renn- oder Reitvereine, die sich das Trainieren der Pferde sowie deren Erprobung im Rahmen pferdesportlicher Begegnungen zur Aufgabe gemacht hatten.
Rund um Weyhe lockten vor dem ersten Weltkrieg Flach-, Galopp-, Trab- und Hindernisrennen, die in Okel, Syke, Schwarme, Bassum und Hoya ausgerichtet wurden, nicht nur Pferdeliebhaber und Züchter an. Eingebettet in ein breites Rahmenprogramm wurden die Rennveranstaltungen zu herausragenden gesellschaftlichen Ereignissen mit Tausenden von Besuchern. Sie waren Ausdruck des nahezu ungebremsten wirtschaftlichen Aufschwungs, der unsere Region erfasst hatte.
Um 1905 auf dem Halbmeierhof Brüning in Lahausen: Der künftige Hofbesitzer mit dem besten Pferd im Stall.
Foto: Ralf Schierenbeck-Brüning, Sudweyhe.
Die „fetten Jahre“, von denen die hiesige Landwirtschaft bis zum Ausbruch des „Großen Kriegs“ profitierte, brachten einen Bestandsrekord in der Pferdehaltung. Verantwortlich hierfür war einerseits die Intensivierung der Landwirtschaft, andererseits die Hochrüstung im wilhelminischen Deutschland. Die Zuchtgebiete der alten Grafschaft Hoya belieferten das Heer vornehmlich indirekt, durch Fohlenverkäufe an Remonteaufzüchter in Mecklenburg und in den Marschen an Elbe und Nordsee. Vor allem die Geschäfte mit dem Militär, hieß es später, hätten die Pferdezucht rentabel gemacht. „Die Armee verlangte ein Reitpferd, leichter im Kaliber, aber mit Adel und Nerv. … Das Fahrpferd der Armee wurde etwas stärker im Kaliber verlangt, sonst aber forderte man die gleichen Eigenschaften“, erklärte der Züchter Dietrich Kuhlmann aus Niederboyen in einem 1935 veröffentlichen Pressebeitrag.
Familienidyll mit Pferden. Der Dörgeloh'sche Halbmeierhof (Hausname: Jehanns) in Ahausen um 1910. Am Tisch sitzend: Pächter Johann Heinrich Dörgeloh und seine Ehefrau Magdalene.
Foto: Gemeindearchiv Weyhe.
Die Zuwachsraten der Pferdebestände innerhalb des Kreises Syke schwankten von Ort zu Ort beträchtlich. Hier einige Zahlen aus dem Einzugsgebiet der Sudweyher Hengststation: Während sich zwischen 1892 und 1913 im rennsportbegeisterten Okel die Zahl der gehaltenen Pferde fast verdoppelte, kamen die Gemeinden Sudweyhe, Kirchweyhe und Riede auf 35, 40 und knapp 37 Prozent, wohingegen Leeste, Barrien und Gessel mit 88, 79 und 89 Prozent auftrumpften. Die Landwirtschaft in den Geestdörfern holte auf - angesichts verbesserter Anbaumethoden und durch die Umwandlung der oft weiträumigen Heide-, Bruch- und Moorflächen in Ackerland oder in ertragreiche Wiesen und Weiden. Vorangetrieben wurden die Kultivierungsarbeiten insbesondere durch den verstärkten Einsatz von Kunstdünger und durch den Schweinemastboom, der den Kreis Syke vor dem ersten Weltkrieg erfasst hatte und zu einem führenden Schweineproduzenten im Deutschen Reich machte.
Pferdebestände in der ehemaligen Bauerschaft bzw. Gemeinde Sudweyhe 1758 bis 1913 und im Kreis Syke 1892 bis 1913
Die Hannoveraner im ersten Weltkrieg
Das hannoversche Pferd hatte seit Jahrhunderten an unzähligen Feldzügen teilgenommen, doch auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkriegs erwartete den Vierbeiner seine bis dahin grausamste Feuerprobe. In Syke waren Anfang August 1914 Hunderte von Pferden aus dem zugehörigen Kreisgebiet (den früheren Ämtern Syke, Freudenberg und Harpstedt) gemustert worden. Das Militär habe nur die besten genommen, sie aber gut bezahlt, versichert der Chronist der Syker Volksschule. „Nur die besten“ hieß, dass Dörfer wie Okel auf Anhieb 51 von ihren rund 160 Pferden abliefern mussten, dass plötzlich Zugtiere für die Heuernte und für die bevorstehende Getreideernte fehlten. „Die Leute halfen einander so gut es ging“, heißt es in der Osterholzer Volksschulchronik. Einige Bauern mit zwei Pferden hätten beide hergeben müssen. Andere stellten gemeinsame Gespanne zusammen, um die Erntearbeiten bewältigen zu können.
Der Aushebung in der ersten Mobilmachungswoche sollten weitere folgen. Wer unerschrocken und weniger obrigkeitshörig war, griff zur Selbsthilfe. In der Chronik der Volksschule Syke findet sich eine kurze Notiz vom Frühjahr 1919. „Ein Landmann“ hatte dem Schulleiter anvertraut, er habe „sein Pferd durch einen zwischen Huf und Eisen eingeklemmten kleinen Stein hinkend gemacht“, sei nicht entdeckt worden und habe das Pferd behalten.
Zu Zehntausenden krepierten die treuen Wegbegleiter der Feldgrauen an der Front. Währenddessen hatte die Deckstelle Sudweyhe Hochkonjunktur. Celle versorgte die Station in den Jahren 1916 und 1917 mit jeweils sieben Beschälern, 1918 waren es acht, doppelt so viele wie vor dem Krieg. Sogar ein Vollbluthengst wurde Sudweyhe, nach jahrzehntelanger Abstinenz, erneut zugewiesen: Gallant Fox.
Das „Gasthaus zur Königlichen Deck-Station“ in Sudweyhe um 1914. Das Hauptgebäude fiel im Februar 1924 einem Brand zum Opfer, während die Deckstelle (am rechten Bildrand erkennbar) offenbar unbeschädigt blieb.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
„Im Februar 1918 wurden wieder Pferde gemustert“, notierte Dorfschullehrer Heinrich Stophelmann in die Chronik der kleinen Volksschule Leerßen. „Viele wurden genommen. Die Preise stiegen mächtig, so daß ein kräftiges Arbeitspferd 7000 Mark gekostet“ habe. Für ein weiteres Problem sorgte die kriegsbedingte Zwangsbewirtschaftung. Stophelmann: „Auch gab es Karten, die dazu berechtigten, Hafer für Pferde mahlen zu lassen. Übrigens war den Pferden die Kost sehr mager zugemessen ... von anfangs 4 ½ Pfund auf ... zuletzt 2 Pfund Hafer pro Tag. Man sah in letzter Zeit sehr viele abgemagerte Pferde.“
Die Verluste für die Pferdehaltung der Provinz Hannover, die durch direkte und indirekte Kriegseinwirkungen entstanden, waren beträchtlich. Fast 90.000 Pferde aller Züchtungen endeten an der Front oder in Schlachthäusern – mehr als ein Viertel des Gesamtbestandes.
Eine Aufnahme aus den Jugendjahren des Syker Landrats Albert Wendt, der von 1953 bis 1970 den Vorsitz im „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“ führte. Das Foto entstand auf dem elterlichen Vollmeierhof unweit der Sudweyher Hengststation.
Auf dem 3. Pferd von links: Albert Wendt. Neben ihm sein Bruder Heinrich, Mitglied des 1914 gegründeten Sudweyher Reitclubs. Heinrich Wendt war während des ersten Weltkriegs Leutnant und fiel am 11. August 1918 in Frankreich. Auf dem Pferdegespann: Heinrich von Weyhe, der als Großknecht auf dem Hof arbeitete. Als Frontsoldat fiel er am 16. Oktober 1914 bei Reims.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Neue Grundlagen für eine qualitätvolle Reitpferdezucht
Hektisch und für das strenge züchterische Auge vielfach chaotisch begann der Wiederaufbau der Bestände. Von einer pferdezüchterischen Inflation rund um das hannoversche Warmblutpferd ist oft die Rede. Um den Bedarf auf dem Lande befriedigen zu können, erhöhte das Landgestüt Celle die Zahl seiner Beschäler laufend. In ihrer Ausgabe vom 2. März 1922 berichtet die „Syker Zeitung“: „Der seit Jahren in steter Zunahme begriffene Stutenandrang hatte … die Notwendigkeit ergeben, für die Deckzeit 1922 eine wesentliche Vermehrung der Landbeschäler eintreten zu lassen, wenn nicht dem weiteren Vordringen der Kaltblutzucht auf Kosten der Zucht des edlen hannoverschen Halbblutpferdes und dem Umsichgreifen der Privathengste zweifelhafter Abstammung bewußt Tor und Tür geöffnet werden solle. Unter solchen Umständen war die Zahl der Celler Landbeschäler um 20 Köpfe vermehrt worden, so daß für die bevorstehende Deckzeit 489 Hengste (darunter 12 Vollblüter) zur Verfügung standen.“
Viele Bauern waren auf der Suche nach einem stärkeren Arbeitspferd. Das Kalblut mit belgischer Grundlage schien das Problem zu lösen. Um Orientierungshilfe bemühte sich unter anderen der preußische Oberlandstallmeister Groscurth. Im Februar 1920 erklärte er in einem Interview: „... in fast allen Landesteilen Preußens, die jetzt für die Züchtung von Arbeitspferden für die Landwirtschaft und den Handel in Betracht kommen, haben sich 'Richtungen' gebildet im Kampf der Geister über eine bessere Eignung des Halb- oder Kaltblüters. Um diese Strömungen in ein Bett zu leiten, muß ich vor allen Dingen versuchen, die Züchter dahin zu bringen, daß sie selbst einmal wissen, was sie wollen.“ - Bis 1930 wurde in der Provinz Hannover mit dem vorhandenen Material wild gezüchtet, dann erst erfasste man die besten Kaltblutstuten und schloss sie in einem eigenen Zuchtverein zusammen.
Der 1922 gegründete „Provinzialverband hannoverscher Warmblutzüchter“ hingegen beschwor alte Zuchtmaxime. Zwar sollte der Hannoveraner jede Arbeit in der Landwirtschaft verrichten können, aber er müsse weiterhin über viel Blut und Nerv verfügen. Der Verband, der die verantwortungsvolle Aufgabe übernahm, das Hannoversche Stutbuch zu führen, war einflussreich genug, diesen Zielen Geltung zu verschaffen.
Um sich qualitativ hochwertigen Hannoveraner-Nachwuchs zu sichern, richtete die Celler Gestütverwaltung 1920/21 im früheren Remontedepot Hunnesrück eine staatliche Hengstaufzuchtanstalt ein. Diese Neugründung im Solling und der beträchtliche Zuwachs an Landbeschälern – von 367 am Vorabend des ersten Weltkrieges auf über 500 Mitte der 20er Jahre – führten zur Teilung des Landgestüts Celle. Das 1925 eröffnete Pendant Osnabrück-Eversburg belieferte künftig unter anderem die ehemalige Grafschaft Hoya und den westlich der Weser gelegenen Teil des Kreises Verden. Es hielt später auch Kaltbluthengste für die planvolle Zucht bereit.
Auf der Deckstation in Sudweyhe stellten sich verglichen mit der zweiten Kriegshälfte nur geringfügige Veränderungen ein. War 1920 mit neun Beschälern die Höchstzahl seit Bestehen der Weyher Deckstelle erreicht, wurden 1921/22 wiederum acht Hengste aufgestallt, im folgenden Jahr sieben. Der zahlenmäßige Rückgang bis 1929, als „nur“ noch drei Hengste aus Osnabrück-Eversburg eintrafen, bedeutete jedoch keinen
Verlust an züchterischen Standards. Ganz im Gegenteil, lobte 1932 rückblickend die „Syker Zeitung“, gerade das Sudweyher Stationsgebiet sei als Bezirk des edlen Reitpferds sehr vorangeschritten.
Herausragend war der Vollblüter Ecco, ein sehr schnelles Pferd mit hoher Knieaktion, das, neben anderen Siegen, einen zweiten Platz im deutschen Derby errungen hatte. Der im Hauptgestüt Graditz bei Torgau geborene Fuchshengst war von 1920 bis 1928 in Weyhe aktiv. Kombiniert mit dem älteren Schimmelhengst Amur, 1914-1925 auf der Sudweyher Deckstelle, „schuf er bildschöne Pferde, die für den Reitdienst hochgeeignet waren“, schwärmte die „Syker Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 4. März 1932. Beide, lobte das Kreisblatt, „drückten der Station einen Stempel auf, den man ruhig als Stempel der Qualitätsware bezeichnen darf“. Amur sei die richtige Grundlage für eine qualitätsvolle Reitpferdezucht gewesen. Seine Mutterlinie sei immer noch die edelste der hannoverschen Zucht.
Der Vollbluthengst Ecco, geb. 1914, in Sudweyhe von 1920 bis 1928.
Foto in: Jürgen Hahn-Butry (Hrsg.), Hannovers edles Warmblut, Hamburg/ München/ Neuhaus-Oste 1949, S. 374.
Überschattet wurde die erfreuliche züchterische Entwicklung von einer chronischen Agrarkrise. Zwar meldete der für 1926 erstattete Verwaltungsbericht des Kreises Syke über den lokalen Pferdehandel: „Nach dem guten Material war Nachfrage und wurden auch etwas höhere Preise gezahlt.“ Aber im Allgemeinen sei „die Pferdezucht nach wie vor unrentabel“. Etwas differenzierter fiel der Rückblick auf das Jahr 1929 aus: „Die Aufzucht von Fohlen nimmt einen merklichen Rückgang. Es ist daher für die Zukunft mit einer Steigerung der Preise zu rechnen, während im Berichtsjahr Arbeits- und Durchschnittspferde noch keine besseren Preise erlösen konnten. Für beste Reit- und Turnierpferde sind die Preise gut und ansteigend.“ Die Hoffnungen sollten unerfüllt bleiben. 1931 musste die Syker Kreisverwaltung registrieren, dass angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage „bessere Preise nicht erzielt werden“ konnten, schlimmer noch: Pferde seien „zum Teil unverkäuflich“ gewesen.
Der „Landwirtschaftliche Verein Syke“ als Schirmherr
Der Einzug der Landbeschäler in die Deckstation war der Lokalpresse - zumindest seit den 1920er Jahren - fast immer eine Meldung wert. Die Ende Februar ankommenden Vatertiere hatten einen hohen Symbolwert als erste „Frühlingsboten“. Züchter und Pferdeliebhaber erhielten in den Folgewochen Gelegenheit, an einer Hengstvorführung teilzunehmen und die Pferde zu begutachten.
Solange in Sudweyhe kein Pferdezuchtverein aktiv war, gab hier der „Landwirtschaftliche Verein Syke“ den Ton an. 1855 gegründet, erstreckte sich sein Einzugsbereich auf das frühere Amt Syke. Die Mitglieder zeigten großes Interesse an der Pferdezucht, sie waren zum Teil selbst erfolgreiche Züchter. Als der Vorstand im März 1914 zu einer Besichtigung der Deckstation einlud, kamen fast zweihundert Mitglieder und Freunde des Vereins nach Sudweyhe. Vorsteher August Meyer, berichtet die „Syker Zeitung“, führte die vier „prachtvollen Tiere ‚Amur‘, ‚Welser‘, ‚Lolar‘ und ‚Schwabenland‘“ vor. Sie „erregten allgemeine Bewunderung und jeder war des Lobes voll über dies vorzügliche Material; besonders der erstere, ein Schimmel von arabischer Abkunft, wurde von allen mit hohem Interesse besichtigt“.
Noch beeindruckender als 1914 fiel die kleine „Hengstparade“ am 12. März 1920 aus, zu der wiederum circa zweihundert Besucher erschienen waren. Neun Beschäler aus dem Landgestüt Celle konnten begutachtet und bewundert werden. Mit dabei der inzwischen 17-jährige Schimmelhengst Amur, der „sich immer vorzüglich zu paradieren versteht“, informierte tags darauf die Lokalpresse. Zuerst jedoch „wurde uns der neu hinzugekommene, gut gezogene 3jährige braune Hengst 'Fink' vorgeführt, welcher allseitig wegen seiner schönen Form, Knochenstärke und vorzüglichem Gang Zuspruch fand“, schwärmte der Berichterstatter der „Syker Zeitung“. Alicatur punktete „wegen seines forschen Aussehens und schwungvollen Ganges“. Was schließlich die Vorführung des Vollblüters Ecco betraf, in den große Erwartungen gesetzt wurden, gab es Lob für die Mannschaft der Sudweyher Deckstation. Der Fuchshengst sei dem Publikum im Trab und Galopp „vorzüglich vorgeritten“ worden.
Syker Zeitung, 8. Juni 1920
Im Juni oder Juli, wenn die Hengste kurz vor ihrer Abreise standen oder Sudweyhe bereits verlassen hatten, wurde der Nachwuchs vorgestellt. Die „Stuten- und Stutfüllenschau“ des Jahres 1920 fand am 12. Juni statt. Sie war eine Veranstaltung, die den gesamten Kreis Syke einbeziehen sollte. Die teilnehmenden Züchter kamen jedoch im Wesentlichen aus dem Einzugsgebiet des „Landwirtschaftlichen Vereins Syke“, der die Stuten- und Fohlenschauen damals ausrichtete. Üblicherweise wurden sie im Hauptort des Kreises abgehalten, doch 1920 feierte die Sudweyher Deckstelle ihr hundertjähriges Bestehen, möglicherweise in der Annahme, sie sei 1820 von Kirch- nach Sudweyhe verlegt worden war. Aus diesem Anlass gab es nicht nur eine „Prämienschau der Stuten und Stutfüllen“ auf dem Gelände des v. Schwicheldt'schen Gutshofes, auch die Celler Deckhengste zeigten sich dem Publikum. Am Nachmittag pilgerten die Zuschauer zur Esdohr'schen Weide am Nordrand des Dorfes, wo der „Reitverein Sudweyhe und Umgegend“ seine Gäste mit Reit- und Fahrvorführungen begeisterte. Eine Material- und Leistungsprüfung, die mit der Verleihung wertvoller Ehrenpreise ihren Höhepunkt fand, bildete den Abschluss. „Unter den vorgeführten Pferden befanden sich ganz vorzügliche Tiere, die einen Wettbewerb bei Leistungsprüfungen in Hannover nicht zu scheuen brauchten“, kommentierte die „Syker Zeitung“.
