Hochwasser der Hache und der Bau von Flutmulden

Geschichtsgruppe Weyhe

Paul Athmann

Weyhe, Dezember 2020

 

 

Die Hache war nie eingedeicht und trat deswegen leicht über ihre Ufer. Zwar gab es um 1650 einst einen von den Bauern angelegten „Schutzdeich“. Doch scheint er nicht von Dauer gewesen zu sein.3

 

Das Hochwasser von 1940

Wilfried Meyer beschreibt in der Kreiszeitung das Hache-Hochwasser aus dem Jahr 1940: „Der Winter 1940 brachte Minustemperaturen bis 21 Grad und reichlich Schnee und Eis. Nach der Schmelze im Februar, die mit starken Regenfällen einherging, trat die Hache in Sudweyhe über die Ufer, da die Stauanlage an der Sudweyher Wassermühle ein schnelles Abfließen der Wassermengen verhinderte. Auch verstopften Eisschollen viele Durchlässe. Durch den Rückstau trat die Hache am Holtwischdamm über die Ufer und überschwemmt das anliegende Feld. Durch die kleine Sudweyher Beeke überschwemmte das Wasser dann auch den Ort Sudweyhe.

 

Das Straßenpflaster in der Kirchweyher Straße, am Kuhzaun und am Richtweg wurde aufgerissen, um einen Abfluss in Richtung Bruch zu schaffen.

 

Auch Lahausen war fast komplett überschwemmt. Kirchweyhes Bahnhofstraße und sogar das Geestfeld standen unter Wasser. Schwäne schwammen am Ruschkamp.

 

In Sudweyhe waren alle Höfe, Häuser und die Gaststätte Voßmeyer vom Wasser eingeschlossen. Kinder paddelten mit Booten und Schweinetrögen von Kirchweyhe nach Sudweyhe. Sie hatten schon wegen der extremen Kälte schulfrei bekommen.

 

Erst Anfang März war das Wasser abgeflossen. Zurück blieben zerstörte Straßen, nasse Keller und vernichtete Getreidesaaten.“ 4

Fotos: Repro H. Greve
Fotos: Repro H. Greve

Land unter in Sudweyhe 1940: Die Hache ist über die Ufer getreten.

Die Sudweyher Dorfmitte stand 1940 unter Wasser.

Die Sudweyher Straße 1940

[Foto: aus W.Meyer, Die Hache, 1992, S.101]

Das Gasthaus Vossmeyer in Sudweyhe ist nur noch per Boot erreichbar


Hochwasser zwischen Sudweyher Straße (Vor-dergrund) und Hache / Holtwischdamm (Hinter-grund)

 

 

Foto 1940: aus dem Besitz von Rolf Reh-penning (facebook-grup-pe „weyhe früher“)

 

 

Hache-Wasser bis zur Sudweyher Straße (Vordergrund)

 

Foto 1940: aus dem Besitz von Rolf Rehpenning (facebook-gruppe „weyhe früher“)

In Kirchweyhe wird die Bahnhofstraße über-flutet.

[Foto: Archiv Gemein-de Weyhe]

 

Die Einmündung der Bahnhofstraße in Kirchweyhe auf den Ruschkamp steht ebenfalls unter Wasser, das sich von der Hache über den Ruschkamp bis zum Kirchweyher Geestfeld ausgebreitet hat.

[Foto: Krsz/Husmann]

Kirchweyhe 1940: Boot-fahren im Dorf – am Ruschkamp. Die Brüder Otersen wagen eine Bootsfahrt

[Foto/Repro: H.Greve 1998]

Auch die Ortsmitte von Lahausen steht im Februar 1940 unter Wasser: Links ist der Zaun des Kriegerdenkmals an der Lahauser Str. zu sehen, das reetgedeckte Bauernhaus ist heute längst abgerissen. Hier stehen jetzt mehrere Wohnhäuser.5

Auch die andere Seite der Lahauser Straße ist betroffen: Der Bahn-damm am Denkmal bzw. Lahauser Gasthof steht unter Wasser und kann nur noch in Gummi-Stiefeln und mit Hand-wagen überquert wer-den.6

 

Am Bahndamm / Ein-mündung Bruchweg steht ebenfalls das Wasser. 7

Der Bruchweg ist überflutet (Blick über den Bruchweg auf die Höfe Heitmann (an der Lahauser Str.) und Schieren-beck (Bruchweg 1). 8

 

Weitere Hache-Hochwasser

Im Hausbuch des Gutshofes in Sudweyhe ist für 1763 vermerkt: „Da der Graben vor der Mühle durch das große Waßer den vorigen Winter voller Schlamm getrieben, so wurde solcher in diesen Mon[aten] Jun[i] u[nd] Jul[i] herausgebaggert.“ 9 Im Jahre 1763 werden daraufhin umfangreiche Sanierungsarbeiten am Sudweyher Mühlenteich durchgeführt. Dabei sind bis zu 30 Tagelöhner von Juli bis Oktober eingesetzt. 10

 

Im März 1956 steht die Sudweyher Str. unter Wasser, nachdem die Hache wegen starker Regenfälle über die Ufer getreten ist. Schüler auf der Sudweyher Straße gehen in Gummistiefeln ihren Weg zur Schule (rechts das Gasthaus Sudmann), auch wenn sie schulfrei haben.

