Louise Ebert (inBearbeitung)

Auf den Spuren von Louise Rump: Ehefrau von Friedrich Ebert kam vor 140 Jahren in Weyhe zur Welt

 

Kreiszeitung: Von der Magd zur First Lady

Weyhe - Von Sigi Schritt.

Foto: Sigi Schritt
Foto: Sigi Schritt

Historiker Prof. Dr. Walter Mühlhausen hat sich mit der Biografie von Friedrich Ebert und seiner Frau Louise beschäftigt. Der Geschäftsführer einer Bundesstiftung steht vor dem Portrait des Reichspräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin. 

 

 

Der einmalige Werdegang einer Magd zur First Lady hat gestern vor exakt 140 Jahren im Weyher Ortsteil Melchiorshausen begonnen: Louise Ebert kam gegen 20 Uhr zur Welt. Das dritte Kind des Landarbeiters Friedrich Heinrich Rump und seiner Ehefrau Amalie stand an der Seite des SPD-Politikers Friedrich Ebert, einem der wichtigsten Weichensteller für die erste deutsche Demokratie.

 

Louise Ebert galt nach dem Zweiten Weltkrieg als Galionsfigur der Weimarer Republik. „Die Prominenz der SPD besuchte sie, aber auch der spätere Bundespräsident Theodor Heuss und seine Frau, Elly Heuss-Knapp. Man ehrte die Sozialdemokratin Louise Ebert, doch „sie blieb die zurückhaltende, kühle, beherrschte Frau, die sie immer gewesen ist“, schreibt die Germanistin Gabriele Ullrich in ihrem Buch „Aufbrüche“.

 

„Der Lebensweg von der Häuslertochter aus dem Norden Deutschlands bis ins Präsidentenpalais in Berlin ist spektakulär. Er ist aber auch gekennzeichnet von schweren Schicksalsschlägen, die diese Frau zu verkraften hatte“, sagt der Historiker Prof. Dr. Walter Mühlhausen, Geschäftsführer der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Louise Ebert hatte fünf Kinder – zwei Söhne fallen 1917 im Ersten Weltkrieg innerhalb eines Vierteljahres. Der Mann stirbt 1925 im Alter von 54 Jahren, die Tochter mit 31 Jahren 1931. Das erste Enkelkind ist nicht lebensfähig und stirbt wenige Tage nach der Geburt.

 

„Das sind Schicksalsschläge, die eine Frau nur schwerlich verkraften kann“, so Mühlhausen. Nach dem Zweiten Weltkrieg litt Louise Ebert unter der Teilung Deutschlands, die auch ihre Familie nicht verschonte: Ein Sohn wurde Oberbürgermeister von Ost-Berlin und ein anderer Landtagsabgeordneter von Württemberg-Baden und später von Baden-Württemberg.

 

Über das frühe Leben der First Lady weiß man wenig, sagt Mühlhausen. „Obwohl die Witwe bis zu ihrem Tod 1955 in Heidelberg gelebt hat, kann man ihre Kindheit und Jugend nur durch Rückschlüsse erzählen. Kein Historiker hat sie dazu jemals befragt. Aufzeichnungen gibt es nicht oder wurden im Krieg vernichtet.“ Als Geburtshaus gilt laut Recherchen des Gemeindearchivars Wilfried Meyer das Nachbarhaus der Melchiorshauser Blumenmanufaktur.