Teilnahmebedingungen
für die „Stuten- und Stutfüllenschau“ (Schau 1. Ordnung) auf dem Syker Schützenplatz am 31. Juli 1919:
„Es dürfen nur solche Pferde und Füllen vorgeführt werden, die stutbuchfähig sind, bei denen also die Abstammung auf mindestens drei Generationen durch Füllenscheine nachgewiesen ist, und bei der sich die Abstammung nur auf Hengste des Haupt- und Landgestüts oder auf Vollbluthengste stützt. Mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse in Syke wird ferner bestimmt, daß Pferde und Füllen vorgeführt werden dürfen, die nachweislich von Celler oder Braunschweigischen Landbeschälern und von Stuten abstammen, die väterlicherseits dieselbe Abstammung nachweisen können. Sämtliche Stuten, mit Ausnahme der einjährigen Füllen, sind mit der Trense vorzuführen, die einjährigen Füllen in Halftern. Stuten sind – falls überhaupt beschlagen – mit gutem Eisen ohne Stollen richtig beschlagen vorzuführen. Auf gute Vorführung wird besonderer Werte gelegt. Die Stuten und Stufüllen müssen ½ Stunde vor Beginn der Schau auf dem Schauplatze versammelt sein. An Standgeld werden für eine Stute 1 Mk., für ein Füllen 50 Pfg. in gleicher Höhe von allen Ausstellern. Nach der Schau findet Aufnahme in das Stutbuch statt.“
(Syker Zeitung, Nr. 6153, Dienstag, 3. Juni 1919)
Im West- bzw. Südwestteil des Kreises Syke, dem Amtsgerichtsbezirk Bassum, agierte der „Landwirtschaftliche Verein Freudenberg“, der eigene Stuten- und Fohlenschauen durchführte. Seit seiner Entstehung (1860) engagierte sich der Verein für die Einrichtung einer Deckstelle im Raum Bassum. Nach langen Bemühungen konnte sie 1919 in Diek eröffnet werden, wo sie jahrzehntelang mit gutem Erfolg betrieben wurde.
Sudweyher Vereinsgründungen zum Wohle der hannoverschen Warmblutzucht
Nach dem ersten Weltkrieg war, durch die Entwicklung im militärischen Sektor und angesichts der Debatten über das „richtige“ Zuchtziel, offensichtlich die Zeit für lokale Vereine gekommen, die sich ganz und gar der Förderung der Pferdezucht verschrieben. Im Kreis Syke machte Bassum den Anfang, als hier Ende 1918 der „Pferdezuchtverein Freudenberg“ gegründet wurde.
Zu Beginn der 20er Jahre hoben Landwirte aus dem Stationsort Sudweyhe und seinem Umland den „Pferdezuchtverein des Kreises Syke“ (seit 1960 „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“) aus der Taufe. Er schloss sich dem 1922 gegründeten „Provinzialverband hannoverscher Warmblutzüchter“ an, der sehr bald organisatorischer Mittelpunkt der hannoverschen Zucht wurde. Der Zusammenschluss von 50 Vereinen mit rund 5000 Mitgliedern „sollte die wirtschaftliche Grundlage für eine einheitliche züchterische Bearbeitung und Auswertung der erfaßten und zu erfassenden Zuchtvorgänge bilden und zugleich den Absatz fördern“, schreibt der spätere Geschäftsführer Arnold Schlie. Dabei verfolgte der Verband das Ziel, den Züchtern ein unmittelbares Mitbestimmungsrecht in allen Fragen der hannoverschen Zucht einzuräumen.
Die erste Satzung des Pferdezuchtvereins datiert vom 1. März 1922. Den Vorsitz übernahm für kurze Zeit der Sudweyher Landwirt Albert Esdohr, sein Stellvertreter wurde Friedrich Lahrs aus Lahausen. Beide waren Gründungsmitglieder des 1914 entstandenen „Reitklubs Sudweyhe und Umgegend“, in dem Albert Esdohr ebenfalls das Amt des ersten Vorsitzenden innehatte.
Albert Esdohr.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Den Anstoß zur Bildung des Reitklubs, möglicherweise auch des Pferdezuchtvereins, hatte der damalige Vorsteher der Deckstation, August Meyer, gegeben. Dass als aktive Mitglieder zunächst nur Reservisten, die bei der berittenen Truppe gedient hatten, in die kleine Reiterschar aufgenommen wurden, entsprach ganz dem militaristischen Zeitgeist des Wilhelminischen Deutschland. Sämtliche Mitglieder, wird berichtet, seien 1914 nach Kriegsausbruch einberufen worden. Kaum gegründet, ruhte die Tätigkeit des Vereins. Erst 1919 wurde der Reitklub (später „Reitverein Sudweyhe und Umgegend“) reaktiviert.
Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend e.V.
um 1922 „Pferdezuchtverein des Kreises Syke“
um 1948/ „Pferdezuchtverein für den Kreis Syke und im
bis1960 Bremer Gebiet“
seit 1960 „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“
1. Vorsitzender
1922-1923 Albert Esdohr, Sudweyhe
1923-1953 Johann Meyer, Okel
1953-1970 Albert Wendt, Riede
1970-1992 Heinrich Mysegades, Brinkum
1993-2012 Heinz-Hermann Schierenbeck, Leeste
seit 2012 Harm Kleemeyer, Sudweyhe
Stellvertretender Vorsitzender
1922-1945 Friedrich Lahrs, Lahausen
1949-1953 Albert Wendt, Riede
1953-1964 Ernst Philipps, Osterholz
1964-1970 Heinrich Oetjen, Sudweyhe
1970-2005 Heinrich Meyer, Osterholz
2005-2009 Harm Kleemeyer, Sudweyhe
2009-2012 Lutz Seekamp, Horstedt/Weser
seit 2012 Dirk Wahlers, Leeste
Geschäftsführer/in (früher: Schrift- und Kassenwart)
1922-1923 Johann Garbs, Sudweyhe
1923-1964 Johann Niemeyer, Lahausen
1964-1970 Ernst Philipps, Osterholz
1970- 1991 Hans-Hermann Niemeyer, Lahausen
1991-1993 Heinz-Hermann Schierenbeck, Leeste
1993-1999 Annelene Meyer, Kl. Henstedt
1999-2012 Melanie Weseloh, Leeste
seit 2012 Nadine Pape, Kirchweyhe
Jugensprecher/in
1988-1993 Annelene Meyer, Kl. Henstedt
seit 1993 Hans-Karl Budelmann u. Ralf Fechner
Ehrenvorsitzender
1970-1980 Albert Wendt, Riede
Mitglieder
1949 (31.12.) 248
1950 (31.12.) 211
1951 (31.12.) 193
1952 (31.12.) 168
1953 (31.12.) 150
1954 (31.12.) 144
1956 (31.12.) 128
1957 (31.12.) 119
1958 (31.12.) 121
1959 (31.12.) 118
1960 (31.12.) 114
1961 (31.12.) 117
1973 (08.03.) 93
1979 (14.02.) 101
1983 (16.03.) 110
1992 (05.03.) 172
1994 (02.03.) 169
1998 (31.12.) 186
1999 (12.12.) 184
2001 (04.12.) 173
2008 (30.12.) 158
2015 137
Pferdezucht- und Reitverein arbeiteten Hand in Hand. Das fand seinen sichtbarsten Ausdruck in einer Reihe von Doppelmitgliedschaften und natürlich in der Person von Albert Esdohr. Entscheidend war jedoch, dass beide Zusammenschlüsse hinter dem vom „Provinzialverband hannoverscher Warmblutzüchter“ propagierten Zuchtziel standen. Hierdurch und durch die enge Kooperation mit der Sudweyher Deckstelle stützten sie die Arbeit des zuständigen Landgestüts.
1920: Reitabteilung des Sudweyher Reitvereins auf dem Hof Esdohr (Hausname: Kops) in Sudweyhe. Links im Bild der Vereinsvorsitzende Albert Esdohr.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Der „Landwirtschaftlicher Verein Syke“ hingegen zog sich ein Stück weit zurück. Auf einer Generalversammlung wurde am 16. März 1922 bekannt gegeben, dass ab sofort die Stuten- und Fohlenschauen Sache des Pferdezuchtvereins sein sollten. Der nahm daraufhin die anstehende „Stut- und Stutfüllenschau“ in die Hand. Am 25. Juli fand sie in Sudweyhe statt, in „Esdohrs Weide“, die sich bereits als Turnierplatz des Reitvereins bewährt hatte.
Syker Zeitung, Sonnabend, 17. Juni 1922.
Die Bekanntmachung enthält einen Druckfehler. Sie wurde auf den 15. Juli 1922 datiert, tatsächlich war sie von Johann Garbs, dem Schriftführer und Kassenwart der Vereins, am 15. Juni abgefasst worden.
Johann Garbs, links im Bild, war der erste Schriftführer des Sudweyher Pferdezuchtvereins. Das Foto entstand in den Jahren vor dem ersten Weltkriegs auf dem Garbs'schen Gehöft an der Sudweyher Dorfstraße.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Die Reit- und Fahrschulen: Garanten alter Zuchtziele
Hoch im Kurs stand die traditionelle Vielseitigkeit des hannoverschen Warmblutpferdes bei den Reit- und Fahrschulen bzw. bei den Reit- und Fahrvereinen, die in den 1920er Jahren zu großer Blüte gelangten. Unübersehbar ist der Zusammenhang mit der Schrumpfung der deutschen Bodentruppen auf ein 100.000-Mann-Berufsheer, die von den Siegermächten erzwungen worden war. Das Heer des Hohenzollernreiches hatte nicht nur bei der Bestimmung der Pferdezuchtziele eine wichtige Rolle gespielt, es war auch für die Ausbildung am und mit dem Pferd die Schule der Nation gewesen, denn natürlich hatten Bauernsöhne und zukünftige Züchter, hatten Pferdefreunde und Reitsportbegeisterte überwiegend Militärdienst geleistet. Das zusammengestutzte Berufsheer der Weimarer Republik konnte solche Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.
Alte und neu gegründete Reitvereine, von denen es etliche in der Grafschaft Hoya gab, widmeten sich nun einer breiteren Ausbildung der Landjugend am Pferd. Das gilt auch für den Sudweyher Reitverein, der 1919 den Unterricht aufnahm und schon im nächsten Jahr sein erstes Turnier ausrichtete. Um die Ausbildung zu intensivieren, eröffnete er 1922 eine Reit- und Fahrschule in Okel. Alle neu aufgenommenen und alle aktiven Vereinsmitglieder unter 25 Jahren mussten dort einen Kursus absolvieren. Seit 1925 wurde die Schule gemeinsam von den Reitvereinen in Brinkum, Heiligenfelde, Okel und Sudweyhe unterhalten.
Gelassenheitsprüfung auf der Esdohr'schen Weide in Sudweyhe in den 1920er Jahren.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
In den ersten Jahren erteilten zwei altgediente Kavalleristen aus dem kaiserlichen Heer den Unterricht: Wachtmeister Janssen und Leutnant a.D. Gerbert, der früher an der Kavallerieschule in Hannover als Lehrer tätig gewesen war und später die Leitung der Reit- und Fahrschule Hoya übernahm. An den mehrwöchigen Kursen nahmen etwa zwanzig junge Männer teil, die zumeist aus Bauernfamilien stammten. Sie brachten eigene oder geliehene Pferde ebenso mit wie ihr Putzzeug und Hafer für die Tiere. Ein höherer Offizier inspizierte von Zeit zu Zeit die Ausbildungsstätte, in der Kommissdrill an der Tagesordnung war und der harsche Ton des Herrn Leutnant a.D. durchaus nicht jedem gefiel. Kein Problem für den Osnabrücker Landstallmeister Theodor Korndorff. In den Reit- und Fahrschulen, ließ er 1926 verlauten, würde „der junge Mann auch Gehorsam, Pünktlichkeit und Sinn für Ordnung und Disziplin“ lernen, „die ihm sein ganzes Leben lang von größtem Nutzen sein werden“. Dass es bei alledem nicht zuletzt um die Wehrertüchtigung junger Männer ging, lag auf der Hand: Die Reit- und Fahrschulen waren Teil des paramilitärischen Netzwerkes in der Weimarer Republik, das mit der Reichswehr in Verbindung stand. Und eines waren sie gewiss nicht: Lernorte, die geprägt waren von Tugenden einer parlamentarischen Demokratie.
Die Okeler Einrichtung wurde 1928 nach Sudweyhe verlegt, wo der örtliche Reitverein schon 1925/26 eine Halle errichtet hatte. Gleich nebenan fanden Schüler und Pferde in einer eigens für die Reit- und Fahrschule umgebauten Scheune Unterkunft. Die neue Ausbildungsstätte unterstand dem „Kreisreiterverband Syke“, dem sich acht Vereine angeschlossen hatten. Das Amt des Verbandsvorsitzenden übernahm - wieder einmal - Albert Esdohr. Zu den erklärten Zielen des Verbandes gehörte wie selbstverständlich die „Förderung und Verbreitung der Zucht des Hannoverschen Halbblutpferdes“.
Die Reit- und Fahrschule Sudweyhe mit der 1925/26 errichteten Reithalle. Eine Aufnahme aus den späten 1930er Jahren.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
1928: Viererzug der Reit- und Fahrschüler in Sudweyhe.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Um 1930 vor der Sudweyher Reit- und Fahrschule: Kursteilnehmer mit Reitlehrer Tetzlaff.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Die bis in die späten 30er Jahre bestehende „Kreis-Reit- und Fahrschule Sudweyhe“ hielt jährlich zwei Kurse ab. Sie erstreckten über jeweils drei Monate. Die Ausbildung war zwar nicht kostenlos, wurde aber so preiswert wie möglich angeboten. Unterricht erteilt wurde im Reiten, Fahren und Voltigieren, in der Pferdepflege, im Fußdienst und „allen das Pferd betreffenden Fragen“.
Zu den erklärten Zielen der Schule gehörte die „Förderung der hannoverschen Warmblutzucht, die ohne ausgebildete Reiter und Fahrer nicht existieren“ könne und durch die Ausbildung junger Pferde lukrativer gemacht werden sollte. Um den letztgenannten Aspekt deutlicher zu machen: Junge Pferde, die zugeritten und im Fahrbetrieb ausgebildet waren, fanden mehr Käufer und erzielten höhere Preise. Angesichts der Absatzprobleme Ende der 1920er und Anfang der 30er Jahre ein weiterer wichtiger Faktor für den Aufbau und die Unterstützung der Reit- und Fahrschulen, aber auch der Reit- und Fahrvereine.
Um die Ausbildung innerhalb des Sudweyher Reitvereins kümmerte sich seit 1925 ein Polizeioffizier, den General Caspari, Chef der Bremer Schutzpolizei, zur Verfügung stellte. Wieder beherrschte militärischer Drill den Reitunterricht, galten Befehl und Gehorsam als unbedingte Voraussetzung für Turniererfolge. Auf Caspari gehen auch die bekannten Sudweyher Hubertusjagden zurück, die bis 1933 als Fuchsschwanzjagden ausgerichtet wurden.
Auf dem Sudweyher Gutshof in den 1950er Jahren: Mitglieder des Sudweyher Reitvereins beim „Stelldichein“ zur Hubertusjagd.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Im „Dritten Reich“
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, insbesondere nach dem Austritt aus dem Völkerbund im Oktober 1933, wurde die Wiederaufrüstung Deutschlands forciert. Bald schon zeigten sich sowohl direkt als auch indirekt Auswirkungen auf die hiesige Pferdezucht. Im Februar 1934 schickte das Landgestüt Osnabrück wieder vier statt drei Beschäler nach Sudweyhe, unter ihnen den dunkelbraunen Gleitflug. „Ein untersetzter, tiefer Hengst mit sehr viel und korrektem Gang, mittelschwer, ein rechter Remontehengst, wovon in den nächsten Jahren hoffentlich recht viele wieder gebraucht werden können“, orakelte die „Syker Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 1. März 1934. Als Gleitflug 1937 zum wiederholten Male die Sudweyher Deckstation bezog, konnte die Lokalpresse melden: „Seine Nachkommen, die erst zweijährig werden, versprechen ebenfalls einen hohen züchterischen Wert und als Heeresremonte eine Klasse für sich zu werden.“ Durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935, die im Versailler Vertrag untersagt worden war, hatte die Aufrüstung eine neue Qualität erreicht. Die von den braunen Machthabern in „Wehrmacht“ umbenannten Streitkräfte hatten trotz der Motorisierung ihrer Einheiten einen steigenden Bedarf an Pferden.
Vor der Sudweyher Deckstation im Februar 1939: Die Landbeschäler Ansturm, Gleitflug, Feinschnitt II und Anführer I sind aus dem Landgestüt Osnabrück-Eversburg eingetroffen. Die Züchter und der Deckstellenleiter, Friedrich Rohde, feiern Jubiläum.
Foto: Eickhorst.
Im August 1939 bereitete das nationalsozialistische Regime den deutschen Überfall auf Polen vor, der den Zweiten Weltkrieg auslösen sollte. Nachdem in der Nacht vom 25. auf den 26. August 1939 unzählige Wehrpflichtige ihre Gestellungsbefehle erhalten hatten, begannen die Pferdemusterungen. „Heute wurde das Heu bis in die späte Nacht gefahren“, notierte der Osterholzer Dorfschullehrer Wilhelm Sudenn in sein Tagebuch, „denn morgen müssen etwa 16 Pferde nach Syke abgegeben werden.“
Am 27. August nahm in Syke, inzwischen Verwaltungssitz des neu geschaffenen Kreises Grafschaft Hoya, die Pferdebeschaffungskommission X/115 ihre Arbeit auf. „Eine große Anzahl von Pferden aus der Stadt und den umliegenden Orten wurde … beim Gasthaus ‚Deutsche Eiche‘ vorgeführt und angemustert“, berichtet der Syker Volksschul- und Museumsleiter Bernhard Dierking, der in der Kommission Dienst tat. Wieder, wie schon zu Beginn des ersten Weltkriegs, stellte sich in vielen landwirtschaftlichen Betrieben ein empfindlicher Mangel an Arbeitspferden ein. Wieder musste in der Ernte und bei der anschließenden Feldbestellung improvisiert werden.
Bernhard Dierking zog in den folgenden Monaten mit seiner Kommission über Land, um neben weiteren Pferden auch Wagen und Pferdegeschirr aufzukaufen. Währenddessen bereiteten sich die Landgestüte auf höhere Zuweisungen von Beschälern vor. Am 27. Februar 1940 trafen auf der Sudweyher Station fünf Hengste ein. Die Deckstelle, informierte die Syker Lokalpresse, habe „vom Vorjahre her gute Ergebnisse melden können“, sie werde „auch in diesem Jahre ihre züchterische Aufgabe erfüllen, besonders da die Wehrmacht dringend Warmblutpferde im Kriege wie im Frieden braucht“.
