Die Ausrüstung

Geschichtsgruppe K. Hahn/W. Polley/P. Athmann
 
1826 dominiert in Bremen noch der Karren für den Verkehr ins Umland. Die blau angestrichenen Frachtfuhrwagen haben noch hölzerne Achsen mit Splinten als Sicherung. Infolgedessen darf an keinem Wagen der "Smeerpott" fehlen. Wenn ein jüngerer Begleiter die Reise mitmacht, muss er als "Splintenkieker" seines Amtes walten. Als weitere Zubehörteile seien außer der Laterne mit Glas- und Hornscheiben der schwere eiserne Hemmschuh erwähnt. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts ist der zweirädrige Karren weitaus am meisten gebräuchlich - wohl wegen der niedrigeren Anschaffungskosten. Wohl die Hälfte aller dem bremischen Handel dienenden Fuhrwerke wird in Brinkum oder Leeste gebaut.


Die Fuhrmannstracht um 1830 besteht aus einem blauen Kittel mit roten oder weißen Achselstickereien, kurzen ledernen Hosen, langen Strümpfen und Gamaschen mit roten Bindebändern oder den langen Fuhrmannsstiefeln, die bis über das Knie gehen. Dazu kommt ein rotes baumwollenes oder seidenes Halstuch und ein runder, ursprünglich mehr zylinderförmiger Hut mit Schnur und Troddel, unter dem eine lederne Kappe oder Zipfelmütze getragen wird.


Gelegentlich pflegt der Fuhrmann seinen Hut mit einem Blumenstrauß zu schmücken. Gegen die Unbilden der Witterung schützt die "Chinillje", der wollene, blaue, innen rot gefärbte Umhang mit langem Schulterkragen.
Zur weiteren Reiseausrüstung gehört die um den Leib geschnallte lederne Geldkatze, die halblange Meerschaumpfeife mit Silberbeschlag, der lederne Tabaksbeutel, das Reisefeuerzeug mit Stahl und Feuerschwamm und die Peitsche mit dem aus der Salweide hergestellten vierfach gedrehten Peitschenstiel. Mit der Peitsche lenkt der Fuhrmann seine Pferde und gibt damit die Richtung an.

 

 

 
Die beiden Wagenleitern haben in der Mitte eine Öffnung zum Einhängen der Fässer. Die übrigen Flächen zwischen den Holmenbäumen und Scheeren sind mit einem Weidengeflecht ausgefüllt. Vorn am Wagen befindet sich ein kleineres und hinten ein größeres Heck, während unter dem Wagen ein viereckiger Kasten, das "Schiff" hängt. In ihm war der persönliche Bedarf des Fuhrmanns untergebracht, darunter auch der Kleidersack. Beide Wagenseiten sind in der Mitte offen, um Fässer einhängen zu können. Die ganze Ladung ist mit einem über eschene Bügel gezogenen Wagenlaken aus groben Leinen überdeckt, das über die seitlich herausragenden Fässer noch verlängert ist.


Die Pferde, zwei- oder vierspännig, tragen schwere Kummetgeschirre mit reichem Messingzierrat.

 

Modell eines Leester Frachtwagens (im Besitz von Bernd Peters, Stuhr-Brinkum)
Modell eines Leester Frachtwagens (im Besitz von Bernd Peters, Stuhr-Brinkum)

 

Unter Napoleon werden 1812 die Fuhrwerke von den Besatzern beschrieben:
"Le voitures usitees dans ce pays sont a 4 roues et portent de 800 a 2000 Kilogrammes, ils ne pouvent etre attelles sous moins de 2 cheveux" (Die auf diesen Straßen benutzten Wagen haben 4 Räder und tragen zwischen 800 und 200 kg, sie können nur von mehr als 2 Pferden gezogen werden.)


"La plupart des voituriers employee au transport des marchandises expediees par des maisons de Breme sont d'un village voisins de la Ville dit Leeste dans le Canton de Syke Arrondisement de Breme dont les habitants se nourissent presque exclusivement de ce metier." (Die Mehrheit der Fuhrwerke für den Warentransport der Kaufleute , die von der Stadt Bremen aufbrechen, sind aus einem Dorf nahe der Stadt, das Leeste heißt und im Kanton Syke / Arrondissement Bremen liegt. Dort widmen sich die Einwohner fast ausschließlich diesem Beruf.) 7


An den von den Pferden getragenen Kummetgeschirren befinden sich meist brauchbare Anhängsel, z.B. Rosskämme aus Messing. Ein im Nienburger Museum befindlicher Kamm trägt die Aufschrift "H.Wetjen von Leeste". Eine alte Laterne mit der Inschrift "Albert Meyer von Leeste 1838" beweist, dass man auch früher schon auf Sicherheit in der Dunkelheit bedacht war.


Die Fuhrleute tragen durchweg blaue Kittel, die nicht selten vorne oder auf der Achsel mit bunter Seide besetzt waren, dazu Lederhosen und eine Zipfelmütze. Auch diese Tracht der Fuhrmannsleute, ferner einige aus Eisenblech angefertigte Fuhrmannskober sowie zwei Geldkatzen sind in Nienburg zu sehen.


Am Knarren und Klirren, vor allem aber am Peitschenknall können die Angehörigen schon von weitem "ihren" Wagen erkennen, wenn er von der Reise zurückkommt.