Stromversorgung auf dem Hagen

Syker Zeitung v. 2.10.1909

1907: Die Hagener Dampfmühle Landwehr (ehemals Dunkhase) erzeugt Gleichstrom, der ab 1908 an die Nachbarschaft geliefert wird. Ab 1908 stellt die Dampfmaschine in der Landwehr'schen Mühle mittels einer Lichtmaschine Gleichstrom her, der auch an die Nachbarschaft geliefert wird.

 

1913 gibt es folgende Elektrizitätswerke auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Weyhe: Die Mühlen Dunkhase, Hüneke und Budelmann in Kirchweyhe: Der Hof Bösche in Ahausen, in Leeste (seit 1908 Landwehr in Hagen, die Leester Wassermühle, die Mühle Mühlenbruch; J.Eggers in Melchiorshausen; in Sudweyhe die Wassermühle Sudweyhe, Schlosser H.Warneke („Mekonikus“). In Erichshof hat Friedrich Meyer zunächst ein Windrad, dann einen Benzolmotor. Er versorgt damit die Nachbarschaft.

 

Über die Leester Anlage (gemeint ist wohl die Anlage der Mühle Mühlenbruch) wird im Februar 1909 Folgendes in der Syker Zeitung berichtet:121 „ […] Erkundigungen, die über die Leester Anlage eingeholt wurden, lauten sehr günstig. Hier brennen über 2000 Lampen, daneben werden Häckselmaschinen, Dreschmaschinen, Ventilatoren usw. elektrisch betrieben. Die Unkosten der Beleuchtungskörper sind etwa gleich dem Petroleum. Bei den Dreschmaschinen wurden 15 [Pfennig] Strom für 100 Garben verbraucht.“

 

Das 1918 gegründete Überlandwerk Syke (Vorläufer der Hastra / heute: Eonavacon) übernimmt die Stromversorgung für immer mehr Betriebe und Haushalte. Auch die Bahn ist jetzt schon ein Großabnehmer. Zahlreiche Strom-Genossenschaften werden gegründet und treten als Abnehmer auf. Neue Umspannwerke werden gebaut.

 

1919 wird in Leeste ein Arbeitsausschuss gebildet, der die Übernahme der Leitungsnetze der Elektrizitätswerke vorbereiten soll. In Hagen gründet sich 1920 eine "Elektrizitätsgenossenschaft". Im Vorstand sind die Landwirte Heinrich und Hermann Schierenbeck sowie Gastwirt Heinrich Lankenau und Brinksitzer Heinrich Niemeyer . 

 

Die Mühlenbesitzer fühlen sich übergangen und erheben Proteste (Sprecher Mühlenbruch aus Leeste). Es wird eine Elektrizitätskommission gegründet: Mitglieder: Ebeling/Bahn, Müller Landwehr/Hagen, Bauer Schwarze. Sulingen schließt sich 1920 an. Syker Zeitung v. 2.10.1920

 

 

Elektrizitätsgenossenschaft Hagen

 

Gründung: 1920 Ende der Genossenschaft um 1972 ??

 

Vorstand: Heinrich und Hermann Schierenbeck, Heinrich Lankenau, Heinrich Niemeyer

 

Ab 1908 stellt die Dampfmaschine der Mühle Landwehr auch Gleichstrom her, der auch an die Nachbarschaft geliefert wird. Landwehr ist damit der erste Stromlieferant in Weyhe.

 

Die Mühle erzeugt zu dieser Zeit auch Strom, der an die Nachbarn geliefert wird (bis 1921). Dazu sind in einem Raum Blei-Batterien installiert, die den erzeugten Strom speichern. Damit kann auch nachts und am Sonntag, wenn die Dampfmaschine ruht, Strom geliefert werden. An langen Wochenenden (Weihnachten, Ostern) müssen die Müller Extra-Schichten einlegen, um die Stromversorgung sicherzustellen.122

 

Das Foto der Mühle Landwehr von 1914 zeigt Stromleitungen an der Kirchweyher Landstraße (heutige Hauptstraße). Es ist noch kein Transformatorenhäuschen vorhanden, wie auf späteren Fotos. Ab 1920 wurde die Mühle von den Überlandwerken mit Strom versorgt.

 

Der Elektriker Hermann Schierenbeck (Hauptstraße 72, neben Gärtnerei Troue) ist selbst Vorstandsmitglied der Stromgenossenschaft und legt die Leitungen zu den Mitgliedern. Da er kein Spezialgerät besitzt, benutzt er ein Motorrad, um die Leitungen zu spannen.123

 

Hermann Schierenbeck (*1878 in Hagen, Hof Hagen 2) ging 1899 nach Amerika, zuerst nach New York und später nach San Francisco. Dort trat er in die Elektro-Firma Schmidt ein und lernte den Umgang mit elektrischem Strom kennen.

 

Er kehrte dann um 1906 als US-Bürger nach Leeste zurück und wandte seine Kenntnisse beim Aufbau eines Stromverteilungsnetzes in Hagen an. Er wartete die Dampfmaschine der Dunkhase’schen Dampfmühle und schloss die Nachbarschaft an den Stromgenerator an.

 

Im Ersten Weltkrieg wurde Hermann Schierenbeck als US-Bürger nicht zum deutschen Militärdienst eingezogen.

 

Hermann Schierenbeck eröffnete einen Elektro-Laden in dem Haus an der heutigen Hauptstraße 72, das er sich nach seine Rückkehr gebaut hatte. In dem Haus war auch ein kleiner Laden (etwa 4x4 m) vorgesehen, in dem er Elektro-Artikel und Elektro-Geräte verkaufte.

Der Leester Maler Heinrich Dietrich Schleede hielt 1939 das Geschäft von Schierenbeck in einem Ölgemälde fest.124

In dem kleinen Schaufenster rechts befand sich seine Ausstellung mit Elektrogeräten (überwiegend Elektro-Lampen). Es war der Wunsch des Eigentümers, auch mit auf dem Gemälde abgebildet zu werden.

 

Im 2. Weltkrieg nutzte Hermann Schierenbeck seine Englisch-Kenntnisse, um mit den einmarschierenden britischen Truppen zu verhandeln. Er hatte ein weißes Laken ins Fenster gehängt und sprach sie auf Englisch an. Er wurde nach seinem Gespräch nicht weiter behelligt. Einige unbelehrbare Leester warfen ihm dieses Verhalten als Schande vor. Dabei hat er vermutlich einigen das Leben gerettet.125

 

Schierenbeck starb 1970 126 . Sein Sohn Hans Hermann sollte das Elektro-Geschäft fortführen, war jedoch schon mit 18 Jahren bei einem Motorrad-Unfall in Melchiorshausen gestorben, in der Nähe der Siemer-Eiche. Daher wurde um 1972 das Geschäft geschlossen. 127