Im Sudweyher Zuchtgebiet konnten die Landwirte, obgleich im Verlauf des zweiten Weltkrieges mehrfach Pferdemusterungen durchgeführt wurden und Beschlagnahmungen erfolgten, die anfänglichen Substanzverluste weitgehend ausgleichen. Hier zeigte sich, dass die Reichsführung zumindest aus den Folgen der vielfach desaströsen Lenkungsmaßnahmen im „Großen Krieg“ ihre Lehren gezogen hatte. - Die 88 Pferdehalter der Gemeinde Sudweyhe verfügten um die Jahreswende 1944/45 über 212 Pferde. Ein Ergebnis, das von den Rekordzahlen der unmittelbaren Nachkriegsjahre nur geringfügig übertroffen werden sollte.
Pferdeboom in den Nachkriegsjahren
Trotz kriegsbedingter Verluste überstand die hannoversche Warmblutzucht den zweiten Weltkrieg mit wesentlich geringeren Bestandsrückgängen, als sie im Krieg 1914-18 eingetreten waren. An guten Stutenstämmen sei so gut wie keine Einbuße erfolgt, glauben Fachleute. Stürmische Entwicklungen kennzeichneten den Weg der hannoverschen Warmblutpferde durch die deutsche Nachkriegszeit. Bis 1949 stiegen die Pferdezahlen auf nie gekannte Höhen. Verantwortlich hierfür war unter anderem der durch den herrschenden Fahrzeug- und Kraftstoffmangel erzwungene Rückgriff auf Zugtiere. Darüber hinaus hatten mit den Flüchtlingstrecks aus dem Osten unzählige Pferde Niedersachsen erreicht.
Die Sudweyher Hengststation arbeitete wie schon in den Kriegsjahren mit großer Besetzung, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Unter den zeitweise sieben Beschälern stachen Feinschnitt II, Jahrgang 1933, und der sechs Jahre jüngere Axtmann I hervor. Der dunkelbraune Feinschnitt II, geboren in Altenbruch (Land Hadeln) und aufgezogen im Gestüt Hunnesrück, war erstmals 1937 nach Sudweyhe gekommen. Er sei „ein wirklich praktischer Hengst mit idealem Körper und vorzüglichen Sprunggelenken“, urteilte damals die „Syker Zeitung“ und versprach, er werde seinem Vater, dem großen Vererber Feiner Kerl, alle Ehre machen.
Feinschnitt II, geb. 1933.
Foto in: Jürgen Hahn-Butry (Hrsg.), Hannovers edles Warmblut, Hamburg/ München/ Neuhaus-Oste 1949, S. 434.
Bis 1948 war Feinschnitt II in jeder Decksaison vertreten. Tatsächtlich erfüllte er die in ihn gesetzten Erwartungen, mehr noch: Er verhalf der Sudweyher Station zu einer weiteren Blütezeit und machte sie unter Pferdekennern zu einem Begriff. „Sehr tiefe, massige Stuten mit Linie und viel Typ stehen schon in großer Zahl auf den Höfen des Zuchtbezirks als seine Töchter“, berichtete 1949 Hans Joachim Köhler, Mitautor von „Hannovers edles Warmblut“. Für „diese schweren, ausgeglichenen Mutterstuten“, fügte er hinzu, sei rechtzeitig der geeignete Partner in Axtmann I gefunden worden. Der hellbraune Landbeschäler Axtmann I erwies sich als höchst erfolgreiches Vatertier. Im Gestüt Hunnesrück aufgezogen, wurde er von 1943 bis 1956 in Sudweyhe eingesetzt und konnte sich hier „das Vertrauen eines großen Züchterkreises erwerben“, wie einer Pressemeldung vom Februar 1955 zu entnehmen ist.
Axtmann i, geb. 1939.
Foto in: Jürgen Hahn-Butry (Hrsg.), Hannovers edles Warmblut, Hamburg/ München/ Neuhaus-Oste 1949, S. 435.
Auf seiner Jahreshauptversammlung am 10. März 1950 feierte der hiesige Pferdezuchtverein die Sudweyher Deckstelle als „eine der erfolgreichsten Stationen“ in Niedersachsen. Der langjährige Vereinsvorsitzende Johann Meyer erklärte, die 1949 veranstaltete Tierschau in Twistringen habe eindeutig bewiesen, dass die Station Sudweyhe, die in jeder Klasse die Spitzenpferde stellte, leistungsfähig und führend in der heimischen Pferdezucht sei. - Noch am selben Tag präsentierte Deckstellenleiter Friedrich Rohde, während der alljährlichen Hengstvorführung, die aus dem Landgestüt Osnabrück eingetroffenen Beschäler. Zum ersten Mal dabei war der rheinisch-belgische Kaltbluthengst Graf v. Burghof. Er folgte dem Kaltblüter Aranda, den das Landgestüt 1949 auf ausdrücklichen Wunsch des Sudweyher Pferdezuchtvereins geschickt hatte. Ein erneuter Tribut an diejenigen Züchter, die auf Verstärkung des Pferdematerials drängten. Allerdings kamen die beiden Kaltblüter wohl dosiert zum Einsatz; schon 1954 kehrte Graf v. Burghof nicht mehr nach Weyhe zurück.
Die für 1949 vorgesehene Besetzung der Deckstellen Diek, Hoyerhagen, Ochtmannien und Sudweyhe. Bekanntmachung im „Amtlichen Verordnungsblatt für den Kreis Grafschaft Hoya“ vom 26. Februar 1949.
Der Pferdezuchtverein hatte von dem Aufwärtstrend in der örtlichen Deckstation profitiert. Ende 1949, im Gründungsjahr der Bundesrepublik Deutschland, zählte er 248 Mitglieder, so viele wie nie zuvor. Sein Einzugsbereich erstreckte sich im Wesentlichen auf die heutigen Gemeinden Stuhr und Weyhe, die jetzige Stadt Syke, auf Riede, Felde und Heiligenbruch sowie auf das südliche Landgebiet der Hansestadt Bremen. Die Mitglieder pflegten einen intensiven Erfahrungsaustausch mit benachbarten Vereinen und organisierten Besichtigungsfahrten, um sich beispielsweise über die Arbeit in anderen Deckstationen zu informieren.
Trecker auf dem Vormarsch, Flaute in der Pferdezucht
Schon 1949 zeichnete sich ab, dass der Zenit in der Pferdehaltung überschritten war. Beinahe beschwörend klangen auf der Jahreshauptversammlung im März 1950 die abschließenden Worte des Vereinsvorsitzenden Johann Meyer: „Das Pferd ist nach wie vor der wichtigste Helfer unserer Landwirtschaft“. - Der Pferdeboom der Notjahre war bereits verebbt. Das zeigten auch die Ergebnisse der Sudweyher Hengststation. Wurden hier 1947 fast sechshundert Stuten gedeckt, waren es 1952 noch 153. Die Zahl der Pferde aller Rassen sank im Landkreis Grafschaft Hoya zwischen 1949 und 1967 von rund 14.500 auf 3400. Nicht besser sah es in den Landgestüten aus, deren Deckziffern 1960 den absoluten Tiefpunkt erreichten. Die Konsequenz: Das Landgestüt Osnabrück-Eversburg und das Braunschweiger Gestüt Harzburg wurden aufgelöst, die ohnehin schon reduzierten Hengstbestände und das Personal nach Celle überführt. Damit gehörten die Deckstationen in der alten Grafschaft Hoya wieder zum Landgestüt Celle.
Pferde und Schlepper im Landkreis Grafschaft Hoya |
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landw. Betriebe über 0,5 ha |
Pferde |
Schlepper |
1933 |
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12 795 |
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1935 |
12 929 |
|
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1938 |
|
13 521 |
|
1945 |
|
13 838 |
|
1947 |
|
14 035 |
|
1949 |
10 010 |
14 522 |
412 |
1950 |
|
14 139 |
572 |
1951 |
9 734 |
|
|
1955 |
|
ca. 10 600 |
826 |
1959 |
|
ca. 9 000 |
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1960 |
8 609 |
|
|
1967 |
ca. 7 300 |
ca. 3 400 |
6 181 |
1969 |
|
2 542 |
6 612 |
Im März 1953 übernahm Albert Wendt, der neben seiner Funktion als Landrat des Kreises Grafschaft Hoya eine Vielzahl öffentlicher Ämter bekleidete, den Vorsitz im Pferdezuchtverein. Der passionierte Reitsportler und Pferdezüchter aus Riede hatte bereits seit mehreren Jahren dem Vorstand angehört und trat die Nachfolge des verstorbenen Okeler Landwirts Johann Meyer an. Auf der am 6. März 1953 anberaumten Jahreshauptversammlung forderte er die Züchter und den jungen Reiternachwuchs auf, die Tradition der hannoverschen Pferdezucht „trotz der augenblicklichen Flaute“ weiterhin zu pflegen und sie nicht aus materiellen Gründen fallen zu lassen.
Landrat Albert Wendt,1953 bis 1970 Vorsitzender des Sudweyher Pferdezuchtvereins.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Als Gastreferent trat Wilfried Pabst, Geschäftsführer des Landesverbandes der niedersächsischen Reit- und Fahrvereine, auf. Er forderte zum Nutzen der Gesamtzucht eine intensiv betriebene Qualitätssteigerung durch Züchtung von guten Stuten, wohingegen das weniger leistungsfähige Material „mit der Zeit auszusondern“ sei. Neben allen züchterischen Einsichten, führte Pabst aus, komme es vor allem auf die idelle Einstellung an, auf die Begeisterung für das Pferd, für Reiten und Fahren. „In diesem Sinne“, informierte die Syker Lokalpresse, „trat er für ein enges Zusammengehen von Züchtervereinigungen und Reitervereinen ein; beide hätten das gleiche Ziel: das leistungsstarke, züchterisch gute und vielseitige hannoversche Pferd.“ Kein Neuland für Sudweyher Reiter und Züchter, die dieses Ziel seit den frühen 1920er Jahren gemeinsam verfolgt hatten.
Die Zahl der von Osnabrück nach Sudweyhe beorderten Hengste sank kontinuierlich, von sechs auf vier in 1952, im Folgejahr auf drei und 1961 auf nur noch zwei Landbeschäler. Umso mehr punkteten der bewährte Axtmann und von 1953 bis 1960 der bunte Fuchshengst Domänenrat als viel beachtete Vererber. Domänenrats erste „Jährlinge sind schneidig und haben seinen schwungvollen Gang geerbt“, lobte 1955 der Brinkumer „Allgemeine Anzeiger“. Einen nachhaltigen Eindruck hinterließen die Töchter des Fuchshengstes auf den 1957 in Sudweyhe und Diek, Ochtmannien und Hoyerhagen veranstalteten Stutenschauen. Gleich mehrere Stuten konnten sich erste Plätze sichern.
Große Hoffnungen setzte die hiesige Züchtergemeinde auf den Apfelschimmel Kurland. Albert Wendt und der damalige Geschäftsführer des Pferdezuchtvereins, Johann Niemeyer, hatten sich für den Neuzugang des Jahres 1955 stark gemacht. „Der Grauschimmel fand freudigen Beifall“, textete der „Allgemeine Anzeiger“. „Seine Abstammung von einem Anglo-Araber-Vollblut und einer hannoverschen Warmblutstute ist erstklassig; der vierjährige Hengst hat einen breiten und tiefen Bau, einen ausgezeichneten, energischen Gang, sieht robust und doch nervig aus. Es ist anzunehmen, daß er sich so hervorragend wie seine Eltern vererben wird. Man hält ihn für trefflich geeignet, um den Adel unserer schweren Stuten zu verjüngen.“ In Ihrer Ausgabe vom 5. März 1955 beschreibt die „Kreiszeitung für die Grafschaft Hoya“ den Sohn des Araberhengstes Kurde als „schönen, muskulösen Schimmelhengst mit viel Fundament. Schwungvolle Gänge und ein guter Adel machen ihn zu einem geschmackvollen Beschäler von Qualität.“ - Kurland wurde dreimal nach Sudweyhe geschickt, doch von der anfänglichen Euphorie ist in späteren Presseberichten nichts mehr zu spüren. Man habe ihn schließlich wieder abgeben müssen, „weil die Zuchtergebnisse im Großen und Ganzen enttäuschten“, gab Albert Wendt bekannt.
Ernö und Domänenrat – zwei Landbeschäler als Krisenmanager
Auf der Jahreshauptversammlung des Sudweyher Pferdezuchtvereins am 24. März 1955, die wie üblich in Voßmeyers Gasthaus stattfand, gaben sich die Redner verhalten optimistisch. Die Krise in der Pferdezucht gehe zu Ende, behauptete Dr. Arnold Schlie, Geschäftsführer des „Verbandes hannoverscher Warmblutzüchter“. Gute Pferde seien bereits knapp. Das Ausland zeige lebhaftes Interesse für das hannoversche Pferd. Allerdings würden die inzwischen leicht angehobenen Preise noch immer keine Rendite abwerfen, sondern gerade mal die Aufzuchtkosten decken.
Albert Wendt verwies auf die „zur Zeit … gute Nachfrage nach Verkaufs- also Reitpferden“. Damit diese jedoch „ihren Wert einbringen“, müssten sie „wenigstens 'angeritten' sein“. Was die Lokalpresse darüber hinaus zitierte, wirkt rückwärtsgewandt, realitätsfern: „Der Vorsitzende … führte aus, es komme darauf an, das alte Zuchtziel des Hannoverschen Warmbluts als eines starken, tiefen und breiten Pferdes und dessen alte, bewährte Stämme fest ins Auge zu fassen … Dreiviertel aller hannoverschen Pferde würden ... als Gebrauchspferde verwendet, und deshalb müsse das Ziel eines genügend Gewicht bringenden, allen Wirtschaftsanforderungen gewachsenen Tieres unbedingt hochgehalten werden. Auf diese Weise sei der Verein in allen Prüfungen an die Spitze der Auszeichnungslisten gelangt.“
Auf dem Kirchweyher Geestfeld um 1960: Getreideernte mit Pferdeeinsatz.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Vielleicht verstellte die Tatsache, dass auf den Dörfern nach wie vor beachtliche Pferdebestände anzutreffen waren, den Blick auf die Dynamik der Technisierung, von der viele bäuerliche Betriebe bereits erfasst worden waren. Dass der Typ des Wirtschaftspferdes in absehbarer Zeit nur noch eine untergeordnete Rolle spielen würde, lag ganz offensichtlich außerhalb der Vorstellungskraft des Kommunalpolitikers und Verbandsfunktionärs Albert Wendt. Doch schon innerhalb des folgenden Jahrzehnts sollten in seinem Heimatkreis die landwirtschaftlich genutzten Arbeitspferde zum großen Teil durch Traktoren ersetzt werden.
Pferdebestände in der früheren Gemeinde Sudweyhe (Sudweyhe, Ahausen und Jeebel) – 1940 bis 1971
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Beschäler auf der Deckstelle Sudweyhe
(Febr.-Juli)
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Vieh-zählung vom …
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Haus halte mit Pferde-haltung
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Pferde
gesamt
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Fohlen
unter 1 Jahr
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Jung-tiere
1 Jahr bis noch nicht 2 J. |
Jung-tiere
2 Jahre bis noch nicht 3 J. |
1940 |
5 |
3.12.1940 |
|
195 |
13 |
11 |
11 |
1941 |
? |
3.12.1941 |
|
201 |
12 |
13 |
12 |
1942 |
? |
3.12.1942 |
|
212 |
16 |
12 |
16 |
1943 |
? |
3.12.1943 |
|
209 |
11 |
16 |
16 |
1944 |
? |
4.12.1944 |
|
207 |
15 |
13 |
17 |
1945 |
? |
25.9.1945 |
|
231 |
18 |
16 |
10 |
1950 |
6 |
2.12.1950 |
94 |
229 |
17 |
26 |
12 |
1951 |
6 |
3.12.1951 |
94 |
228 |
9 |
32 |
|
1956 |
3 |
3.12.1956 |
90 |
193 |
15 |
18 |
|
1959 |
3 |
3.12.1959 |
94 |
180 |
13 |
18 |
|
1968 |
2 |
3.12.1968 |
50 |
83 |
9 |
7 |
|
1970 |
2 |
3.12.1970 |
42 |
69 |
4 |
14 |
|
1971 |
2 |
3.12.1971 |
34 |
59 |
7 |
8 |
Die Saison des Jahres 1957 schloss auf der Sudweyher Hengststation mit einem leichten Plus gegenüber dem Vorjahr ab. Insgesamt 98 Stuten waren hier bis Mitte Juli gedeckt worden. Der Grund für den zehnprozentigen Anstieg: Reit- und Gebrauchspferde standen wieder etwas höher im Preis und wurden rege nachgefragt. Außerdem waren die Züchter überaus zufrieden mit der Nachkommenschaft der drei Landbeschäler.
Zum ersten Mal hatte der 1954 geborene Rapphengst Ernö Einzug in die Deckstelle gehalten. Niemand ahnte, dass er zu einem der herausragenden Typvererber nach dem zweiten Weltkrieg werden sollte. Hierzu einige bemerkenswerte Hinweise von Arnold Schlie und Hans Löwe aus dem Jahr 1975: „Ernö* trat züchterisch in den Jahren 1970 und 1972 besonders dadurch in den Vordergrund, daß auf den DLG-Schauen dieser Jahre Ernö-Töchter zu höchsten Ehren kamen. … Leider wurden Ernö und seine Nachkommen vielfach mangelnde Reiteigenschaften nachgesagt, vermutlich als Erbteil des überwiegend im Wirtschaftstyp stehenden Vaters Astflug. Dabei ist Ernö sicherlich im Hinblick auf seine Leistungsvererbung auch ein Opfer zu starker Verallgemeinerungen geworden. Man übersah geflissentlich, daß Fugosa, die Mutter …, einmal zu den Spitzenpferden des deutschen Springsports gehört hatte. Gerade sie hat die Typvererbung des Ernö offensichtlich sehr positiv beeinflußt. Warum sollte das auf die Leistung nicht zutreffen? 142 für den Turniersport eingetragene Nachkommen sind ein Beweis dafür, daß Ernö auch dem Sport zahlreiche Pferde geliefert hat.“ Bleib nachzutragen, dass es nach einer aktualisierten Statistik sogar 210 Turnierpferde waren.
