Joshua Mathis Härtel

August 2021

 

Das Denkmal aus der Zeit des deutschen Kaiserreichs zum Deutsch-Französischen Krieg in Leeste wirbt „Zur Nachahmung“ und spricht von „Heldentod“ und „Ehre“.

 

Das Kirchweyher Löwendenkmal ist, ob Zufall oder nicht, mit seiner Vorderseite nach Südwesten gegen Frankreich gerichtet. Auch kann der Löwe nicht etwa als Symbol des Friedens verstanden werden, zudem ist er nicht als tot dargestellt. Er ruht nur. Er soll Kraft und Tapferkeit symbolisieren. Die Inschrift spricht hier von „heldenhaftem Ringen“.

 

Diese drohende Kriegsmetaphorik wird allzu oft übersehen, wenn die Denkmäler als bloße Erinnerung an die Weyher Verstorbenen ihrer Zeit betrachtet werden. Schließlich begnügen sich die Inschriften und Darstellungen nicht mit ihrem Andenken und auch nicht mit der Wertung ihres Ablebens als einer Art außergewöhnlicher Heldentat, sondern fordern gar, indirekt oder direkt, eine Neuauflage der Kriegstreiberei. Der deutsche Nationalismus der Zeit um 1871, der eine durch Kriege gewordene Einigkeit eines neuen deutschen Staates predigte, instrumentalisierte die Opfer der Kampfhandlungen als patriotische Vorbilder. Wenn aber der Logik gefolgt wird, dass die Soldaten nicht „zwecklos“ starben, sondern zur Erringung bestimmter Werte und politischer Begebenheiten ihr Leben ließen, so muss bedacht werden, dass jene aus heutiger Sicht alles andere als erstrebenswert sind. Nach der Nationalstaatsbildung Deutschlands von oben, unter einem autoritären Kaiser, war die Realität im Land: Verbote und Verfolgung von Opposition und Minderheiten, das Fehlen von Grundrechten und Gleichberechtigung, ein uneinheitliches Wahlrecht und eine grundsätzliche Deformation liberaler Positionen und Freiheitsforderungen. Es war kein moderner, demokratischer Staat mit starker parlamentarischer Seite „erkämpft“ worden, sondern eine konstitutionelle Monarchie, die stark militärisch geprägt war. So erlebten Kriegervereine einen besonderen Aufschwung, die auch eine gewisse Rolle bei der Bekämpfung der Arbeiterbewegung spielten. Sie errichteten und pflegten auch Weyher Denkmäler.

 

Revisionismus und Legenden rund um die Schuld Deutschlands am und den Misserfolg Deutschlands im 1. Weltkrieg spielten den Nationalsozialisten enorm in die Hände. Ihre völkischen Organisationen schürten in der Weimarer Republik den Hass auf Frankreich und rechtfertigten mit antisemitischen Märchen die militärische Niederlage, die so nicht noch einmal geschehen werde.

 

Anstatt für Versöhnung und europäischen Frieden einzutreten, wurde Rache geschworen und Blutvergießen als Heldentat beschönigt.

 

Beide erwähnte Denkmäler sind in direkter Nähe zu den beiden Weyher Kirchen errichtet und haben noch heute ihren Platz dort, kaum bis gar nicht verändert. Schließlich sind sie denkmalgeschützt und vielleicht leben noch Nachfahren der verstorbenen Soldaten in Weyhe, die sich an den Denkmälern an ihre Verwandten erinnern wollen. Außerdem sind sie besondere Geschichtszeugnisse der Zeiten, in denen sie errichtet wurden und könnten somit auch eine mahnende Funktion erfüllen.

 

Aber dennoch stehen sie dort in Weyhe, wie sie schon immer dort stehen und werden kaum anders behandelt als vor hundert Jahren noch. Krieg und Tod ist niemals ehrenhaft, niemals heldenhaft gewesen. Politische Drohgebärden, Wettrüsten und verbales Säbelrasseln haben stets zu Unheil geführt. Und „Sterben für das Vaterland“ ist die Worthülse einer Lüge, die schon viel zu viele Menschen hat frohen Mutes in ihr Unglück rennen lassen – verblendet, missbraucht von kriegstreiberischen Machthabern. So viel dürfte spätestens seit der NS-Zeit im allgemeinen Bewusstsein angelangt seien. Ist also ein beschämter Blick auf diese Denkmäler der richtige Umgang mit ihnen? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten und bleibt für die nächsten Jahrzehnte bestehen - nicht nur in der Gemeinde Weyhe. Eine Auseinandersetzung mit problematischem Militarismus und Nationalismus bleibt politisch aktuell.

 

Bildquellen:

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