 

[Foto 1956 / Repro Meyer- Krsz]

1960 wird die Hache im Unterlauf begradigt, was aber keine Auswirkungen auf die Überschwemmungsgefahr hat.

 

In den Jahren 1970 und 1981 tritt die Hache erneut über die Ufer. Der Durchfluss bei Jeebel beträgt 1970 bis zu 11 m3/s. Obwohl das Rad der Wassermühle in Sudweyhe schon stillgelegt ist, bildet der Durchlass zur Mühle weiterhin einen Engpass, der das Hache-Wasser staut. Der Engpass wird erst im Jahre 2009 beseitigt, indem die Hache um den Mühlenkolk herumgeleitet wird.

 

Die Hache an der Brücke der Lahauser Straße (bei Jeebel) im Februar 1970

[Foto:W.Meyer, Die Hache, 1992]

Die überschwemmte Sudweyher Straße in Richtung Holtwischdamm gesehen (Jahr ist nicht bekannt).

[Foto: Ulf Kehlenbeck]

 

Hochwasser 1981 am Waschhaus des Sudweyher Gutes

[Foto: W.Meyer]

Hache-Hochwasser 1994 März/April

Appelallee: Blick zur Hache

[Foto: P. Brozio]

1994: Appelallee - Blick zur Kirchweyher Straße

[Foto: P. Brozio]

1994: Hache am Waschhaus

[Foto: P. Brozio]

Hache-Hochwasser 1998 bis an die Häuser

[Foto: B. Ansteeg]

Hochwasser an der Hachebrücke beim Schwimmbad 1998 / Foto: B. Ansteeg
Hochwasser an der Hachebrücke beim Schwimmbad 1998 / Foto: B. Ansteeg
Hochwasser an der Hachebrücke beim Schwimmbad 1998  [Foto B. Ansteeg]
Hochwasser an der Hachebrücke beim Schwimmbad 1998 [Foto B. Ansteeg]

Bau einer Flutmulde und Umleitung an der Sudweyher Wassermühle

Um Überschwemmungen wie die geschilderten in der Zukunft zu vermeiden, wird 1998 die Hache an der Wassermühle umgeleitet. Im Jahre 2009 wird dann an der Hache in Kirchweyhe in Höhe des Ruschkamps (am Sudweyher Gut) eine Flutmulde angelegt.

 

Nachdem in den 1990er Jahren auch Hochwasserschäden in Stuhr an der Delme zu beklagen waren, beginnt man 1998 und nach der Jahrtausendwende an der Hache zu handeln.

Zunächst wird der Engpass über das Rohr unter der Straße „Im Mühlengrunde“ mit dem Mönch und dem Mühlenkolk umgangen. Dazu wird eine neue Brücke gebaut und der alte Gewässerlauf verlegt. Der Mühlengraben über den alten Mühlenteich wird über ein Rohr mit der Hache wieder verbunden, um zu Schauzwecken das Mühlenrad wieder betreiben zu können. Bei Hochwasser kann danach das Wasser über den neuen Verlauf abgeführt werden und muss nicht mehr über den Mühlen-Engpass fließen. Gleichzeitig werden im alten Hacheverlauf Sohlgleiten eingebaut, um den Fischen den Aufstieg über die 1,70 Meter Höhenunterschied auf dieser Strecke zu ermöglichen.11

 

Plan entnommen aus der Chronik

des Wasserverbandes Hache-

Hombach 2011

Das nebenstehende Foto zeigt das alte Bett der Hache

am Gutshof nach der Umleitung.

[Foto: Anton von Weyhe 1998]

Neben der Beseitigung des Engpasses über den Mühlenkolk wird 2008 vom Mittelweserverband auch eine Flutmulde zwischen dem Ort Kirchweyhe und dem Sudweyher Gutsparks angelegt.

Die Ausbaggerung der Hache-Flutmulde im Oktober 2008

Das Feld an der Hache, das als Überschwem-mungsbecken dienen soll, um bei Hochwasser den Ort schonen zu können (Beschluss: 2008 - Foto vor der Ausbaggerung)

 

[Fotos: P.Athmann 2008]



[Luftbild 2010: W.Meyer – WIWDZ 3 S. 94]

 

Im März 2010 berichtet Wilfried Meyer, dass die Flutmulde „in Aktion“ getreten war: Sie wurde zum ersten Mal genutzt, als das Hache-Hochwasser hier an der vorgesehenen Stelle über das Ufer trat. Auch wenn das Becken nicht vollständig gefüllt war, so ist damit doch die Funktion nachgewiesen. 12

 

 

Heutiges Überschwemmungsgebiet der Hache

Im März 2010 berichtet Wilfried Meyer, dass die Flutmulde „in Aktion“ getreten war: Sie wurde zu dem Zeitpunkt schon zum zweiten Mal genutzt, als das Hache-Hochwasser hier an der vorgesehenen Stelle über das Ufer trat. Auch wenn das Becken nicht vollständig gefüllt war, so ist damit doch die Funktion nachgewiesen.