Ernö, geb. 1954.
Foto in: Arnold Schlie, Der Hannoveraner, neubearb. v. Hans Löwe, 2. Aufl. München/ Bern/ Wien 1975, S. 63.
Auf den Deckbetrieb in Sudweyhe hatte die Stationierung des Astflug- und Fugosa-Sohnes in Kombination mit Domänenrat einen nachhaltigen Einfluss. Während andere Deckstellen schließen mussten, weil dort das Aufstellen von Beschälern nicht mehr rentabel war, registrierte man auf der Sudweyher Hengststation eine „klare Wiederbelebung der Zucht“. Die Saison 1959 könne als sehr gut bezeichnet werden, bilanzierte der Geschäftsführer des Pferdezuchtvereins, der Lahauser Landwirt Johann Niemeyer.
Es ging wieder aufwärts, auch deshalb, weil Ernö und Domänenrat für Schlagzeilen sorgten. Im Frühjahr 1960 wurde bekannt, dass der sechsjährige Ernö nach vielen Vorbesichtigungen als Kandidat für die DLG-Schau in Köln ausgewählt worden war. Zwar durfte der Rapphengst am Ende nicht nach Köln reisen, doch für das Zuchtgebiet in und um Weyhe war schon die bloße Nominierung eines ihrer drei Landbeschäler von unschätzbarem Wert. Hinzu kam, dass nach der neuesten Statistik der inzwischen zehnjährige Domänenrat vererbungsmäßig in die Spitzengruppe des hannoverschen Hengstbestandes aufgestiegen war.
Bahnhof Kirchweyhe, 10. März 1960: Ankunft der Osnabrücker Deckhengste Ernö, Wolfgang und Domänenrat. Das Pressefoto aus dem „Allgemeinen Kreis-Anzeiger“ zeigt unter anderem Ernö, der aus dem den Eisenbahnwaggon geführt wird.
Deckstation Sudweyhe, 10. März 1960: (v.l.n.r.) Heinz Dörgeloh, Dirk Ortmann und Heiner Budelmann mit Domänenrat, dem Schimmel Wolfgang und dem Rappen Ernö. Die drei Züchter hatten die Hengste vom Kirchweyher Bahnhof abgeholt.
Das Foto wurde am 14. März 1960 im „Allgemeinen Kreis-Anzeiger“ veröffentlicht.
Sowohl Domänenrat als auch Ernö sind heute in vielen Stutenstämmen des Sudweyher Zuchtbezirk zu finden. Der Ende der 50er Jahre einsetzende Aufwärtstrend war jedoch nur zum Teil das Verdienst der beiden Landbeschäler. Die Ausdehnung des Reitsports und die Gewährung finanzieller Beihilfen durch den Bund zeigten ihre Wirkung. Darüber hinaus hatte sich die hannoversche Warmblutzucht neue Absatzmöglichkeiten verschafft - zum einen durch Remonteverkäufe in die Schweiz, die schon 1948 begonnen hatten, zum anderen durch die seit 1949 stattfindenden Verdener Auktionen, durch die ein Markt für angerittene hannoversche Pferde aufgebaut werden konnte. Der auf diese Weise eingetretenen Absatzbelebung stand der drastische Rückgang der Pferdebestände in den landwirtschaftlichen Betrieben gegenüber – mit der Folge, dass seit den frühen 1960er Jahren die Preise wieder stiegen und die Deckziffern der hannoverschen Warmblutzucht sich bereits von 1960 bis 1962 um 43 Prozent erhöhten.
Der Hannoveraner auf Reitsportkurs
Domänenrat und Ernö waren die Landbeschäler, welche die Modernisierung des Arbeitspferdes im Stationsort Sudweyhe wesentlich voranbrachten. Mit dem Goldfuchs Ceylon, der von 1961 bis 1968 auf der Deckstelle Sudweyhe für Nachwuchs sorgte, begann eine neue Ära. Der Sohn des Trakehners Cyklon und einer hannoverschen Warmblut-Stute hatte 1961 das Prädikat „bester Nachwuchshengst in Niedersachsen“ erhalten. Ceylon, ein „moderner Hengst“, schien nach Ansicht von Experten geeignet, dem Reitpferd-Typ im Bezirk der Weyher Deckstation zum Durchbruch zu verhelfen. Die mit seiner Aufstellung verknüpfte Absicht, Nachkommen der Axtmann-, Domänenrat- und Ernö-Stuten weiter zu veredeln, lockte trotz kritischer Stimmen die Züchter an und sorgte für einen neuerlichen Anstieg der Deckziffer.
Aber auch Ernö, der bereits fünfjährige Töchter in Sudweyhe vorweisen konnte, stand weiterhin hoch im Kurs. Nach einer Pressemeldung vom 14. März 1963 wurde er inzwischen „zu den erfolgreichsten Vererbern im gesamten Bereich des Celler Landgestüts“ gerechnet. Seine Fohlen wurden deutschlandweit verkauft und waren auch im Ausland begehrt. „Wohl selten findet man nach Ansicht der Züchter einen Hengst von diesem Kaliber, der so viel Adel hat“, behauptete der in Brinkum herausgegebene „Allgemeine Anzeiger“. Ernö habe „die Hälse und Gesichter der etwas schweren 'Axtmann'-Stuten verfeinert“. Ein Vollblüter hätte diese Qualität seiner Nachzucht wohl kaum hervorgebracht, ließ das Lokalblatt verlauten.
Ein weiterer Glücksfall war Ceylon, der sich, wie erhofft, bestens einführte. Im März 1967 konnte das Brinkumer Lokalblatt „Allgemeiner Kreis-Anzeiger“ vermelden: „Inzwischen hat der Hengst seine Kritiker mit einer Reihe hervorragender Nachkommen überzeugt. Es erwies sich, daß 'Ceylon' den bekannten Vererber 'Ernö' hervorragend ergänzte und die Veredelung des hier in Sudweyhe gezüchteten Reitpferdetyps in äußerst günstiger Weise fortführte. Das beweisen auch die Spitzenpreise, die für 'Ceylon'-Fohlen bezahlt werden.“
Die Signale waren deutlich: Das hannoversche Warmblutpferd hatte als landwirtschaftliches Nutztier ausgedient, und deutsches Militär hatte zum letzten Mal im zweiten Weltkrieg auf den Hannoveraner zurückgegriffen. Die Umzüchtung auf ein vielseitig verwendbares modernes Reitpferd war in den Vordergrund getreten. Englisches Vollblut und Trakehner halfen das neue Zuchtziel zu verwirklichen. Als bäuerliches Arbeits- und als Militärpferd hatte sich der Hannoveraner insbesondere durch hohe Dauerleistungen auszeichnen müssen, jetzt sollten sportliche Anforderungen bewältigt werden, die Höchstleistungen von Herz und Lunge verlangen.
Noch edler, noch schöner
Ein großes Empfangskomitee erwartete am 4. März 1964 die für Sudweyhe ausgewählten Landbeschäler der bevorstehenden Saison. „Dem allgemeinen Zuchtziel 'noch edler, noch schöner' entsprechend, wird die Deckstation … mit zwei hoch im Blut stehenden Hengsten besetzt“, meldete der „Allgemeine Kreis-Anzeiger“. Als der Trakehnersohn Ceylon und der vierjährigen Adlerfarn II auf dem Kirchweyher Bahnhof eintrafen, hatten sich dort rund dreißig Züchter zur Begrüßung eingefunden. Sie waren gespannt auf den Neuling Adlerfarn, der den bewährten Ernö ablöste, weil dieser schon zu viele Nachkommen im Sudweyher Stationsbezirk gezeugt hatte.
Ankunft von Ceylon (links) und Adlerfarn II auf der Hengststation Sudweyhe am 4. März 1964. Deckstellenleiter Friedrich Rohde präsentiert die beiden Landbeschäler.
Foto in: „Allgemeiner Kreis-Anzeiger“ v. 5 März 1964.
Die Pferdeenthusiasten waren mehr als zufrieden. Der Sohn des Vollbluthengstes Adlerschild und einer hannoverschen Staatsprämienstute, einer Anfeinder-Mutter, habe „die richtige Größe“ und korrekte, flache Gänge, erklärten sie. Als Adlerfarn II dann, wie es üblich war, zur Deckstelle geritten wurde, ließ er weitere Qualitäten erkennen. „Dabei stellte sich heraus, daß er nicht zu Unrecht als das am besten unter dem Sattel gehende Pferde aller in Westercelle überwinternden Hengste bezeichnet wurde“, befand der „Allgemeine Kreis-Anzeiger“. Adlerfarn II hatte in der Hengstprüfanstalt Westercelle hervorragende Beurteilungen erhalten. In der Abschlussprüfung, in der unter anderem Schritt, Trab und Galopp bewertet wurden, schnitt er als drittbestes Pferd ab. „Kein Vollblüter kam auch nur annähernd so hoch“, hatte der Pressevertreter in Erfahrung gebracht. Der Charakter des Vierjährigen werde als anständig bezeichnet, er verfüge über beste Manieren und sei frei von Untugenden.
Adlerfarn II.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Adlerfarn II stand für große züchterische Hoffnungen. Er war ausersehen, den rahmigen, kalibrigen Stuten in und um Weyhe etwas mehr Schmelz und Eleganz für deren Nachkommen mitzugeben. Zwei Jahre später zog der Sudweyher Pferdezuchtverein eine vorsichtige Bilanz. Der Celler Hengst besteche durch Temperament und äußeren Rahmen, erklärte der Vorsitzende, Landrat Albert Wendt. Noch würden die Zuchtergebnisse keine gültige Analyse zulassen, obgleich Adlerfarn von den Züchtern bevorzugt in Anspruch genommen würde. Was ihn besonders auszeichnete, seine großrahmige Linie, habe sich vererbt und werde vielversprechend gedeutet.
Deckziffern der Hengststation Sudweyhe 1873-1988 |
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|
bedeckte Stuten |
ein-gesetzte Land-beschäler |
pro Beschäler |
1872 |
170 |
3 |
|
1913 |
259 |
4 |
|
1919 |
771 |
8 |
|
1931 |
94 |
3 |
|
1939 |
260 |
4 |
|
1947 |
597 |
6 |
|
1948 |
ca. 500 |
7 |
|
1951 |
193 |
5 |
|
1952 |
153 |
4 |
|
1955 |
124 |
3 |
|
1956 |
89 |
3 |
|
1957 |
98 |
3 |
Domänenrat: 36 Ernö: 36 Kurland: 26 |
1958 |
115 |
2 |
|
1962 |
105 |
2 |
|
1963 |
107 |
2 |
|
1964 |
112 |
2 |
|
1970 |
114 |
2 |
Adlerfarn II: 70 Dezember: 44 |
1972 |
143 |
3 |
|
1973 |
191 |
3 |
|
1974 |
184 |
3 |
Adlerfarn II: 80 Eisenherz II: 64 Dezember: 40 |
1981 |
147 |
3 |
|
1982 |
197 |
3 |
|
1983 |
228 |
3 |
Akzent I: 122 Lanthan: 86 Saloniki: 20 |
1988 |
224 |
3 |
|
Der vielversprechende Adlerfarn II, der bis 1976 in Sudweyhe wirkte und dann in Neuseriem aufgestellt wurde, hielt, was sich die Züchter von ihm versprachen. Zu seinen Nachkommen zählen nicht weniger als 286 Turnierpferde und zwölf gekörte Hengste. Adlerfarn gab dem Bezirk des Sudweyher Pferdezuchtvereins, was er brauchte, um sich in der Reitsportära weiterhin behaupten zu können. Der steigende Wohlstand in Europa und besonders in der Bundesrepublik hatte den Pferdesport zum Volkssport gemacht und damit der Zucht eine neue Richtung gegeben. Jetzt ging es darum, leichtrittige Pferde für einen breiten Markt zu erzeugen. Mit Adlerfarn II und Dezember waren die Sudweyher gut aufgestellt.
Dezember, geb. 1965.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Auf Drängen des hiesigen Pferdezuchtvereins schickte Celle seit 1971 wieder drei statt der bisher zwei Hengste, zunächst Censor und seit 1973 Eisenherz II. Über diese Landbeschäler sollte „neben weiterer Typverbesserung gezielt die Rittigkeit der Nachkommen verbessert werden“, betont Karl-Wilhelm Littmann in der Festschrift „175 Jahre Deckstation Sudweyhe“. Die Bedeckungsziffern stiegen sprunghaft, wobei jedoch Adlerfarn die unangefochtene Nummer eins blieb.
Eisenherz II, geb. 1969.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Die zum Teil überhitzte Konjunktur, von der die Pferdezucht in der ersten Hälfte der 70er Jahre erfasst worden war, trieb dem Geschäftsführer des „Verbandes hannoverscher Warmblutzüchter“, Dr. Hartwig, Sorgenfalten auf die Stirn. Hannover sei groß geworden durch die Qualität seiner Pferde und dürfe als Hochzuchtgebiet nicht bloße Pferdevermehrung betreiben, rief er den Mitgliedern des Sudweyher Pferdezuchtvereins auf deren Jahreshauptversammlung am 18. März 1975 zu. Nach den Jahren der Hochkonjunktur müsse jetzt mehr Sachlichkeit einkehren. Die hohen Fohlenpreise, erklärte Dr. Hartwig, dürften dazu beigetragen haben, dass die Qualität der jungen Stutenklassen, die auf den Schauen gezeigt wurden, „im großen Schnitt“ nicht ganz befriedigend ausgefallen sei.
Züchterischen Fortschritt auf der Ebene von „mehr Sachlichkeit“ verhieß der Celler Hengst Akzent I. Er sollte zum würdigen Nachfolger von Adlerfarn II werden. Der große, rahmige Beschäler, der durch viel Chic und Ausstrahlung beeindruckte, hatte 1976 die Hengstleistungsprüfung mit 124 Punkten als Jahrgangsbester abgeschlossen. Sein Vater war der geschmackvolle, gelehrige und charakterlich sensible Fuchshengst Absatz. Tatsächlich hatte man mit Akzent I wortwörtlich auf das richtige Pferd gesetzt. Hierzu wieder Karl-Wilhelm Littmann: „Seine weiblichen Nachkommen gefallen durch Größe, Schönheit und weiblichen Schmelz und verbesserten die Stutenbasis weiterhin erheblich. Seine Kinder im Sport ließen sich nicht auf Dressur oder Springen festlegen. Das 'Jahrbuch Zucht' weist ebensoviel Springpferde als auch Dressurpferde mit hohen Jahresgewinnsummen aus. Sie sind vielseitig und rittig - die 'Akzent I'-Kinder!“
Akzent I, 1977-1988 und 1995-1998 in Sudweyhe.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Im März 1980 holte der „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“ nach, was längst überfällig war: Er änderte seine aus dem Jahr 1922 stammende Satzung und bestimmte darin das Zuchtziel neu. Dieses sei nunmehr „ein edles, großliniges, korrektes und leistungsstarkes Warmblutpferd mit schwungvollen, raumgreifenden, elastischen Bewegungen, das aufgrund seines Temperaments, seines Charakters und seiner Rittigkeit vornehmlich für Reitzwecke jeder Art geeignet ist“.
Akzent I, der „große Braune mit dem weißen Fuß“, stand von 1977 bis 1988 in Weyhe, war dann auf der Besamungsstelle Süstedt eingesetzt und tat seit 1995 wiederum Dienst in der Sudweyher Deckstation. Hier feierte er am 28. Februar 1998, nach der Rückkehr aus dem Celler Winterquartier, seinen 25. Geburtstag. Die Fangemeinde des Sudweyher Pferdezuchtvereins hatte ein Ständchen der örtlichen Jagdhornbläser organisiert, und Deckstellenleiter Karl-Heinz Gottschalk hielt mit einer launigen Rede Rückschau. Akzent I, der am 17. Februar 1972 das Licht der Welt erblickt hatte und in der Obhut von Joachim Kemmer auf dem Amselhof Walle aufgewachsen war, sei schick, er habe Charme und ein absolut ausgeglichenes Temperament. Die besten Voraussetzungen also für einen guten Liebhaber. In den ersten Jahren seien ihm jährlich bis zu 120 Stuten zugeführt worden, seit der Rückkehr aus Süstedt waren es im Schnitt noch dreißig. Bemerkenswert, so Gottschalk, sei die Kontinuität, mit der Akzent I vererben würde. Seine bislang 694 Nachkommen seien überwiegend schicke Fohlen mit viel Schmelz und korrektem Fundament. Neun von ihnen waren als gekörte Hengste in die Zucht gegangen, 375 verdienten als eingetragene Turnierpferde ihren Hafer. Insgesamt 264 Hauptstutbuch- und 35 Staatsprämienstuten würden den Ruhm von Akzent I' in alle Welt tragen.
Übertroffen wurde das Geburtstagskind, soweit es Sudweyhe betraf, nur noch von dem sechs Jahre jüngeren Lanthan. Der Lombard-Sohn gehörte von 1982 bis 1993 zum Beschälertrio in der Weyher Station. Schon beim bloßen Anblick, schwärmte später Karl-Wilhelm Littmann, habe dieser „bildschöne Glanzrappe“ das Züchterherz höher schlagen lassen. „Wir hatten wieder eine Prüfungsspitze“ – Lanthan hatte bei der Leistungsprüfung den 4. Platz belegt – „und einen Hengst, der als schönster Typ seines Jahrgangs angesehen wurde.“ Von Beginn an wurde Lanthan auf Sudweyhes Deckstelle viel in Anspruch genommen. Bald schon stellte sich heraus, dass er optimal zur Nachkommenschaft von Akzent I passte. „Große Fohlen mit Chic und Schnick, einer herrlichen Oberlinie, guter Widerrist- und Kruppenformation sowie glasklaren Beinen“, schreibt ein Pferdekenner, seien nicht selten das züchterische Ergebnis gewesen.
Lanthan – 1982 bis 1993 in Sudweyhe.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Saloniki stand von 1980 bis 1986 auf der Sudweyher Deckstelle.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Als im März 1993 der neu gewählte Vorsitzende des „Pferdezuchtvereins Sudweyhe und Umgegend“, Heinz-Hermann Schierenbeck, auf die mehr als zwei Jahrzehnte währende Amtsperiode seines verstorbenen Vorgängers Heinrich Mysegades zurückblickte, erinnerte er an die züchterischen Leistungen der drei großartigen Landbeschäler Lanthan, Akzent I und Adlerfarn II. Mit ihnen, sagte Schierenbeck, sei der Sudweyher Pferdezuchtverein zu einem der erfolgreichsten im Verband aufgestiegen.
