5. Die Feldmark

Geschichtsgruppe Weyhe

Paul Athmann

Weyhe März 2021

 

Inhalt 

5. Die Feldmark

5.1 Geest und Heide 

5.1.1 Kirchweyher Geest und Lahauser Neddernfeld 

5.1.2 Zehntländer in der Sudweyher Geest

5.1.3 Die Zehntflur in der Leester Heide 

5.1.4 Sudweyher Heide

5.1.5 Die Zehntflur in der Jeebeler Heide 

5.1.6 Erichshofer und Hördener Heide

5.2 Ackerbau in Marsch und Bruch

5.3 Verkoppelungen und Flurbereinigungen 

5.3.1 Die Verkoppelung der Sudweyher Marsch um 1819

5.3.2 Die Verkoppelung des Sudweyher Geestfeldes und der Kuhweide

5.3.3 Die Verkoppelung der Sudweyher Bruchwiesen und Feldmark 

5.3.4 Verkoppelung des Sudweyher “Stührfeldes” / Sudweyher

5.3.5 Flurbereinigungen im 20. Jahrhundert

5.4 Von der Plaggendüngung zum Flüssigdünger 

5.5 Feldbearbeitung 

5.6 Mechanische Unkraut-Bekämpfung

5.7 Pflanzenschutz

5.8 Anmerkungen

 

 

 

5. Die Feldmark

 

Ackerbau wurde sowohl in den Marsch- und Bruchgebieten als auch auf der Geest betrieben. 

 

Für das Ende des 18. Jahrhunderts liegt uns eine Akte über die Größen der beackerten Flächen in den Gemeinden Kirch- und Sudweyhe vor: 1

 

Ackerland in Kirchweyhe u. Sudweyhe 1795/97:

 

1360 Morgen 107 Q.-R. Geest-Ackerland d. Bauern

 

2514 Morgen 48 Q.-R. Marsch-Ackerland (d. Bauern) = Wechselmarsch, „wovon die Hälfte stets Korn trägt“, „die Hälfte aber zu Grase liegen muß“, also nur 1257 Morgen 24 Q.-R.

 

328 Morgen 64 Q.-R. Geest-Ackerland der „exemten Claße“ (Gutshöfe etc.)

 

826 Morgen Marsch-Ackerland der „exemten Claße“ = Wechselmarsch, wovon „die wechselnde Hälfte zum Grase stets liegen muß“, also nur 413 Morgen

 

 

5.1 Geest und Heide

 

Die Weyher Ortsteile im Norden (Dreye, Ahausen, Leeste mit Hörden und Hagen, Sudweyhe und Kirchweyhe) liegen ganz oder teilweise in der Wesermarsch. Die Siedlungsgebiete in Sudweyhe und Kirchweyhe liegen aber zum allergrößten Teil in der sogenannten Syker Vorgeest, wie auch vollständig die Ortsteile Erichshof, Melchiorshausen, Jeebel und Lahausen. Früher bezeichnete man die Vorgeest als Heide, woher auch die Flurnamen Leester Heide, Lahauser Heide, Erichshofer Heide; Sudweyher Heide und Jeebeler Heide ihren Ursprung haben. Lediglich in Kirchweyhe spricht man vom Geestfeld. In Straßennamen findet sich ebenfalls oft die Geest: Geestfurth, Am Geestweg, Auf dem Geestfelde.

 

Während große Teile der Marsch der gemeinsamen Nutzung als Allmende zugute kamen, war auf der Geest der Ackerbau vorherrschend, es sei denn, dass es sich um sandige, unfruchtbare Gebiete handelte oder um Moore/Schlatts, die sich zahlreich in der Heide fanden. Die Ackerbaugebiete, also die Felder oder Kämpe, waren seit der Feudalzeit als Zehntländer von den Junkern oder von den Landesherren (Grafen, Kurfürsten) an die freien oder Leibeigenen Bauern vergeben. Für die Nutzung mussten also Abgaben geleistet werden, der Zehnte. Bei der Ernte wurde jede 10. Garbe umgedreht und vom Junker oder Landesherrn beansprucht.

 

5.1.1 Kirchweyher Geest und Lahauser Neddernfeld

 

Hiermit ist das Feld zwischen dem Dorf Kirchweyhe und der Lahauser Heide gemeint

Zehntfelder Kirchweyhe und Lahausen 1755.5

1864 wird eine Verkoppelung des Kirchweyher Geestfeldes durchgeführt.7

 

1893 wird die Kirchweyher Holzwiese verkoppelt.8

 

 

5.1.2 Zehntländer in der Sudweyher Geest

 

Südlich des Dorfes Sudweyhe liegt das Ahauser und Sudweyher Geestfeld.