 

Dagegen war das Leben ihres Mannes Friedrich bekannt: Er war der Sohn eines Kleinhandwerkers. Zusammen mit sechs weiteren Geschwistern lebte die Familie in Heidelberg auf 48 Quadratmetern. „Sie hatte zwar keine Not gelitten, aber Friedrich hatte keine Möglichkeit, eine höhere Schule zu besuchen.“ Er lebte in einem Handwerkerhaushalt proletarischen Zuschnitts. Das war bei Louise Ebert anders. „Sie kam wirklich von ganz unten“, sagt Historiker Mühlhausen. „Ihr Vater war ein Häusler, also ein Tagelöhner, der jeden Tag aufs Neue angeworben worden ist. Die Familie lebte von der Hand in den Mund.“

 

Nach sechsjähriger Dorfschulzeit, überwiegend in Leeste, ging Louise Ebert mit zwölf Jahren „in Stellung“ in einen großbürgerlichen Haushalt“, sagt Gemeindearchivar Meyer. „Vorher war sie schon Jungmagd auf dem Hof Lange in der Nachbarschaft gewesen. Sie war also sehr zeitig von zu Hause weggekommen.“ Gegen den Willen ihrer Eltern nahm sie in Bremen einen Job als schlecht bezahlte Kistenbekleberin an. Trotz ihrer schweren Arbeit fand sie aber Zeit, sich gewerkschaftlich zu engagieren – als 20-Jährige wurde sie Vize-Vorsitzende eines Holzarbeiterverbandes mit etwa 700 Mitgliedern. Sie lernte dabei auch den Sattlergesellen Friedrich Ebert kennen, der zu dieser Zeit politische Reden hielt, aber noch unbedeutend war.

 

Am 9. Mai 1894 heiratete sie und übernahm mit ihrem Mann eine Gaststätte in der Neustadt. Als Friedrich Ebert 1905 in die Führungscrew der SPD aufstieg, wechselte die Familie von Bremen nach Berlin.

 

Als Friedrich Ebert nach dem Ersten Weltkrieg erster Reichskanzler und danach zum ersten Präsident der sogenannten Weimarer Republik gewählt wurde, „blieb sie die Stütze ihres Mannes. Louise Ebert erwarb sich als Ehefrau des Reichspräsiden viele Sympathien. Sie blieb die Frau mit normalem Menschenverstand und Gefühlen, durchbrach diplomatische Gepflogenheiten und eroberte die Herzen der Menschen“, sagt Historiker Mühlhausen. „Sie war zwar zurückhaltend in der Repräsentation, aber sie war nicht scheu, sondern überraschte ihre Zeitgenossen.“ So hatte der französische Botschafter es bei einem Kamingespräch vermieden, über seine Familie zu reden, weil ein Sohn im Krieg gefallen war. „Und was tut Frau Ebert? Sie spricht die Frau Botschafterin direkt darauf an und berichtete ihr, auch zwei Söhne verloren zu haben. Das Eis war gebrochen“, sagt Mühlhausen. Begeistert sei auch der amerikanische Botschafter, ein Großindustrieller mit einer Weltfirma, gewesen. Mühlhausen hat seine Tagebücher einsehen dürfen: „Der Amerikaner beschrieb Louise Ebert als eine offene Frau, die an der Seite ihres Mannes steht.“

 

Stiftung

Die Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte ist eine bundesunmittelbare Stiftung öffentlichen Rechts. Sie hat nach dem vom Deutschen Bundestag 1986 verabschiedeten Gesetz als Aufgabe, „das Andenken an das Wirken des ersten deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert zu wahren und einen Beitrag zum Verständnis der deutschen Geschichte seiner Zeit zu leisten“.

 

 

Fotoserie zu Louise Ebert

Louise Rump  Mädchenfoto / Repro: Wilfried Meyer
Louise Rump Mädchenfoto / Repro: Wilfried Meyer
Haus Rump 1920 / Wilfreid Meyer
Haus Rump 1920 / Wilfreid Meyer
Wohnhaus Rump 2007 / Foro: Wilfried Meyer
Wohnhaus Rump 2007 / Foro: Wilfried Meyer
© Stliftung Reichspräsident Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
© Stliftung Reichspräsident Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
© Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
© Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
© Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
© Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
Die große und schlanke Louise Rump (2.v.l.) mit ihren  Eltern und Geschwistern  © Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
Die große und schlanke Louise Rump (2.v.l.) mit ihren Eltern und Geschwistern © Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

Kommentar zum Artikel von Sigi Schritt:

 

Wie in den Veröffentlichungen von Gabriele Ullrich nachzulesen, ist ihr Vater nicht Friedrich Heinrich Rump gewesen, sondern Friedrich Hermann Rump. Dieser war ein Cousin von Friedrich Heinrich.