Heinrich Mysegades aus Brinkum war von 1970 bis 1992 Vorsitzender des „Pferdezuchtvereins Sudweyhe und Umgegend“.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Landbeschäler auf der Deckstation Sudweyhe – 1949 bis 1999 |
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in Sudweyhe stationiert |
Beschäler |
|
geb. |
Abstammung |
ein-getrag. Stuten |
davon Staats-prämien-stuten |
Tur-nier-pferde |
ge-körte Söhne |
um 1943/ bis 1949 |
Konstantin |
Fuchs |
1938 |
v. Konrad - Schorse I |
|
|
|
|
1943-1956 |
Axtmann I |
hellbraun |
1939 |
v. Axenstein II - Altmann I |
|
|
|
|
um 1949/52 |
Astfarn |
Fuchs |
1944 |
v. Ast - Fahnenträger |
|
|
|
|
1949 u. 1951 |
Dassel |
Fuchs |
1941 |
v. Dolman - Jassy I |
|
|
|
|
1949-52 |
Abendjäger |
braun |
1946 |
v. Abendsport - Almjäger I (Almjager) |
|
|
|
|
um 1949/ bis 1950 |
Schatzmeister |
Fuchs |
1942 |
v. Schwabenkind - Almarich |
|
|
|
|
1949 |
Aranda |
braun; Kaltblut |
|
|
|
|
|
|
1950-53 |
Graf v. Burghof |
rhein.-belg. Kaltblut |
|
|
|
|
|
|
1950 |
Amselschlag |
|
|
|
|
|
|
|
1953-60 |
Domänenrat I |
Fuchs |
1950 |
v. Dömitz I - Abendsport-Jagst |
|
|
|
|
1954 |
Kosak |
Schimmel |
1941 |
v. Koerting - Atlantik |
|
|
|
|
1955-57 |
Kurland I |
Grau-schimmel |
1951 |
v. Kurde ox - Fechtarm |
|
|
|
|
1959-60 |
Wolfgang |
Schimmel |
1947 |
v. Folkunger - Hagen |
|
|
|
|
1957-63 |
Ernö |
Rappe |
1954 |
v. Astflug - Fermor I |
165 |
35 |
210 |
|
1961-68 |
Ceylon |
Goldfuchs |
1957 |
v. Cyklon - Ast |
79 |
15 |
|
7 |
1964-76 |
Adlerfarn II |
braun |
1960 |
v. Adlerschild xx [Vollblut] - Anfeinder |
207 |
30 |
286 |
12 |
1969-78 |
Dezember |
braun |
1965 |
v. Duellant - Kurde ox |
71 |
6 |
96 |
1 |
1971-72 |
Censor |
|
1956 |
v. Cymbal - Flügeladjutant |
|
|
|
|
1973-79 |
Eisenherz II |
braun |
1969 |
v. Einglas - Valentino xx |
54 |
4 |
112 |
1 |
1977-88 u. 1995-98 |
Akzent I |
braun |
1973 |
v. Absatz - Waidmannsdank xx |
264* |
35* |
375* |
9* |
1980-86 |
Saloniki |
dunkelbraun |
1963 |
v. Sender - Wohlauf |
155 |
10 |
279 |
5 |
1979/80 |
Abseits |
Rappe |
1969 |
v. Aberwitz II - Einführer |
|
|
|
|
1982-88 |
Lanthan |
Rappe |
1978 |
v. Lombard - Sudan xx |
|
|
|
|
1988 |
Tiroler xx |
dunkelbraun; englisches Vollblut |
1979 |
v. Exbury xx - Zank xx |
|
|
|
|
1989-91 |
Wendelin I |
braun |
1974 |
v. Wendekreis - Marcio xx |
|
|
|
|
1989 |
Godewind |
Schimmel |
1980 |
v. Galan - Wedekind |
|
|
|
|
1991-92 |
Diadem |
braun |
1976 |
v. Diskus - Absatz |
|
|
|
|
1993-96 u. 1999 |
Westbury |
Dunkelfuchs |
1984 |
v. Wenzel I - Aderlass |
|
|
|
|
* Akzent I: Angaben bis Frühjahr 1998 |
Der Natursprung „ist out“ - Das letzte Jahrzehnt der Sudweyher Deckstation
„Der Natursprung ist überholt“, verkündete im März 1988 auf der Jahreshauptversammlung des Sudweyher Pferdezuchtvereins dessen Vorsitzender Heinrich Mysegades. Mit Hilfe der künstlichen Besamung ließen sich sechs- bis siebenmal mehr Stuten befruchten. Außerdem sei die Auswahl für die Züchter größer. Zwölf Jahre zuvor hatte an gleicher Stelle Dr. Burchard Bade vom Celler Landgestüt erklärt, die künstliche Besamung sei wegen des großen Aufwandes in absehbarer Zeit nicht auf breiter Basis anwendbar. In Celle jedoch fand sie damals bereits statt; das Landgestüt war seit 1973 als zentrale niedersächsische Besamungsstelle anerkannt.
Die am 18. März 1988 im Gasthaus Voßmeyer versammelten Vereinsmitglieder waren beunruhigt. Wo würde die geplante zentrale Besamungsstation entstehen? Würde die traditionsreiche Sudweyher Deckstelle am Ende sogar aufgelöst werden? Die anwesenden Vereinsmitglieder hätten es am liebsten gesehen, wenn die geplante Einrichtung nach Sudweyhe gekommen wäre. Das Landgestüt Celle entschied sich für Süstedt, wo 1989 die „Besamungsstelle Nordhannover“ eröffnet wurde.
Im Frühjahr 1988 trafen in Sudweyhe zum letzten Mal drei Landbeschäler ein. Interessierte konnten sie zu Beginn der Decksaison auf einer gut besuchten Hengstvorführung in Augenschein nehmen. Lanthan, Akzent I und der Neuling Tiroler, ein Vollblüter, zeigten sich in der Reithalle des Hofes Kleemeyer rund vierhundert Zuschauern. Wie üblich war eine kleine Nachwuchs-Auswahl zu sehen: neben prämierten Stuten auch mehrere Fohlen, die zum Teil erst wenige Wochen alt waren und gemeinsam mit den Mutterstuten auftraten.
Die drei Celler Beschäler deckten bis zum Ende der Saison 224 Stuten. Nach der Winterpause wurden Lanthan und Akzent I mit neun weiteren Hengsten in Süstedt einquartiert, wo ihr Erbmaterial einem größeren Züchterkreis zugänglich gemacht werden konnte. Während die Deckstellen Diek, Hoyerhagen und Sulingen geschlossen wurden, blieb die Sudweyher Station vorerst in Betrieb, 1989 noch mit zwei Vatertieren des Landgestüts, mit Wendelin I und Godewind. Außerdem gab es die Möglichkeit, Stuten mit Frischsperma aus Süstedt besamen zu lassen.
Als der Celler Gestütassistent Dr. Hans-Dieter Nebe am 23. Februar 1989 auf der Generalversammlung des Sudweyher Pferdezuchtvereins in die jüngere Geschichte der Deckstelle Sudweyhe zurückblickte, legte er den Finger in eine alte Wunde. Seit 1964 waren auf der Station 3830 Stuten von elf verschiedenen Beschälern aus Celle gedeckt worden. Daraus, so Nebe, ergebe sich zwar ein sehr hoher Durchschnitt pro Hengst, doch das Abfohlergebnis von 55 Prozent (gleich 2088 geborene Fohlen) liege unter dem Durchschnitt aller Celler Landbeschäler. Dies „stellt wohl die größte Herausforderung an den vor uns liegenden Abschnitt der Deckstelle Sudweyhe dar“, betonte der Referent und führte weiter aus: „Die Wirtschaftlichkeit der Pferdezucht wird maßgeblich von dem Abfohlergebnis pro Stute und Jahr beeinflußt. Auch die Station Sudweyhe ist aufgebrochen, mit der Anwendung der Frischsamenübertragung neue Wege zu beschreiten. Die Vorteile der Besamung, die Verminderung des Hygienerisikos verbunden mit einer besseren und dabei schonenderen Auslastung der Spitzenhengste, liegen auf der Hand.“
In den Folgejahren standen auf der Sudweyher Station anfänglich wiederum zwei Deckhengste zur Verfügung. Ab 1992 wurde nur noch ein Beschäler aufgestallt. Er diente als Probierhengst, durfte aber nach wie vor im Natursprung decken. Allerdings konnten er und seine Nachfolger nur vergleichsweise wenige Züchter für sich gewinnen. Von dem Angebot, künstliche Befruchtungen durchführen zu lassen, wurde hingegen reichlich Gebrauch gemacht: Rund zweihundert Stuten wurden in der Saison 1994 auf der Deckstelle besamt. Gefragt waren als Fohlenväter vor allem der englische Vollblüter Prince Thatch, der eine gute Rittigkeit und Dresserqualitäten an seinen Nachwuchs weitergab, und der Holsteiner Accord II, ein Vererber von Springpferdqualitäten. Unter den Junghengsten standen Falkland, Buenos Aires, Wesley und Drosselklang II an erster Stelle. - Als Akzent I im März 1995 zurückkehrte, weil er sich in der Frischsamenübertragung nicht so bewährt hatte wie erhofft, kam auch er nur noch sehr begrenzt zum Einsatz. Weniger als dreißig Stutenbelegungen waren seine Bilanz am Ende der Saison 1995.
Der Rationalisierungsschub, der durch die Besamungstechnik ausgelöst worden war, stellte über kurz oder lang die weitere Existenz der Deck- und Besamungsstation Sudweyhe in Frage, die seit 1989 als Nebenstelle der „Besamungstation Nordhannover“ fungierte. Nach dem Abzug des Hengstes Westbury im Sommer 1999 kam das endgültige Aus. Die tradtionsreiche Deckstelle schloss nach 260 wechselvollen Jahren ihre Tore. Allein seit 1815 waren hier, laut Aufzeichnungen des Landgestüts Celle, rund 37.000 Stuten von etwa 150 Landbeschälern gedeckt worden. Im Jahr 2014 wurde auch das Stationsgebäude auf dem Grundstück des ehemaligen Gasthauses Voßmeyer abgerissen. Damit verschwand der letzte sichtbare Zeuge dieser für die Pferdezucht im Raum Weyhe-Stuhr-Syke einst so bedeutsamen Einrichtung.
Nur noch Sommergartenkulisse: Das Gebäude der 1999 geschlossenen Deckstation Sudweyhe im Jahr 2007.
Foto: Gemeindearchiv Weyhe (Greve).
Die Mitarbeiter der Deckstelle Sudweyhe
Die Sudweyher Deckstellenvorsteher waren, wie ihre Kollegen auf den zahlreichen anderen Stationen, stets mehr als Wegbegleiter der Landbeschäler. Ausgestattet mit einem fundierten Fachwissen, mit einem untrüglichen Blick für die Stärken und Schwächen des Zuchtmaterials war ihr Wort, ihr Urteil im Stationsbezirk gefragt. Anerkennung und Respekt sprechen aus den Erinnerungen der älteren Mitglieder des Sudweyher Pferdezuchtvereins, wenn sie über Friedrich Rohde, Hermann Bremke und Karl-Heinz Gottschalk berichten, die zwischen 1939 und 1999 die Hengststation Sudweyhe führten.
Der Deckstellenleiter übt eine Mittlerfunktion zwischen Landgestüt und Züchtern aus. Einerseits hat er als Sendbote seines Gestüts dessen Hauspolitik zu vertreten, andererseits erhält er während der knapp fünfmonatigen Aufenthalte auf seiner Station den wohl besten Einblick in die pferdezüchterische Interessenlage an der Basis, die er berücksichtigen und mit den Weisungen des Landstallmeisters in Einklang bringen muss. Kontinuität ist hier ein wichtiger Faktor. Gestütwärter wie Friedrich Rohde, der 27 Jahre lang sein bescheidenes Quartier in der Sudweyher Hengststation bezog, häuften ein unschätzbares Wissen über die Stutenstämme ihres Wirkungsbereichs an.
Die Landgestütverwaltung erwartet absolute Zuverlässigkeit von den extern tätigen Mitarbeitern, auf deren Schultern während der Bedeckzeit die Verantwortung für die Hengste ruht. In einer 1840 herausgegebenen Dienstanweisung verlangte das Celler Landgestüt zudem ein gehöriges Maß an Charakterstärke. Den ausgesandten „Lohn- und Kost-Knechten“ wurde „ein sittliches, nüchternes Betragen, und vor allen Dingen Bescheidenheit gegen die Unterthanen“ empfohlen. Dazu passte dann wohl, dass ihr zweites Zuhause oft alles andere als komfortabel ausfiel. Wer Frau und Kinder hatte, musste außerdem die alljährliche Trennungszeit tapfer ertragen.
An Aufgaben fehlte es nicht auf der Station Sudweyhe. Die Betreuung, die Pflege und das Deckenlassen der Hengste machten 'nur' einen Teil des Arbeitspensums aus. Hinzu kamen oft intensive Beratungsgespräche mit den Züchtern, kamen die ordnungsgemäße Führung des Deck- und Abfohlregisters und des Kassenbuches sowie die Einziehung und Ablieferung der Deck- und Fohlengelder. Abstammungsnachweise mussten ausgestellt und das Brennen der Fohlen durchgeführt werden. Friedrich Rohde transportierte sich und sein Brenngeschirr per Fahrrad zu den Züchtern, deren Fohlen zumeist bezirksweise auf einem Gehöft zusammengebracht wurden. Gemeinsam mit dem Pferdezuchtverein organisierten die hiesigen Deckstellenleiter die Stutenschauen und Stutbuchaufnahmen. Sie führten auch die Stutbuchregister, und sie waren im Verkaufsgeschäft präsent, wo sie als gern gesehene Vermittler auftraten.
Friedrich Rohde im März 1963: Auf dem Kirchweyher Bahnhof führt er den Celler Rapphengst Ernö aus dem Waggon.
Foto: Eickhorst; erschienen im „Allgemeinen Kreis-Anzeiger“ vom 14. März 1963.
Zur tagtäglichen Wartung und Pflege gehört es, den Hengsten ausreichend Bewegung zu verschaffen. In Sudweyhe stand bis Ende der 1970er Jahre, als Hermann Bremke Dienst tat, fast täglich ein Ausritt ins Bruchgebiet auf dem Programm. Karl-Heinz Gottschalk bevorzugte es, die Deckhengste auf dem benachbarten Gutsgelände an der Longe laufen zu lassen. Bisweilen leisteten Dorfbewohner Beistand, wie Günter Mußmann und Hartmut Voßmeyer, dessen Familie die Deckstellenleiter in ihrem Gasthaus versorgte. Günter Mußmann, Mitglied im Sudweyher Pferdezuchtverein, war nebenberuflich seit den späten 1950ern mit großer Leidenschaft für die Deckstelle seines Heimatortes tätig. 1983 wurde er vom Vereinsvorsitzenden Heinrich Mysegades für sein inzwischen 25 Jahre währendes Engagement geehrt.
April 1965: Günter Mußmann mit Adlerfarn II auf der Hengstvorführung in der Dörgeloh'schen Hofweide.
Foto: „Allgemeiner Kreis-Anzeiger“ vom 20. April 1965.
Als bis zu acht und 1920 sogar neun Deckhengste auf der Sudweyher Station beschäftigt wurden, konnte das Arbeitspensum nur noch mit zusätzlichem Fachpersonal bewältigt werden. Gestütwärter August Meyer erhielt in der Saison 1919 Unterstützung von drei, später zwei Celler Kollegen. August Hoppe – er leitete die Deckstelle bis 1938 – konnte zeitweise auf zwei Fachkräfte aus dem Landgestüt Osnabrück-Eversburg zurückgreifen. An der Seite von Friedrich Rohde arbeiteten in den 1940er Jahren ein oder zwei Gestüthilfswärter aus Eversburg.
In Voßmeyers Gaststätte, die seit 1924 im Familienbesitz war, wurden die Deckstellenvorsteher rundum versorgt. Gut genährt kehrten sie nach den mehrmonatigen Aufenthalten zu ihren Familien zurück.
Foto: Eickhorst.
Der vermutlich erste Betreuer der Weyher Deckstelle war der in Westercelle beheimatete Johann Hinrich Schmidt. Der „Stallknecht beym Landgestüte zu Celle“ kam als Junggeselle nach Kirchweyhe und fand hier sein Eheglück. Am 28. Oktober 1794 gab er in der lutherischen Felicianuskirche der Bauerntochter Mette Daneke, genannt Wichmann, das Ja-Wort. Im folgenden Frühjahr wurde in Kirchweyhe die gemeinsame Tochter Anne Dorothee geboren. Höchstwahrscheinlich verließen die Schmidts nach Ablauf der Decksaison 1795 das Dorf, um sich in Celle niederzulassen.
Nur insgesamt zehn Deckstellenleiter waren es, die auf der Weyher Station zwischen 1815 und der Auflösung im Jahr 1999 ihren verantwortungsvollen Dienst taten. Die ersten hundert Jahre teilten sich die Deckstellenvorsteher Schmidt (1821-1843), Johann Heinrich Ebeling (1844-1864), Horstmann (1865-1871), Hasselmann (1872-1901) und Ebeling (1902-1911).
Der 1924 nie[dergebrannte Vorgängerbau des Voßmeyer'schen Gasthauses.
Ausschnitt aus einer um 1910 entstandenen Postkarte (in: Gemeindearchiv Weyhe).
Das kollektive Gedächtnis im einstigen Stationsort Sudweyhe gibt die Namen der letzten fünf preis, angefangen mit dem hier von 1912 bis 1924 tätigen August Meyer. Der 1885 in Klein Eicklingen bei Celle geborene Gestütwärter ist den Mitgliedern des Sudweyher Reitvereins spätestens seit dessen Jubiläum im Jahr 2014 ein Begriff: August Meyer war es, der im Winter 1913/14 die Gründung des Vereins anregte und möglicherweise auch vorantrieb. Während des ersten Weltkriegs und in den frühen 20er Jahren, als die Zahl der zugewiesenen Landbeschäler mit zumeist acht Hengsten ihren Höchststand erreichte, musste er sich großen Herausforderungen stellen. Um die wachsenden Aufgaben bewältigen zu können, gab ihm das Celler Landgestüt versierte Kollegen an die Seite, unter ihnen - zwischen 1919 und 1922 - Wilhelm Meyer, Fritz Kruse, Willi Weber, Emil Beneke, Ernst Ebeling, August Tietje, Gustav Kobbe und Ernst Willenberg.
