Windrad Meyer in Erichshof

Paul Athmann
 
Eine besondere Form einer Windmühle stand 1905 - 1910 in Erichshof an der heutigen B6 (Erichshof Bremer Str. 41; B6 / Ecke Hombachstraße; Alte Nummer: Erichshof 45). Es war das eiserne Windrad auf dem Hof von Friedrich Meyer.

Der Landwirt Friedrich Meyer sen.  war 1845 nach Erichshof gekommen. Er hatte neben seinem Hof, der damals noch im Ortsteil Hörden lag und die Nr. Hörden 23 hatte, ein Fuhrunternehmen und war dadurch zu etwas Geld gekommen - insbesondere durch die Fuhrdienste bei der Pflasterung der Chaussee (B6), als die Steine vom Bahnhof per Pferdefuhrwerk abgeholt werden mussten.


 1905 ließ er ein Windkraftwerk von der "Eimsbüttelner Maschinenfabrik Hamburg" bauen. Der Stahlgittermast war 25 m hoch. Das Kraftwerk lief mit einem "25 Fuß-Motor" (Leistung: 28 PS). 


Zu dieser  Zeit existierte noch keine Mühle auf dem Hof. Die Motivation für den Bau des Windrades lag wohl eher in der Möglichkeit, damit Strom zu erzeugen.


Das Windrad trieb wahlweise eine Dreschmaschine, die Häckselmaschine, eine Kreissäge, eine Pumpe oder einen Mahlgang der Kornmühle an. Ebenso wurde ein Dynamo für elektrisches Licht angetrieben. Nachbarn wurden versuchsweise an das 110V-Netz (Gleichstrom) angeschlossen. Die Leistung war aber zu stark windabhängig.

 

 

Das mächtige Windrad (Höhe: 25 m) kurz nach der Fertigstellung 1905. Der Gittermast entstand zuerst: Das Maschinenhaus wurde dann um das Stahlgerüst herum gebaut. Das Foto entstand mit dem Müllermeister Friedrich Meyer sen. (+1931) auf der Galerie.1


Das Windrad hatte einen Durchmesser von 15 m. Die Flügel bestanden aus verzinktem Blech. Auf der Leitfahne stand der Name: “Fr. Meyer, Erichshof, 1905”.
 
Das Windrad leistete 28 PS. Der "Fünfzig-Fuß-Motor" kostete 9500 Reichsmark, das Stahl-Gerüst pro Meter 190 Mark, das Gestänge weitere 75 Mark pro Meter.


Ein Monteur aus Hamburg war ein Jahr lang mit dem Aufbau beschäftigt.


Dass die Technik noch nicht ausgereift war, merkt der Mühlenbesitzer sehr bald: Der starke Verschleiß an den Wellen und Kraftübertragungen führt bereits 1908 zur Einstellung des Windradbetriebs.

 

Die Herstellerfirma macht 1905 noch Werbung mit Meyers Windrad. Von Übertreibungen sind Anzeigen auch damals nicht frei: In der Annonce wird vom "Gutsbesitzer Meyer" gesprochen und von einer gut funktionierenden Anlage. 2

 

Bei genauem Hinsehen erkennt man den Schriftzug am Windleitblech: "F.Meyer, Erichshof, 1905" 


Im Prospekt der Herstellerfirma „Eimsbütteler Maschinenfabrik“ aus Hamburg steht überschwänglich: „In dieser Anlage ist der beste Beweis gegeben, dass man sehr wirtschaftlich arbeiten kann, wenn man versteht, die Sache richtig einzuteilen. ... und es freut uns um so mehr die Anlage als gelungen betrachten zu können, da der genannte Herr (Gutsbesitzer und Müller Meyer) eine gewisse Aversion gegen Windmotore hatte, jedoch nun einer ganz anderen Meinung geworden ist. Durch seine Empfehlung haben wir bereits zwei weitere große Anlagen ausgeführt.“

 

1910 wird das Windrad demontiert und per Eisenbahn (über die gerade fertiggestellte Kleinbahn) nach Schlesien transportiert.

Das Foto zeigt den Abbau des Windrades: Das Leitblech ist schon abmontiert wie auch die Schaufelbleche des Windrades. 3

Friedrich Meyer bestellt 1908 einen Sauggasmotor für 400 Reichsmark und treibt damit seine Mühle und Maschinen an. Auch der Strom wird bis 1928 mit dem Sauggasmotor erzeugt. 

 
Der Bestellschein vom Dezember 1908 geht an die Firma C.P.Donath in Bremen. Es ist ein 20 PS Motor, wohl  von der Firma „Deutsche Sauggas Lokomobil-Werke GmbH“ in Hannover“.