Das erste Mal war schon im Januar 2009 ein solches Ereignis eingetreten. Siehe dazu das Foto von Peter Brozio vom 10.Januar 2009.

 

 

 

10.Januar 2009: Die Generalprobe für die Flutmulde ist bestanden.

Das amtlich festgesetzte Überschwemmungsgebiet der Hache und Ochtum ist auch heute noch beträchtlich, da bis auf einen kleinen Schutzwall am Sudweyher Gut keinerlei Eindeichung erfolgte: Die Karte zeigt das Gebiet, in dem bei einem statistisch alle 100 Jahre auftretenden maximalen Hochwasser mit Schäden zu rechnen ist. Hier ist eine Bebauung untersagt oder nur mit Auflagen möglich.

 

 

Kartenausschnitt: Überschwemmungsgebiete der Ochtum/Hache. 13

2013 wird das Sudweyher Gut durch einen kleinen Wall entlang des Ufers der Hache vor normalem Hochwasser geschützt.

[Foto: B.Ansteeg]

 

 

 

 

Sage zu den Hacheüberschwemmungen

Zu den wiederkehrenden Überschwemmungen der Hache gib es auch eine kleine Sage: Im sogenannten Hachebruch habe nahe der Hache einst eine Kapelle gestanden. Infolge der ungünstigen Lage (häufige Überschwemmungen) hätten 2 Riesen dieselbe fortgetragen auf das jenseitige Ufer der Weser zum sandigen Höhenzuge bei Arbergen (gegenüber der Ortschaft Dreye). Beim Eintreffen am Weserstrom habe der vordere Träger dem hinteren zugerufen:"Wohr di, hier kummt ne lütje Pütten". ("Hüte dich, hier kommt eine kleine Pfütze".) 14

 

 

Freilegung eines historischen Teiches

Beim Bau der Flutmulde wird der Fußweg an der Appelallee auf dem Wall/Deich der Mulde neu angelegt. Dabei wird die oberste Mutterbodenschicht abgetragen und ein Stück eines historischen Fischteiches freigelegt.

[Foto: P.Brozio]

Der Teich muss schon um 1750 existiert haben. In einer Karte des Sudweyher Gutes von 1751 ist ein „Fischteich“ eingezeichnet.

Er ist auch in der Kurhannoverschen Lan-desaufnahme von 1773 eingezeichnet, 

… und in der Karte von 1784 ist ebenfalls ein großer Fischteich ausgewiesen.

Im Gutsplan von 1733 ist an gleicher Stelle das Feld mit einem Graben umgeben.

Der Fischteich reichte wohl bis zur heutige Appelallee und zur heutigen Kirchweyher Straße. So wurde das Flurstück des Grundstücks „Appelallee 3“ als „Fischteich“ bezeichnet. 15

Wie in (Greve, Von Wasser-müllern und Walkknechten. Von Witwen und Waisen, 1998) ausgeführt, diente der Fischteich als Wasserreservoir für den Mühlenbetrieb – wie auch die Gräben um die Stauinsel und den Fischteich. Der Teich existierte schon im 17. Jahrhundert, war aber 1698 in ziemlich schlechtem Zustand, als Großreparaturen an der Mühle fällig waren. In diesem Zusammenhang dürften auch die Gräben saniert worden sein. 1763 wird bei Reinigungs- und Instandsetzungsarbeiten das Ausräumen von „Modder-Erde aus den Fischteichen“ ausdrücklich erwähnt. 16

1844 werden die Fischteiche in einer Vereinbarung zwischen dem Gutsherrn Jobst von Schwicheldt und Georg Heuer, dem Mühlenpächter, erwähnt. Im Pachtvertrag von 1918 mit August Krone ist nur von der „Hache- und Teichreinigung“ die Rede, ohne einen Fischteich zu erwähnen. Hier wird nur der Mühlenteich gemeint sein.

 

Wann der Fischteich verlandete bzw. zugeschüttet wurde, bliebe zu recherchieren – jedenfalls nach 1844 und wohl auch nach 1907: In diesem Jahr machte der Gutsverwalter von Seelen den Barrier Bewässerungsverband dafür verantworltich, dass die Teichanlagen am Gutshof häufig an Wassermangel litten und infolgedessen ein Fischsterben verursacht wurde. 17