Aus Ostmoor bei Buxtehude stammte August Hoppe, der die Nachfolge von August Meyer antrat. Er wurde vom Landgestüt Osnabrück-Eversburg entstandt, dem die Deckstelle Sudweyhe 1925 zugewiesen worden war. Unter Hoppe wurde seit 1934 die Zahl der Beschäler wieder von drei auf vier erhöht, so dass die Gestütverwaltung Hilfswärter stellen musste. Zu ihnen gehörten der Bassumer Heinz Rathkamp, der in Wagenfeld geborene Hermann Winkelmann und Hermann Droste aus Wehdel bei Bersenbrück.
Von 1939 bis 1966 leitete Friedrich Rohde die Deckstation. Rohde, wird berichtet, habe in Sudweyhe die ersten Fohlenverkäufe nach Ostpreußen vermittelt. Er habe „ein strammes Regiment“ beim Verkauf geführt und ein untrügliches Gespür dafür besessen, welcher Käufer welches Pferd brauchte. Gern erinnert sich die Züchtergemeinde an Rohdes dienstliche Fahrradtouren, die ihn mitsamt Brenngeschirr zu den Bauernhöfen der Umgebung führten, wo das Brenneisen kurzerhand im Küchenherd warm gemacht wurde. Zumindest bis in die frühen 1950er Jahre standen auch ihm Hilfskräfte aus dem Landgestüt Osnabrück zur Verfügung. Erwähnt werden unter anderem Karl Lampe, Willy Heise, Friedrich Laumann, Hermann Rathjen und Karl-Heinz Ufferfilge.
Jubiläum 1963: Friedrich Rohde bezieht zum 25. Mal sein Quartier in der Sudweyher Deckstelle. Die Aufnahme zeigt ihn zusammen mit Ceylon (links) und Ernö.
Foto: Eickhorst; veröffentlicht am 14. März 1963 im „Allgemeinen Kreis-Anzeiger“.
Hermann Bremke war bereits fünfzig, als er 1967 die Leitung der Sudweyher Deckstelle übernahm. Der aus dem Kreis Bersenbrück stammende Bauernsohn hatte zunächst als Hilfswärter im Landgestüt Osnabrück gearbeitet, war dann zehn Jahre Deckstellenleiter in Glandorf gewesen und hatte, bevor er nach Sudweyhe kam, die Station Hasbergen bei Osnabrück betreut. Seit Auflösung des Osnabrücker Landgestüts im Jahr 1961 lebte er mit seiner Familie in Celle. Hermann Bremke, versichern ältere Mitglieder des Sudweyher Pferdezuchtvereins, habe „viel für den Fohlenverkauf getan“. Als der seit langem verbeamtete Gestütoberwart nach der Decksaison 1979 Sudweyhe verließ, ging er in den Ruhestand
März 1967: Hermann Bremke mit Ceylon (links) und Adlerfarn II.
Foto in: „Allgemeiner Kreis-Anzeiger“ vom 10. März 1967.
Am 26. Februar 1980 bezog Karl-Heinz Gottschalk sein Quartier in der Sudweyher Deckstelle, die er bis 1999 betreute. Seine Fähigkeit, Pferde zu beurteilen, sei herausragend gewesen, heißt in hiesigen Züchterkreisen. Er habe stets die Stärken der Fohlen deutlich gemacht und konnte auf diese Weise zu guten Verkaufserfolge beitragen. Sein Verhältnis zu den Pferdezüchtern sei ausgesprochen freundschaftlich, die Zusammenarbeit mit ihm angenehm gewesen. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch seine bewundernswert schöne Handschrift in guter Erinnerung geblieben ist. Karl-Heinz Gottschalk leitet heute als Gestütoberwart die Deckstelle in Königslutter.
Karl-Heinz Gottschalk mit Akzent I. Das Pressefoto der „Kreiszeitung“ entstand am 28. Februar 1998 anlässlich der Geburtstagsfeier für den 25-jährigen Landbeschäler Akzent I.
Der „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“ - Sprachrohr und Stütze der Hannoveraner-Zucht
Sowohl die Versammlungsprotokolle des Sudweyher Pferdezuchtvereins als auch die zahlreichen Presseberichte über Veranstaltungen, die von den Mitgliedern ausgerichtet oder mitorganisiert wurden bzw. werden, geben Aufschluss über die enge Zusammenarbeit mit den Landgestüten und mit der Dachorganisation der Hannoveraner-Zucht. 1949 schrieb hierzu Arnold Schlie in „Hannovers edles Warmblut“: „Die Belebung des züchterischen Vereinswesens und die Einwirkung auf die Züchter über die angeschlossenen Pferdezuchtvereine ist eine Hauptaufgabe des Verbandes. Ohne seine Vereine, die wieder in Bezirksverbänden zusammengefaßt sind, kann der Verband in seiner gegenwärtigen Form nicht bestehen. Die Vereine bereiten die Stutbuchaufnahmen und Schauen in ihren Bezirken vor. Bei terminmäßigen Verkäufen des Verbandes leisten sie die gesamten praktischen Arbeiten, fördern dabei aber auch von sich aus den Verkauf, helfen den Landgestüten bei der Futterversorgung der Hengste und Einrichtung der Deckstellen und führen z.T. sogar eigene Prämierungen durch. Ohne Pferdezuchtvereine stände die hannoversche Pferdezucht nicht dort, wo sie steht, und ohne die ehrenamtliche Mitarbeit der in den Pferdezuchtvereinen führenden Züchter hätte der Verband den Züchtern und der Zucht nicht so helfen können, wie er es tat.“
In seinem Lob unterschlug der Autor einen wichtigen Aspekt: Die lokalen Vereine waren und sind immer auch das Sprachrohr der Züchtergemeinden. Das gilt ebenso, seit seiner Gründung in den frühen 1920er Jahren, für den Sudweyher Pferdezuchtverein. Ein gutes Beispiel sind die zum Teil erfolgreichen Bemühungen seiner Mitglieder, Einfluss auf die Zuweisung der Landbeschäler zu nehmen. Das hierfür bevorzugte Forum waren die Jahreshauptversammlungen, an denen fast immer führende Vertreter des zuständigen Landegestüts und des „Verbandes hannoverscher Warmblutzüchter“ teilnahmen, zumeist mit Fachvorträgen. - „Herr Landstallmeister Dr. Kiel“, heißt es im Protokoll der Jahreshauptversammlung vom 5. März 1948, „gab … aufklärende Worte betr. Aufstellung von Kaltbluthengsten und betonte besonders, daß die Station Sudweyhe mit 7 Warmbluthengsten sehr gut, gegenüber anderen Stationen, bedacht worden sei“. Die Ansage des Osnabrücker Landstallmeisters hinderte die Vereinsmitglieder nicht, den einstimmigen Beschluss zu fassen, dass „auf hiesiger Station ein Kaltbluthengst aufgestellt werden soll“. Im folgenden Jahr kam das Landgestüt Osnabrück dem Wunsch nach und schickte das braune Kaltblut Aranda nach Sudweyhe.
Aranda war kein Einzelfall. Auch für die Entsendung des Rappen Ernö, der die Zucht entscheidend voranbringen sollte, machte sich der Verein stark. Anfang März 1957 waren Sudweyhe wegen der sinkenden Bedeckungsziffern nur noch zwei Landbeschäler überlassen worden. Auf der wenig später stattfindenden Jahreshauptversammlung gab Landstallmeister Dr. Kiel Auskünfte über die Hintergründe. Dennoch beschlossen die anwesenden Vereinsmitglieder, „sich für die Aufstellung eines dritten Hengstes einzusetzen“. Sie hatten Erfolg: Der von ihnen favorisierte Ernö trat noch im selben Jahr seinen Weg von der Hengstprüfanstalt Westercelle nach Sudweyhe an.
Aber auch Misserfolge gingen, wenigstens teilweise, auf das Konto des Vereins, wie im Fall des Hengstes Kurland. Der Vorsitzende Albert Wendt hatte es gemeinsam mit Geschäftsführer Johann Meyer und dem Vereinsmitglied Oetjen aus Sudweyhe erreicht, dass der Apfelschimmel 1955 von der Prüfanstalt in Westercelle für Sudweyhe freigegeben wurde. Als er trotz guter Prognosen die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllte, kehrte er 1958 nicht mehr nach Sudweyhe zurück.
Argumente ließen sich auf Tagesfahrten in die Nachbarregionen sammeln, die der Pferdezuchtverein bis heute anbietet. Ziele waren und sind auswärtige Stutenschauen, das Celler Landgestüt, Hengstprüfungsanstalten, staatliche Deckstationen oder Betriebe privater Hengsthalter. So führte im März 1971 eine Fahrt nach Hasbergen, um dort Nachkommen des Landbeschälers Censor in Augenschein zu nehmen, den Celle nach nach Sudweyhe beordert hatte. Am 22. März 1980 ging es nach Sittensen, wo der Nachwuchs des kurz zuvor in Weyhe eingetroffenen Deckhengstes Saloniki begutachtet werden sollte.
Foren der Begegnung, auf denen die Züchter vor Ort mit Verbandsvertretern und Führungskräften des Landgestüts konstruktiven Meinungsaustausch betreiben, sind neben den Vereinsversammlungen die Stutenschauen und Hengstvorführungen, darüber hinaus regionale und überregionale Veranstaltungen wie die Friedrich Jahncke Schau, auf der Bezirksverbandsebene, und die Verdener Herwart von der Decken Schau.
Ehrenurkunde für den „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“, der 1964 auf der Kreistierschau in Twistringen einen I b-Preis für seine Pferdesammlung erhielt.
Stutenschauen in Sudweyhe 1922-2005
Die Stutenschauen für den Raum Stuhr-Weyhe-Syke-Riede, die seit 1922 vom Sudweyher Pferdezuchtverein ausgerichtet wurden und seither in Sudweyhe stattfanden, waren beliebte Treffpunkte von Züchtern und Pferdefreunden. Hier konnten die Züchter den Nachwuchs der in Sudweyhe bzw. Süstedt aufgestellten Landbeschäler begutachten und Argumente für ihre Entscheidung sammeln, welchem der Deckhengste sie künftig den Vorzug geben würden. Hier suchten diejenigen, die den Preisrichtern eine oder sogar mehrere Stuten vorführten, nach öffentlicher Anerkennung für ihre züchterische Arbeit. Hier, wo der zuständige Landstallmeister und führende Verbandsvertreter ihre fundierten Bewertungen vornahmen, konnten Jungzüchter das eigene Urteilsvermögen schärfen. Das alles trifft natürlich ebenso auf die zentralen Stutenschauen zu, die seit 2006 von der „Arbeitsgemeinschaft Süstedt“ durchgeführt werden, einem Zusammenschluss von sieben Pferdezuchtvereinen, dem auch der Sudweyher Verein angehört.
Die Bewertungskommission auf der Sudweyher Stutenschau vom 30. Juni 1966: (v.l.n.r.) der Geschäftsführer des „Verbandes hannoverscher Warmblutzüchter“, Dr. Hartwig, der Verdener Landrat Ratje Niebuhr und der Celler Landstallmeister Dr. Freiherr v. Stenglin.
Foto: „Allgemeinen Kreis-Anzeiger“ vom 1. Juli 1966.
Als Veranstaltungsorte der hiesigen Schauen dienten außer der Esdohr'sche Weide, mit ihrer idyllischen Lage unweit des Kirchweyher Sees, vor allem die Dörgeloh'sche Hofweide neben der Deckstelle. Zeitweise präsentierten die Züchter ihre Stuten auf einer Wiese am Sudweyher Gutshof oder im historischen Gutspark. Von 1978 bis zur letzten Schau im Jahr 2005 war das Gehöft der Familie Kleemeyer am Apelsdamm Austragungsort.
Luftaufnahme des Dörgeloh'schen Gehöfts aus den 1950er Jahren. Links im Bild die Hofweide, auf der sowohl Hengstvorführungen als auch Stutenschauen durchgeführt wurden.
Repro in: Gemeindearchiv Weyhe.
Seit Mitte der 1960er Jahre nahmen zwischen vierzig und sechzig Stuten an den Veranstaltungen teil. Selten wurden Zahlen erreicht wie unmittelbar nach den beiden Weltkriegen. Ende Juli 1919 begutachteten die Preisrichter auf der „Stuten- und Stutfüllenschau“ in Syke 102 Pferde, darunter zehn Jährlinge. Im nächsten Jahr, als die Schau auf dem von Schwicheldt'sche Gutshof in Sudweyhe stattfand, wurden allein 62 Preise in den drei Abteilungen der Zwei- bis Sechsjährigen vergeben.
Schon damals informierte die Lokalpresse das ländliche Publikum über die Entscheidungen der Bewertungskommission. Seit den 60er Jahren erschienen im „Allgemeinen Kreis-Anzeiger“ und in der Syker „Kreiszeitung“ regelmäßig ausführliche Berichte. „Traditionell gut war … wieder die Qualität der ausgestellten Pferde“, meldete der „Allgemeine Kreis-Anzeiger“ über die Stutenschau im Juni 1967. „Von den 54 Stuten bewertete die Kommission immerhin 20 mit dem 1a-Preis. … Die starke und gleichmäßig hervorragende Klasse der dreijährigen Stuten bewies, daß seinerzeit auch gute Stutfohlen im Zuchtgebiet blieben und nicht verkauft wurden. Hier lag eine Ceylon-Tochter des Züchters Heinrich Dörgeloh, Sudweyhe, vorn. Sie gefiel durch ihre Weiblichkeit, die gute Halsung und die guten Gänge. … Das Glanzstück der Schau war die Klasse der vier- bis sechsjährigen Stuten. Von den zwanzig gezeigten Pferden erhielten immerhin elf einen 1a-Peis. In dieser mit einer gleichmäßigen Qualität ausgestatteten Klasse liegt eine Ernö-Tochter des Züchters Dietrich Ortmann, Heiligenbruch, vorn. Diese Stute gefiel durch ihren Riß und Rahmen. Sie wurde später auch zur besten Stute der Schau gekürt.“
Sudweyher Stutenschau, 3. Juli 1957: Ia-Preis für eine Stute des Landwirts Heinrich Oetjen.
Original: Marlies Oetjen, Sudweyhe.
Eine der erfolgreichsten Stuten, die von einem Mitglied des Sudweyher Pferdezuchtvereins aufgezogen wurde, war Goldlady (v. Golfstrom/ Absatz). Das Pferd des Okeler Züchters Heinrich Bolte wurde 1989 DLG-Siegerstute und trug später den Titel „Beste Stute in Deutschland“. Auf der Sudweyher Stutenschau vom 6. Juli 2001 glänzte sie zusammen mit ihrer Tochter Wunderschöne und deren dreijähriger Tochter Contessina, die zur Schönsten und Besten der Schau gekürt wurde.
Seit 1993 waren die Sudweyher Stutenschauen wieder mit der alljährlichen Stutbuchaufnahme verknüpft. Lange Zeit hatte es getrennte Termine gegeben, davor immer mal wieder Phasen, in denen beide Veranstaltungen gemeinsam durchgeführt wurden. Albert Wendt verwies auf die „beachtliche“ Kostenersparnis, als er 1958 den Mitgliedern seines Pferdezuchtvereins erklärte, „daß Stutenschauen und Stutbuchaufnahmen künftig zusammengelegt“ würden.
Gesellig und informativ: Fohlenbesichtigungsfahrten
Der Wunsch, sich einen Überblick über den jüngsten Pferdenachwuchs zu verschaffen, veranlasste den Sudweyher Pferdezuchtverein, ab 1970 Fohlenbesichtigungsfahrten ins Jahresprogramm aufzunehmen. Die Exkursionen, früher maßgeblich vorbereitet von dem Leiter der Sudweyher Hengststation, führen zu den Ställen der züchtenden Vereinsmitglieder, die in der Regel selbst zu den Rundtourteilnehmern gehören. Als Termin für die geselligen Fahrten, die anfänglich zweimal pro Jahr durchgeführt wurden, hat sich der 1. Mai eingebürgert.
Rund fünfzig, manchmal an die sechzig Hengst- und Stutfohlen waren es, die in den 80er und 90er Jahren von bis zu hundert Mitreisenden begutachtet wurden. Als 1997 die erste Fohlenschau auf dem Hof Kleemeyer stattfand, wurden die Besichtigungsfahrten eingestellt. Doch seit 2014 touren sie wieder, die Vereinsmitglieder und ihre Freunde. Der Sudweyher Pferdezuchtverein hat die Fahrten erneut ins Programm genommen, um den Kontakt zwischen den Züchtern zu intensivieren. Der Zuspruch ist groß, die Teilnehmer schätzen die ungezwungene Atmosphäre der Tour. Niemand muss hier seine Fohlen schaugerecht vorbereiten, und doch zeigt sich der eine oder die andere an einem späteren Kauf interessiert. Beim gemeinsamen Kaffeetrinken zwischendurch und beim abschließenden Grillen wird ausgiebig gefachsimpelt.
Treffpunkt der Publikumslieblinge: Die Sudweyher Fohlenschauen
Im März 1996 regte auf der Jahreshauptversammlung des hiesigen Pferdezuchtvereins dessen Vorsitzender Heinz-Hermann Schierenbeck an, „sich über ein Zusammenziehen der Fohlen auf einem Schauplatz zu unterhalten, um bessere Vergleichsmöglichkeiten zu haben“. Sein Vorstoß führte dazu, dass am 15. Juni 1997 die erste Sudweyher Fohlenschau, auf dem Gehöft der Familie Kleemeyer, ausgerichtet wurde. Gleichzeitig fand die Sichtung für das hannoversche Fohlenchampionat in Verden statt. Zu sehen waren Nachkommen von Celler Landbeschälern wie Lanthan, Prince Thatch xx, Pommery, Drosselklang II, Falkland und Wesley.
Bereits 1991 war auf der Schau „Sudweyher Nachzucht '91“ unter anderem eine größere Anzahl Stut- und Hengstfohlen aus dem Sudweyher Deckstellenbezirk präsentiert worden. Gestütoberwart Karl-Heinz Gottschalk hatte wieder einmal die Leitung übernommen. Auch im Rahmen der Fohlenbesichtigungsfahrt des Jahres 1995 hatte der Pferdezuchtverein auf dem Hof Kleemeyer einige Fohlen bereits zentral vorgestellt.