 

Modell 1904/5 des Sauggasmotors 4
 

Das Modell 1904/5 zeichnet sich durch einen ausziehbaren Gasreiniger aus. Im Prospekt werden als Vorteile gegenüber einer Dampfmaschine aufgeführt:

  • Absolute Gefahrlosigkeit 
  • 20 - 60 % Kohlenersparnis 
  • 50 – 80 % Bedienungsersparnis:  Nur noch Abschlacken (alle 4 -10 Stunden) und gelegentliches  Abschmieren erforderlich. Brennmaterial fällt selbsttätig nach.
  • Unabhängig von der Güte des Betriebswassers:  Kein Nachstemmen von Leitungen bei kesselsteinhaltigem Wasser 
  • Vermeidung von Funken, Ruß und Rauch

Im Januar 1909 kündigt Meyer die Versorgung von Erichshof mit elektrischem Strom an: 5

 

Aber auch die Zeit der Sauggasmotoren währt nicht lange: Ab 1928 erfolgt der gesamte Mühlenbetrieb elektrisch, über einen Anschluss an das öffentliche Netz der Überlandwerke Hannover. 6

 

Müllermeister Friedrich Meyer jun. (geb. 1934, Enkel des "Windrad-Müllers") mit seiner Mutter Adele Meyer im Jahr 1986. Er hat das Müllerhandwerk in einer Wassermühle in Eitze  im Raum Verden gelernt. 7

Das Mühlengebäude wird 2006 als Sonderposten-lager genutzt. Ein Mahlstein ist noch dekorativ platziert worden.

Motor-Mühle Meyer in Erichshof

Die zuerst mit einem Windrad betriebene Mühle von Friedrich Meyer in Erichshof wird ab 1908 mit einem Sauggasmotor ausgestattet, nachdem das Windrad nicht mehr brauchbar war. 

Ab 1928 erfolgt der gesamte Mühlenbetrieb elektrisch. 8

Nach dem Tod des Windmüllers Friedrich sen.  im Jahr 1931 übernimmt sein Sohn gleichen Namens den Betrieb. 

Neben dem Eigenbedarf wird die auf dem Hof vorhandene elektrische Dreschmaschine auch für die Nachbarn interessant. Sie fragen an, ob sie nicht auch bei Meyer ihr Korn dreschen können. Manchmal handelt es sich um nur ein Fuder Getreidegarben, die für einen Nachbarn gedroschen werden.

 

Die Familie Meyer 1948 auf der Chaussee (heutige B6) vor ihrem Hof. 9

Ende der 1950er Jahren übernimmt der Enkel des Windmüllers, Friedrich jun. das Mahlgeschäft von seinem Vater. In dieser Zeit erfolgt auch die Umstellung von der in Eigenregie betriebenen Versorgung der Mühle mit Getreide aus dem Bremer Hafen, als noch per eigenen Trecker das Importgetreide dort abgeholt wurde. Danach wird um 1960 ein Spediteur damit beauftragt, und der LKW kommt jeden Morgen und bringt Nachschub.

 

Friedrich jun. (* 1934) macht 1959 seinen Meister im Müllerhandwerk in einem Betrieb in Eitze.

Der Mühlenbetrieb läuft bis 1994. In dieser Zeit hat Friedrich Meier jun. selbst mehrere hundert Schweine im Stall und liefert Schweinefutter auch an andere Landwirte, bis nach Sulingen.
 

 

Luftbild des Hofes im Jahr 1994. Unten rechts verläuft die B6. 10

1994 sorgen die Verluste wegen der Schweinepest von bis zu 150 DM pro Schwein dafür, dass Meyer die Schweinemast und die Landwirtschaft aufgibt, da er das Rentenalter erreicht hat, keine Kinder hat und auch sonst keinen Nachfolger findet.  Damit hat die Mühle auch den Hauptabnehmer verloren, und der Betrieb wird eingestellt. Eine kurz vorher erstellte große Lagerscheune an der Hombachstraße wird nun auch nicht mehr benötigt.  Sie wird an unterschiedliche Interessenten vermietet, die Unterstellmöglichkeiten für Fahrzeuge und Maschinen suchen. Auch eine Dreherei und Fräserei ist dabei. 

Der Schweinestall wird an einen Fleischmarkt vermietet (bis 2017), die Hofdiele an ein Blumengeschäft.11
 
2006: Im Schweinestall ist ein Fleischmarkt eingezogen.

 

Auf der Hof-Diele werden bis 2008 Möbel verkauft. Dann verlegt die Firma Borchers&Altmann ihren Blumen-Verkauf hierher.

 

 

 

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1 Foto/Repro: W. Meyer; aus Kreiszeitung 1990; vgl. auch Beitrag W.Meyer auf Internet Seite www.unserweyhe.de
2 Anzeige 1905; aus (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 2, 2005) S.57 – aus dem Besitz von Friedr. Meyer, Erichshof
3 Foto aus dem Besitz von Friedrich Meyer, Erichshof
4 Prospekt der Deutsche Sauggas-Lokomobilwerke GmbH Hannover – im Besitz von Fr.Meyer, Erichshof
5 Syker Zeitung v. 12.1.1909
6 Vgl. (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 2, 2005) S. 57 und Kreiszeitung v. 9.8.1978 / 29.10.2010 sowie H. Greve, Materialien Erichshof 1986
7 Foto W.Meyer ( (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 2, 2005) S.57
8 Vgl. (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 2, 2005) S. 57 und Kreiszeitung v. 9.8.1978 / 29.10.2010 sowie H. Greve, Materialien Erichshof 1986
9 Foto aus dem Besitz von Friedrich Meyer jun, Erichshof
10 Foto aus dem Besitz von Friedrich Meyer jun, Erichshof
11 Nach Angaben von Friedrich Meyer jun. im Jahr 2017