 

Das Geburtshaus der Louise Dorothea Amalie Ebert geb. Rump ist bisher nicht bestimmt. Zwar könnte sie auf der abgebildeten Anbauerstelle am Melchiorshauser Heideweg zur Welt gekommen sein, aber das Fehlen ihres Namens oder des Namens der Eltern in jeder Einwohnerliste der damaligen Zeit macht dies eher unwahrscheinlich. Die Anbauerstelle wurde erst 1876, also 3 Jahre nach ihrer Geburt errichtet. Ob dort schon vorher ein Häuslerhaus gestanden hat, ist nicht bekannt.

 

Dass Louise Rump aber in Melchiorshausen geboren ist, steht außer Zweifel: Im Kirchenbuch "Geburten und Taufen 1868 - 1875 der ev.-luth. Kirchengemeinde in Leeste, Jg 1873, Nr 83 ist eingetragen:  

 

"Rump. Louise Dorothea Amalie, geb. 23. Dezember 1873 in Melchiorshausen, get. 8. Februar 1874 in Leeste (Pastor Bötcher). Eltern: Häusler Friedrich Hermann Rump, und dessen Ehefrau Louise Frederike Amalie Nicking zu Melchiorshausen."

 

Die Mutter war eine Tochter des Wegegeld-Einnehmers Georg Nicking, der in Melchiorshausen auf der Stelle 55 wohnte (heute: Syker Str. 42).

 

1867 hatten Louises Eltern  in Leeste geheiratet: [Ev.-luth. Pfarrarchiv Leeste, Aufgebot und Trauungsbuch 1853-1888, Jg. 1867, Nr.4]

 

"Bräutigam: Rump, Friedrich Hermann, unverheirateter angehender Häusler zu Melchiorshausen, geb. 26.Juli 1839 zu Melchiorshausen, Eltern: Häusler Friedrich Rump und dessen Ehefrau Louise geb. Hahn; Braut: Louise Friederike Amalie, unverheirathet zu Melchiorshausen, geb. 13. März 1839 zu Hannover, Eltern: Der frühere Musicus, jetzige Weggeld-Erheber Johann Georg Friedrich Nicking und dessen Ehefrau Louise Sabine geb. Weth. [...] Angeblicher künftiger Wohnort: Melchiorshausen"

 

Dass die Familie des Friedrich Hermann Rump in keiner Einwohnerliste und deren Kinder in keiner Konfirmationsliste auftauchen, wird mit dem frühen Wegzug nach Bremen erklärt, der schon stattgefunden hat, als Louise Dorothea Amalie keine 6 Jahre alt war. Für den Zeitraum zwischen 1861 und 1891 liegen zudem keine Einwohnerlisten vor. Vielleicht haben die Eheleute aber auch nicht in einer eigenen (Miet-)Wohnung gelebt, sondern sind bei Verwandten untergekommen.

 

Friedrich Hermann Rump (* 1839) wohnt 1852 als 13-Jähriger bei seinen Eltern im Häuslingshaus der Stelle Melchiorshausen 3, die heute nicht mehr existiert. 1867 wird er als "angehender Häusler" bezeichnet. Danach verliert sich seine Spur. Erst die Geburt der Tochter Louise im Jahr 1873 zeigt, dass er zu diesem Zeitpunkt noch in Melchiorshausen gewohnt hat. Um 1878/1879 muss er nach Bremen gezogen sein (dort ist er bereits 1879 im Adressbuch verzeichnet).

                                                                                                                                               P. Athmann