Schon die erste Sudweyher Fohlenschau lockte rund 250 Zuschauer an, neben Züchtern und Pferdenarren viele Schaulustige. Die herausgeputzten Fohlen mit ihren geflochtenen Mähnen sind und bleiben Publikumsmagneten. Gut dreißig Fohlen wurden auf der zweiten Schau, am 24. Mai 1998, gezeigt. Der Okeler Züchter Heinrich Bolte präsentierte Contessina, die schon erwähnte Enkelin der erfolgverwöhnten Goldlady. Die drei Monate junge Fuchsstute (Vater: Cordoba, Mutter: Wunderschöne) siegte fast konkurrenzlos und errang den Titel „Bestes Fohlen der Schau“.
Katalog für die zweite Sudweyher Fohlenschau auf dem Hof Kleemeyer.
Bis zum Jahr 2013 hatten Züchter die Möglichkeit, auf der Sudweyher Schau ihre Fohlen für die anstehende Elite Fohlenauktion zu präsentieren, sprich eine Zulassung für die Teilnahme an der Versteigerung zu erhalten. Seither müssen sie bei einem zentralen Auswahltermin des „Hannoveraner Verbands“ vorgeführt werden. Die Attraktivität der Sudweyher Fohlenschau hat dies nicht geschmälert. Ungebrochen ist das Interesse am sportlichen Wettstreit - unter dem Motto „Wer hat das beste Fohlen im Verein?“ Züchter nutzen die Veranstaltung, um mit potenziellen Kaufinteressenten ins Gespräch zu kommen und Informationen darüber zu gewinnen, wie sich die Deckhengste vererben oder welche Anpaarungen für die Zucht vorteilhaft sein könnten.
Sudweyher Fohlenschau 2014.
Foto: Fam. Kleemeyer, Sudweyhe.
Jungzüchter rücken nach
Ende der 1980er Jahre rückten die Jungzüchter verstärkt ins Bewusstsein des Sudweyher Pferdezuchtvereins. Jugendvertreter wurden gewählt und Informationsveranstaltungen für junge Menschen „mit Interesse am Pferd und an der Pferdezucht“ durchgeführt. Den Sudweyher Stutenschauen schlossen sich vereinsinterne Jungzüchterwettbewerbe an. Zum ersten Mal am 14. Juni 1988, als sich sechs Teilnehmer mit ihren Stuten dem Urteil eines fachkundigen Richtergremium unterwarfen. Die Nachwuchszüchter mussten unter anderem Fragen zum eigenen Pferd, zur Haltung, Fütterung und Pflege, zum Körperbau und Exterieur sowie zur Organisation der Zucht beantworten. Darüber hinaus galt es praktische Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, wurde das Aufstellen und Vorführen der Stuten bewertet. - Anfang Juli beteiligte sich die kleine Mannschaft im Rahmen der vierten großen Fohlenschau in Heiligenfelde am ersten offiziellen Jungzüchterwettbewerb um den „Preis der Uelzener Allgemeinen Versicherungsgesellschaft“.
Annelene Meyer, die damalige Jugendsprecherin des Vereins, erwähnt eine Reihe weiterer Aktivitäten für das Jahr 1988, wie den Besuch der Deutschen Meisterschaften in Verden vom 12. bis zum 14. August. „Auf große Resonanz“ sei eine Veranstaltung zum Thema „Erste Hilfe am Pferd“ gestoßen, auf der ein Videofilm vorgeführt wurde. Dr. Jens Oetjen aus Ahausen, der jahrzehntelang die Sudweyher Deckstelle tierärztlich betreute, „erklärte sich anschließend bereit, die Fragen der Anwesenden umfassend zu beantworten“.
Die jüngere Generation begann Verantwortung zu übernehmen: 1993 wählten die Vereinsmitglieder Annelene Meyer in das Amt der Geschäftsführerin, während ihre frühere Tätigkeit als Jugendsprecherin von Hans-Karl Budelmann und Ralf Fechner fortgesetzt wurde. Seit 2012 ist mit Nadine Pape die jüngste Geschäftsführerin in der Geschichte des Vereins tätig. Auch auf dem Posten des ersten und zweiten Vorsitzenden ist seit 2012, mit Harm Kleemeyer und Dirk Wahlers, eine fühlbare Verjüngung eingetreten. Positive, hoffnungsvolle Signale für eine Züchtervereinigung, die sich in den Untiefen eines neuerlichen Strukturwandels behaupten muss.
Im Jahr 1996 stellte Geschäftsführerin Annelene Meyer ihren Posten zur Verfügung. Der 1. Vorsitzende Heinz-Hermann Schierenbeck (rechts im Bild) und sein Stellvertreter Heinrich Meyer verabschieden die frühere Jugendsprecherin.
Foto: Heiner Büntemeyer, Barrien.
Benutzte Quellen und Literatur
Ungedrukte Quellen:
Niedersächsisches Landesarchiv - Hauptstaatsarchiv Hannover
Hann. 74 Bruchhausen Nr. 26
Hann. 74 Syke Nr. 47, 58, 75, 94
Gemeindearchiv Weyhe
Einwohnermelderegister d. ehem. Gemeinde Sudweyhe (unverz.)
G-031 Az. 148
G-032 Az. 029/20
H-515
H-516
Gedruckte Quellen:
Allgemeiner Anzeiger [Brinkum], Jg. 1921-1945, 1949-1955
Allgemeiner Kreis-Anzeiger [Brinkum], Jg. 1956-1971
Amtliches Verordnungsblatt für den Kreis Grafschaft Hoya. Ausgabe C (Brinkum und Umgegend), Jg. 1948-1949
Amtliches Verordnungsblatt für den Kreis Grafschaft Hoya. Ausgabe Syke/ Syke-Bassum/ B (Kreisteil Syke), Jg. 1946-1949
Bassumer Zeitung, Jg. 1924
Kreiszeitung für die Grafschaft Hoya, Jg. 1952-1971
Kreiszeitung [Ausgaben für Stuhr, Weyhe u. Syke], Jg. 1971-2015
Regionale Rundschau [Regionalbeilage d. Weser-Kurier], Jg. 1978-2015
Syker Kurier [Regionalbeilage d. Weser-Kurier], Jg. 1973-1978
Syker Zeitung, Jg. 1884-1945, 1949-1952
Literatur:
Albrecht-Thaer-Gesellschaft, Celle (Hrsg.), Die Landwirtschaft Niedersachsens 1914-1964, Celle 1964
Burchard Bade u. Werner Ernst, Das Landgestüt Celle und seine Hengste, Bad Homburg 1980
Burchard Bade, 250 Jahre Landgestüt Celle, Celle 1985
Erich Clausen, Geschichte der Deckstation Sudweyhe. 1815-1932, in: Allgemeiner Anzeiger, Brinkum, Nr. 73 v. 27. März 1932
Erich Clausen, Von der hannoverschen Pferdezucht, in: Allgemeinere Anzeiger, Brinkum, Nr. 30 v. 5. Februar 1932
1914-2014. Die Chronik. 100 Jahre Reitverein Sudweyhe, o.O.o.J. [Weyhe 2014]
Festschrift zur Säcularfeier der Königlichen Landwirtschafts-Gesellschaft zu Celle am 4. Juni 1864, Abt. 2, Hannover 1864
Groscurth (Hrsg.), Die Preußische Gestütverwaltung, Hannover 1927
Jürgen Hahn-Butry (Hrsg.), Hannovers edles Warmblut, bearb. v. Hans Joachim Köhler, Hamburg, München u. Neuhaus-Oste 1949
Hans Joachim Köhler, Pferdeland Hannover, Bad Homburg 1979
Dietrich Kuhlmann, Das hannoversche Pferd im Kreise Hoya, in: Hoyaer Wochenblatt, Nr. 245 v. 19. Oktober 1935
G.W. Marcard, Zur Beurtheilung des National-Wohlstandes, des Handels und der Gewerbe im Königreiche Hannover, Hannover 1836
250 Jahre Niedersächsisches Landgestüt Celle. 1735-1985, Celle o.J.
G.P., Etwas zur Geschichte der Pferdezucht, besonders der vaterländischen, in: Neues Hannoversches Magazin, 1810, Sp. 577-588 u. 593-598
Fr. v. Reden, Das Königreich Hannover statistisch beschrieben, 1. Abt., Hannover 1839
Michael Römling, PASSION: 275 Jahre Pferde, Zucht und Kultur. Chronik zum 275. Jubiläum, Celle 2010
Arnold Schlie, Der Hannoveraner. Geschichte und Zucht des edlen hannoverschen Warmblutpferdes, München 1967; 2., v. Hans Löwe neu bearb. Aufl. München, Berlin u. Wien 1975
Heike Schmidt, Die Bedeutung des Pferdes und der Pferdezucht vom 17. bis zum 19. Jahrhundert im Kurfürstentum Hannover/Königreich Hannover, Diss. Hannover 1997
Hans Stapenhorst, 200 Jahre Landgestüt Celle. 1735-1935, Celle 1935
Anlässlich des 200jährigen Jubiläums erscheint in der Kreiszeitung ein umfangreicher Bericht:
200 Jahre Pferdezucht in Weyhe
Sudweyhe. Am Sonnabend, 27.Juni, veranstaltet der Pferdezuchtverein Sudweyhe auf dem Gelände des Hofes Kleemeyer am „Apelsdamm“ die diesjährige Fohlenschau. Mehr als 30 Fohlen aus bekannten Vererbern wie „De Niro“ oder „Finest“ werden ab 13 Uhr den Richtern Hartmut Kettelhodt und Jörn Kusel vorgestellt und in den drei Kategorien jüngere dressurbetonte, ältere dressurbetonte und springbetonte Fohlen bewertet. Vorgestellt wird auch das Siegerfohlen der Fohlenschau Brüning in Ochtmannien. Insgesamt haben 21 Züchter für diese Schau gemeldet.
Nicht in den Vorführring geht allerdings der putzmuntere „Skuddi“, ein am 15. Mai geborenes Hengstfohlen, von „Scolari“, dessen Mutter „Brentina“ einige Tage nach der Geburt an einer Kolik verstarb und das von der Familie Kleemeyer mit der Flasche aufgezogen wurde. „Skuddi“ hat jedoch vollen Anschluss an die anderen Fohlen auf dem Hof und wird auch von den fremden Stuten im Fell gekrault. „Er wird bestimmt mal ein gutes Reitpferd“ ist sich Ursula Kleemeyer sicher, aber ohne Mutter muss „Skuddi“ bei der Schau im Stall bleiben.
Eine Fohlenschau ist nicht nur eine interessante Veranstaltung für Pferdezüchter, Reiter und andere Fachleute, ein Besuch lohnt sich auch für Gäste, die einfach Spaß und Interesse an springlebendigen Fohlen haben. Selbst bei nicht so gutem Wetter lohnt sich der Besuch, da die Gäste die Schau bei freiem Eintritt aus einem Zelt heraus betrachten können.
Im Anschluss an die Fohlenschau wird ab 19.30 Uhr „200 Jahre Pferdezucht in Weyhe“ gefeiert. Aus diesem Anlass beauftragte der Verein den Kreisarchivar Hermann Greve, die Geschichte der Pferdezucht im hiesigen Raum aufzuarbeiten. Er stellte dabei fest, dass die alte Grafschaft Hoya schon vor Jahrhunderten als Hochburg in der Zucht des hannoverschen Halbbluts gilt.
1582, nach dem Tode des letzten Grafen von Hoya, ließ der Celler Herzog Wilhelm der Jüngere in einem Erbregister die Rechte und Besitzungen in der geerbten Grafschaft Hoya auflisten. Darin findet sich der Hinweis, dass unter anderem „Zehntfohlen“ an das landesherrliche Vorwerk in Hoya abzuliefern seien. Die Pferde wurden damals für das Militär benötigt, aber die Zuchtziele und die Rahmenbedingungen für die Vermarktung änderten sich im Verlaufe der Jahrhunderte.
Nach dem ersten Weltkrieg führten Debatten über das richtige Zuchtziel zur Gründung lokaler Pferdezuchtvereine. Die erste Satzung des „Pferdezuchtvereins des Kreises Syke“ datiert vom 1. März 1922. Erst 1960 wurde daraus der „Pferdezuchtverein Sudweyhe und Umgegend“. Seinerzeit waren der Sudweyher Landwirt Albert Esdohr Vorsitzender und Friedrich Lahrs aus Lahausen sein Stellvertreter. Beide waren auch Gründungsmitglieder des 1914 entstandenen „Reitklubs Sudweyhe und Umgegend“, in dem Albert Esdohr ebenfalls Vorsitzender war.
Den Anstoß zur Gründung des Reitklubs gab der seinerzeitige Vorsteher der Deckstation Sudweyhe, August Meyer. Hermann Greve vermutet, dass er auch die Gründung des Pferdezuchtvereins angeschoben hat. Pferdezucht- und Reitverein arbeiteten Hand in Hand und standen hinter dem vom „Provinzialverband hannoverscher Warmblutzüchter“ propagierten Zuchtziel. Hinzu kam eine enge Zusammenarbeit mit der Sudweyher Deckstelle und dadurch mit dem Landgestüt.
Schon 1739 waren die ersten Landgestütshengste in die hiesige Region gekommen. „Seitdem gab es in Sudweyhe eine Deckstelle, die mit Leuchtturmcharakter in die Region strahlte“, berichtet Landstallmeister Dr. A. Brockmann. Von Beginn an waren vier Hengste in Sudweyhe stationiert, zu Beginn des vorigen Jahrhunderts waren es zeitweise sogar acht Hengste. Mit der Einführung der künstlichen Besamung sank, wie in anderen Regionen auch, die Bedeutung der Deckstationen. 1999 wurde die Deckstelle Sudweyhe geschlossen, die über die Jahrhunderte hinweg auch ein Ort der Kommunikation war, an dem sich alte und junge, neue und erfahrene Züchter austauschten und Erfahrungen weiter gaben.
Auch die vereinseigene Stutenschau wurde aufgegeben. „Aber die Sudweyher Züchter haben es immer verstanden, sich in größeren Gemeinschaften zurecht zu finden und ihre Eigenständigkeit dabei zu bewahren“, lobt der Zuchtleiter Dr. Werner Schade vom Hannoveraner Verband. Sie hätten sich stets Neuerungen gegenüber aufgeschlossen gezeigt, ohne darüber die Tradition zu vernachlässigen. So habe der Verein mit Insa Kracke 1997 die erste Deutsche Jungzüchter-Meisterin gestellt.
Hannoveraner Warmblutpferde gehören weltweit zu den Besten und sind bei allen internationalen Turnieren gefeierte Stars. Sie zeichnen sich durch ein gutartiges Temperament und einen zuverlässigen Charakter aus, zeigen hervorragende Reitqualitäten, einen schwungvollen, elastischen Gang und haben Kraft und Zähigkeit. Hannoversche Zuchthengste, Mutterstuten, Reit- und Olympiapferde werden in mehr als 30 Länder exportiert. Das Fundament dafür bilden die traditionsreichen ländlichen niedersächsischen Pferdezuchtvereine mit gut 17.000 eingetragenen Mutterstuten und mehr als 500 Zuchthengsten.
Heiner Büntemeyer
Jahr | Beschäler | Bedeckungen | Fohlen | |
1821 | Herseck | 49 | 32 | |
Bellerophon | 50 | 35 | ||
Jupiter | 46 | 28 | ||
Selim | 47 | 29 | ||
1822 | Bellerophon | 59 | 36 | |
Herseck | 59 | 40 | ||
Cid | 41 | 27 | ||
Smart | 41 | 23 | ||
1823 | Heseck | 67 | 34 | |
Colossus | 50 | 27 | ||
Smart | 70 | 33 | ||
Ulysses | 27 | 16 | ||
1824 | Herseck | 60 | 32 | |
Colossus | 61 | 28 | ||
Smart | 60 | 28 | ||
Ulysses | 40 | 23 | ||
1825 | Herseck | 70 | 40 | |
Colossus | 70 | 46 | ||
Smart | 70 | 38 | ||
Ambaldo | 35 | 21 | ||
1826 | Smart | 74 | 46 | |
Colossus | 74 | 32 | ||
Ambaldo | 74 | 43 | ||
Amulet | 37 | 32 | ||
1827 | Smart | 66 | 42 | |
Ambaldo | 66 | 39 | ||
Amulet | 66 | 45 | ||
Beucalion | 34 | 26 | ||
1828 | Smart | 70 | 38 | |
Ambaldo | 70 | 36 | ||
Beucalion | 70 | 37 | ||
1829 | Smart | 70 | 38 | |
Ambaldo | 70 | 35 | ||
Beucalion | 70 | 47 | ||
Biomed | 70 | 33 | ||
1830 | Smart | 61 | 31 | |
Beucalion | 61 | 25 | ||
Biomed | 63 | 38 | ||
Ambaldo | 61 | 25 | ||
1831 | Smart | 69 | 41 | |
Beucalion | 40 | 26 | ||
Maldorado | 40 | 27 | ||
Ambaldo | 70 | 44 | ||
Phöbus | 20 | 10 | ||
1832 | Smart | 66 | 32 | |
Phöbus | 62 | 40 | ||
Maldorado | 63 | 38 | ||
Ambaldo | 69 | 36 | ||
1833 | Ambaldo | 47 | 22 | |
Tancred | 31 | 17 | ||
Phöbus | 65 | 27 | ||
Smart | 65 | 40 | ||
Priam | 32 | 19 | ||
1834 | Bolivar | 48 | 28 | |
Phöbus | 66 | 45 | ||
Smart | 64 | 36 | ||
Ambaldo | 64 | 33 | ||
1835 | Bolivar | 61 | 54 | |
Montrose | 40 | 31 | ||
Phöbus | 70 | 48 | ||
Ambaldo | 69 | 38 | ||
1836 | Grisätre | 70 | 45 | |
Phöbus | 71 | 50 | ||
Montrose | 71 | 46 | ||
Ambaldo | 70 | 40 | ||
1838 | Ambaldo | 73 | 33 | |
Grisatre | 73 | 46 | ||
Montrose | 73 | 39 | ||
Traveller | 48 | 27 | ||
1839 | Ambaldo | 40 | 24 | |
Grisatre | 61 | 12 | ||
Montroso | 61 | 29 | ||
Traveller | 19 | 12 | ||
1840 | Ambaldo | 18 | 9 | |
Grisatre | 61 | 30 | ||
Montrose | 61 | 21 | ||
Traveller | 19 | 12 | ||
1841 | Grisatre | 48 | 30 | |
Montrose | 46 | 18 | ||
Marksman | 55 | 35 | ||
Traveller | 16 | 11 | ||
1842 | Sirius | 15 | 12 | |
Montrose | 49 | 20 | ||
Marksman | 63 | 34 | ||
Grisatre | 57 | 27 | ||
1843 | Sirius | 17 | 13 | |
Montrose | 38 | 15 | ||
Grisatre | 59 | 31 | ||
Marksman | 51 | 31 | ||
1844 | Sirius | 7 | 6 | |
Montrose | 44 | 28 | ||
Incognito | 16 | 8 | ||
Pallas | 48 | 27 | ||
1845 | Scävola | 9 | 5 | |
Montrose | 49 | 19 | ||
Mohum | 48 | 25 | ||
1846 | Scävola | 25 | 19 | |
1848 | Regulator | 16 | 10 | |
Paroli | 67 | 42 | ||
Doubtful | 68 | 49 | ||
Iwan | 27 | 17 | ||
1849 | Regulator | 10 | 7 | |
Paroli | 62 | 46 | ||
Doubtful | 67 | 43 | ||
Iwan | 70 | 38 | ||
1850 | Regulator | 18 | 12 | |
Paroli | 68 | 40 | ||
Iwan | 71 | 41 | ||
Schäfer | 69 | 46 | ||
1851 | Paroli | 60 | 43 | |
Iwan | 58 | 37 | ||
Schäfer | 46 | 23 | ||
1852 | Ebos | 57 | 43 | |
Iwan | 61 | 41 | ||
Paroli | 34 | 20 | ||
1853 | Ebos | 68 | 46 | |
Grambono | 34 | 18 | ||
Iwan | 66 | 39 | ||
Paroli | 31 | 22 | ||
1854 | Ebor | 71 | 55 | |
Grambone | 70 | 44 | ||
Iwan | 70 | 46 | ||
1855 | Ebor | 70 | 62 | |
Grambone | 67 | 46 | ||
Iwan | 68 | 61 | ||
1856 | Ebor | 70 | 53 | |
Grambone | 70 | 46 | ||
Samos | 70 | 51 | ||
1857 | ||||
1858 | Hermes | 71 | 54 | |
Palafox | 72 | 50 | ||
Pharao | 72 | 54 | ||
1859 | Hermes | 61 | 46 | |
Palafox | 70 | 45 | ||
Pharao | 70 | 51 | ||
1860 | Hermes | 55 | 31 | |
Palafox | 62 | 40 | ||
Pharao | 57 | 35 | ||
1861 | Cabrera | 70 | 51 | |
Palafox | 71 | 44 | ||
Pharao | 62 | 37 | ||
1862 | Cabrera | 70 | 48 | |
Ebor | 70 | 47 | ||
Grambow | 72 | 42 | ||
1863 | Cabrera | 62 | 42 | |
Grambow | 62 | 34 | ||
Patrick | 35 | 22 | ||
1864 | Vandolo | 40 | 30 | |
Grambow | 34 | 23 | ||
Incognito | 50 | 41 | ||
1865 | Flock | 40 | 29 | |
Incognito | 47 | 40 | ||
1866 | Flock | 38 | 22 | |
Incognito | 55 | 36 | ||
1867 | Braack | 40 | 22 | |
Bosco | 58 | 26 | ||
1868 | Braack | 40 | 22 | |
Bosco | 58 | 26 | ||
1869 | Braack | 44 | 19 | |
Bosco | 37 | 21 | ||
1870 | Bosco | 33 | 20 | |
Braack | 30 | 15 | ||
1871 | Sykora | 67 | 40 | |
Gram | 43 | 24 | ||
1872 | Sykora | 79 | 40 | |
Gram | 81 | 40 | ||
1873 | Stehlick | 77 | 41 | |
Gram | 73 | 38 | ||
Charley | 88 | 36 | ||
1874 | Stehlick | 65 | 37 | |
Gram | 76 | 44 | ||
Charley | 54 | 29 | ||
Borronco | 39 | 17 | ||
1875 | Stehlick | 59 | 32 | |
Gram | 69 | 36 | ||
Charley | 89 | 47 | ||
Borronco | 42 | 22 | ||
1876 | Stehlick | 53 | 34 | |
Boxer | 65 | 35 | ||
Charley | 70 | 29 | ||
Borronco | 21 | 10 | ||
1877 | Stehlick | 37 | 18 | |
Boxer | 74 | 34 | ||
Charley | 27 | 14 | ||
1878 | Arnim | 22 | 10 | |
Boxer | 44 | 22 | ||
Melior | 32 | 12 | ||
1879 | Arnim | ´38 | 21 | |
Solo | 83 | 44 | ||
Melchior | 33 | 9 | ||
1880 | Arnim | 40 | 26 | |
Solo | 84 | 42 | ||
Melchior | 27 | 7 | ||
1881 | Arnim | 22 | 17 | |
Solo | 77 | 29 | ||
Seeräuber | 14 | 8 | ||
1882 | Nordost | 49 | 26 | |
Armin | 16 | 11 | ||
Solo | 54 | 34 | ||
1883 | Nordost | 68 | 41 | |
Solo | 70 | 37 | ||
1884 | Nordost | 74 | 41 | |
Solo | 74 | 35 | ||
1885 | Solo | 88 | 45 | |
Nordost | 95 | 63 | ||
Prater | 50 | 36 | ||
1886 | Solo | 64 | 38 | |
Nordost | 69 | 42 | ||
Prater | 68 | 39 | ||
Schlavo | 40 | 20 | ||
1887 | Solo | 47 | 24 | |
Nordost | 76 | 46 | ||
Prater | 56 | 24 | ||
Schlavo | 53 | 30 | ||
1888 | Solo | 50 | 27 | |
Nordost | 76 | 46 | ||
Prater | 51 | 30 | ||
Schlavo | 42 | 27 | ||
1889 | Solo | 59 | 30 | |
Nordost | 71 | 35 | ||
Prater | 51 | 25 | ||
Schlavo | 18 | 7 | ||
1890 | Solo | 41 | 27 | |
Nordost | 51 | 22 | ||
Prater | 39 | 17 | ||
Fisch | 43 | 24 | ||
1891 | Solo | 41 | 26 | |
Nordost | 62 | 35 | ||
Fisch | 62 | 39 | ||
1892 | Edzard | 47 | 27 | |
Nordost | 61 | 37 | ||
Fisch | 36 | 19 | ||
1893 | Kent | 39 | 22 | |
Nordost | 66 | 37 | ||
Juliushall | 44 | 21 | ||
1894 | Nordost | 42 | 33 | |
Juliushall | 30 | 14 | ||
Kent | 31 | 13 | ||
1895 | Norki | 25 | 25 | |
Juliushall | 49 | 24 | ||
Kent | 30 | 16 | ||
1896 | Juliushall | 46 | 13 | |
Junker | 90 | 41 | ||
Padua | 33 | 12 | ||
1897 | Junker | 75 | 30 | |
Norki | 49 | 19 | ||
Padua | 40 | 19 | ||
1898 | Norki | 33 | 14 | |
Padua | 27 | 18 | ||
Don Juan | 84 | 50 | ||
1899 | Padua | 46 | 27 | |
Don Juan | 88 | 52 | ||
Schildpatt | 26 | 14 | ||
1900 | Padua | 53 | 26 | |
Don Juan | 72 | 43 | ||
Schildpatt | 40 | 21 | ||
1901 | Padua | 28 | 20 | |
Don Juan | 53 | 31 | ||
Junicus | 56 | 30 | ||
1902 | Padua | 25 | 11 | |
Don Juan | 42 | 20 | ||
Junicus | 63 | 34 | ||
1903 | Don Juan | 43 | 27 | |
Junicus | 66 | 43 | ||
Schnick | 9 | 4 | ||
1904 | Kinsky | 53 | 25 | |
Schnick | 6 | 4 | ||
Junicus | 71 | 48 | ||
1905 | Kinsky | 48 | 29 | |
Junicus | 76 | 41 | ||
Annual | 18 | 9 | ||
1906 | Junicus | 76 | 46 | |
Annual | 41 | 23 | ||
Schlemmer | 21 | 13 | ||
1907 | Junicus | 90 | 42 | |
Annual | 48 | 24 | ||
Schlemmer | 28 | 19 | ||
1908 | Junicus | 90 | 47 | |
Annual | 72 | 39 | ||
Schlemmer | 30 | 22 | ||
1909 | Junicus | 104 | 46 | |
Annual | 83 | 33 | ||
Lolar | 24 | 15 | ||
1910 | Junicus | 81 | 46 | |
Annual | 62 | 32 | ||
Lolar | 30 | 14 | ||
1911 | Annual | 72 | 17 | |
Lolar | 75 | 26 | ||
Amberg | 48 | 20 | ||
Schwabenland | 40 | 15 | ||
1912 | Lolar | 70 | 24 | |
Amberg | 82 | 28 | ||
Schwabenland | 76 | 25 | ||
Althing | 33 | 6 | ||
1913 | Lolar | 55 | 39 | |
Amberg | 84 | 41 | ||
Schwabenland | 74 | 35 | ||
Althing | 46 | 20 | ||
1914 | Amur | 101 | 41 | |
Welser | 100 | 32 | ||
Lolar | 104 | 36 | ||
Schwabenland | 78 | 27 | ||
1915 | Amur | 130 | 59 | |
Welser | 109 | 45 | ||
Lolar | 110 | 49 | ||
Schwabenland | 105 | 32 | ||
Schwabicus | 47 | 24 | ||
1916 | Amur | 109 | 37 | |
Welser | 76 | 14 | ||
Lolar | 83 | 33 | ||
Neon | 83 | 27 | ||
Schwabenland | 85 | 25 | ||
Nimrod | 93 | 36 | ||
Schwabicus | 74 | 38 | ||
1917 | Gallant Fox | 70 | 33 | |
Amurath | 28 | 4 | ||
Lolar | 73 | 35 | ||
Neon | 108 | 50 | ||
Nimrod | 111 | 35 | ||
Schwabicus | 112 | 37 | ||
Notgrimm | 64 | 24 | ||
Schnapphahn | 69 | 18 | ||
1918 | Gallant Fox | 44 | 23 | |
Amur | 74 | 38 | ||
Lolar | 89 | 47 | ||
Neon | 106 | 45 | ||
Nimrod | 111 | 50 | ||
Schwabicus | 112 | 46 | ||
Schnapphahn | 55 | 21 | ||
Alciatus | 50 | 24 | ||
1919 | Gallant Fox | 58 | 20 | |
Amur | 104 | 36 | ||
Lolar | 118 | 26 | ||
Neon | 127 | 27 | ||
Nimrod | 134 | 16 | ||
Schwabicus | 139 | 38 | ||
Alciatus | 105 | 35 | ||
Fleckner | 15 | 4 | ||
1920 | Ecco | 42 | 19 | |
Amur | 83 | 34 | ||
Lolar | 57 | 33 | ||
Neon | 43 | 21 | ||
Nimrod | 74 | 23 | ||
Theobald | 56 | 24 | ||
S'chwabicus | 86 | 36 | ||
Alciatus | 99 | 49 | ||
Fink | 31 | 19 | ||
1921 | Ecco | 20 | 7 | |
Amur | 76 | 34 | ||
Lolar | 73 | 32 | ||
Nimrod | 76 | 22 | ||
Theobald | 56 | 26 | ||
S'chwabicus | 76 | 37 | ||
Alciatus | 84 | 40 | ||
Fink | 55 | 33 | ||
1922 | Ecco | 24 | 11 | |
Amur | 81 | 31 | ||
Lolar | 69 | 42 | ||
Nimrod | 70 | 22 | ||
Theobald | 43 | 19 | ||
Schwabicus | 83 | 28 | ||
Alciatus | 86 | 52 | ||
Fink | 46 | 21 | ||
1923 | Ecco | 20 | 10 | |
Amur | 46 | 20 | ||
Lolar | 39 | 19 | ||
Nimrod | 35 | 15 | ||
Schwabicus | 46 | 26 | ||
Alciatus | 68 | 37 | ||
Fink | 43 | 30 | ||
Neukölln | 32 | 15 | ||
1924 | Ecco | 25 | 11 | |
Amur | 40 | 11 | ||
Schwabicus | 70 | 30 | ||
Alciatus | 67 | 35 | ||
Fink | 51 | 26 | ||
Neukölln | 39 | 18 | ||
Lothringer | 39 | 29 | ||
1925 | Ecco | 42 | 22 | |
Amur | 4 | 2 | ||
Schwabicus | 23 | 9 | ||
Alciatus | 32 | 14 | ||
Fink | 18 | 12 | ||
Neukölln | 9 | 8 | ||
Lothringer | 44 | 27 | ||
1926 | Ecco | 23 | 10 | |
Schwabicus | 9 | 3 | ||
Alciatus | 8 | 5 | ||
Lothringer | 30 | 20 | ||
Allwetter | 28 | 10 | ||
1927 | Ecco | 28 | 8 | |
Goldring | 35 | 12 | ||
Lothringer | 34 | 20 | ||
Allwetter | 38 | 20 | ||
1928 | Ecco | 21 | 7 | |
Lothringer | 14 | 7 | ||
Allwetter | 33 | 20 | ||
Flutland | 51 | 22 | ||
1929 | Hödur | 41 | 14 | |
Flutland | 45 | 29 | ||
Spee II | 34 | 17 | ||
1930 | Hödur | 28 | 12 | |
Flutland | 38 | 26 | ||
Spee II | 45 | 25 | ||
1931 | Hödur | 30 | 14 | |
Flutland | 31 | 21 | ||
Spee II | 33 | 18 | ||
1932 | Fleckstein | 59 | 28 | |
Spee II | 46 | 26 | ||
Hödur | 20 | 10 | ||
1933 | Hödur | 22 | 16 | |
Fleckstein | 56 | 34 | ||
Spee II | 73 | 35 | ||
Kormoran | 22 | 10 | ||
1934 | Fleckstein | 62 | 40 | |
Spee II | 100 | 38 | ||
Gleitflug | 45 | 22 | ||
Hödur | 30 | 10 | ||
1935 | Fleckstein | 73 | 47 | |
Spee II | 103 | 52 | ||
Gleitflug | 82 | 40 | ||
Flirting | 51 | 26 | ||
1936 | Amsinck | 41 | 18 | |
Fleckstein | 76 | 24 | ||
Spee II | 118 | 29 | ||
Gleitflug | 102 | 30 | ||
1937 | Fleckstein | 76 | 41 | |
Ansturm | 79 | 40 | ||
Gleitflug | 82 | 43 | ||
Feinschnitt | 53 | 29 | ||
1938 | Fleckstein | 42 | 26 | |
Ansturm | 71 | 35 | ||
Gleitflug | 70 | 36 | ||
xxx | ||||
1939 | Ansturm | 58 | 22 | |
Gleitflug | 56 | 27 | ||
Feinschnitt II | 82 | 44 | ||
Anführer I | 64 | 34 | ||
1940 | Abbo | 57 | 9 | |
Gleitflug | 54 | 25 | ||
Feinschnitt II | 83 | 67 | ||
Anführer I | 84 | 57 | ||
Jütland | 40 | 27 | ||
1941 | Abbo | 35 | 8 | |
Schanhay | 55 | 31 | ||
Gleitflug | 43 | 24 | ||
Feinschnitt | 92 | 67 | ||
Anführer I | 63 | 40 | ||
Konstantin | 42 | 31 | ||
1942 | Schanghay | 58 | 27 | |
Feinschnitt II | 92 | 47 | ||
Anführer I | 70 | 34 | ||
Konstantin | 84 | 38 | ||
Sonntag | 67 | 32 | ||
1943 | Schanghay | 63 | 32 | |
Feinschnitt II | 101 | 57 | ||
Anführer II | 85 | 41 | ||
Konstantin | 97 | 57 | ||
Axtmann | 94 | 31 | ||
1944 | Feinschnitt II | 115 | 65 | |
Anführer II | 95 | 46 | ||
Konstantin | 104 | 52 | ||
Axtmann | 99 | 40 | ||
Dassel | 50 | 28 | ||
1945 | Feinschnitt II | 69 | 21 | |
Anführer | 47 | 11 | ||
Konstantin | 65 | 22 | ||
Axtmann | 58 | 23 | ||
Dassel | 47 | 15 | ||
Schatzmeister | 56 | 20 | ||
1946 | Feinschnitt II | 98 | 32 | |
Anführer | 83 | 23 | ||
Konstantin | 110 | 28 | ||
Axtmann | 84 | 24 | ||
Dassel | 102 | 25 | ||
Schatzmeister | 108 | 41 | ||
1947 | Feinschnitt II | 89 | 30 | |
Anführer | 84 | 23 | ||
Konstantin | 121 | 35 | ||
Axtmann | 82 | 25 | ||
Dassel | 108 | 27 | ||
Schatzmeister | 110 | 42 | ||
1948 | Feinschnitt | 74 | 36 | |
Konstantin | 81 | 29 | ||
Axtmann | 67 | 28 | ||
Dassel | 58 | 22 | ||
Schatzmeister | 88 | 52 | ||
Jumper | 38 | 11 | ||
Astfarn | 83 | 31 | ||
1949 | Konstantin | 38 | 22 | |
Axtmann | 66 | 45 | ||
Dassel | 23 | 12 | ||
Schatzmeister | 59 | 39 | ||
Astfarn | 55 | 35 | ||
Abendjäger | 30 | 12 | ||
Aranda | 41 | 21 | ||
1950 | Axtmann | 54 | 32 | |
Schatzmeister | 19 | 13 | ||
Amselschlag | 21 | 15 | ||
1950 | Astfarn | 34 | 17 | |
Abendjäger | 53 | 21 | ||
Graf v. Burghof | 28 | 13 | ||
1951 | Axtmann | 57 | 23 | |
Dassel | 35 | 20 | ||
Astfarn | 38 | 18 | ||
Abendjäger | 27 | 12 | ||
Graf v. Burghof | 36 | 17 | ||
1952 | Axtmann | 61 | 24 | |
Astfarn | 24 | 12 | ||
Abendjäger | 33 | 9 | ||
Graf v. Burghof | 35 | 14 | ||
1953 | Axtmann | 41 | 26 | |
Abendjäger | 15 | 7 | ||
Domänenrat | 39 | 36 | ||
Pilot | 13 | 8 | ||
1954 | Axtmann | 42 | 23 | |
Kosak | 87 | 15 | ||
Domänenrat | 67 | 47 | ||
1955 | Kurland | 47 | 30 | |
Domänenrat | 49 | 28 | ||
Axtmann | 28 | 13 | ||
1956 | Kurland | 37 | 23 | |