Plan von den Ahauser und Südweyher Geestfeld allwo der herrschaftl. Müncher Zehendte besonders mit Numern und Couleuren distinguiret 9, 1746

 

Plan von den in Südweiher Felde und in den herrschaftlichen so genannten Jeveller Gestüd Zehentner gehörigen Zehent Enden und Stücken – gemessen in Monat September Anno 1755 10

 

5.1.3 Die Zehntflur in der Leester Heide

 

Die Akten verwenden mehrere Bezeichnungen: Mal ist von der Leester Geest, dann von der Zehntflur oder der Leester Heide die Rede. Von der Leester Heide bzw. der Leester Zehntflur sind 2 Karten von 1746 und 1831 erhalten. Die Karte von 1831 ist mit „Die von Schwicheldtsche Zehntflur“ betitelt, während die Karte von 1746 das „Leester Nord- und Südfeld allwo der Herrschaftliche Geest Zehndte besonders mit Coleuren und Nummern destingguirt,aufgemessen“ darstellt.

 

Eingetragene Höfe und Zehntfeldinhaber in der Karte von 1746:

Zehntländereien bei Leeste, 1746, Zeichner: Balsleben  11
Zehntländereien bei Leeste, 1746, Zeichner: Balsleben 11
Karte der Hochgräflichen von Schwicheldtschen Zehntflur der Bauerschaft Leeste, Amts Syke (1831).  12
Karte der Hochgräflichen von Schwicheldtschen Zehntflur der Bauerschaft Leeste, Amts Syke (1831). 12

1864 wird eine Verkoppelung des Leester Geestfeldes durchgeführt.13 Von 1868 – 1873 folgt die Verkoppelung des Mühlenfelds in Hörden.14

 

5.1.4 Sudweyher Heide

Jenseits der Sudweyher Geest in Richtung Jeebel beginnt die Sudweyher Heide.

 

Um 1585 lagen im Heidegebiet der Dorfschaft Sudweyhe nur zwei Gehöfte – der Kötnerhof des Albert auf dem Moor und der Brinksitzerhof des Otto Borgstedt, heute Heidstraße 57 (früher Sudweyhe Nr. 50).

1772: Plan von dem Königlichen Amte Sieke und zwar ohnweit dem Dorffe Sudweyhe belegenen sogenannten Sudweyher Mohr oder Bruch, welches aus Mohr, Bruch, Gras und Heide-artigen Stellen auch etwas Ellern Busch bestehet und in Summa 1010 Morgen 60 Ruten 1322 Fuß Calenberg enthaelt.15


Zwischen 1813 und 1816 wurde die Siedlung „achtern Busch“ gegründet. „Der Willfärigkeit des Herrschaftlichen Köthners Johann Hinrich Meyer“, berichtete am 1. Januar 1816 die Syker Amtsverwaltung nach Hannover, „verdanken wir die Realisierung der Anlagen, indem demselben auf der fraglichen Heide die Schaftrift vorzüglich gehöret, derselbe beseitigte kleine Anstände sehr patriotisch.“16 Es werde „daselbst in kurzer Zeit eine kleine artige Colonie von 12 Reihestellen aus der Heide aufblühen, wo bisher das Schaf die kümmerlichst Nahrung fand“. Zur „Entschädigung der daselbst in etwas aufgeopferten Schaftrift“ wünschte Meyer eine „neben seinem Campe situirte Heidfläche von etwa zwei Morgen“ zu erhalten, „wodurch der Kamp beßer arrondirt wird und eine abgerundete mathematische Fläche erhält“. Amtmann Stelling und seine Kollegen unterstützten das Gesuch. Johann Hinrich Meyer erhielt die erbetene Heidefläche.

 

5.1.5 Die Zehntflur in der Jeebeler Heide

 

Das Gebiet der Jeebeler Heide schließt sich südlich an die Sudweyher Heide an. Auf der Karte von 1773 wird es als “Jebeler gestühe Feld”(wohl heutiges “Stührfeld”) und “Jebeler Heide” eingetragen. Auch die am östlichen Rand von Jeebel liegende Moorheide gehört dazu. Sie ist aber wohl 1773 noch nicht unter diesem Namen bekannt.

 

Zwischen Hache und Heide liegen die Felder von Jeebel (“Jebeler Camp”). Aber auch auf dem “Gestühe Feld” sind einzelne Stücke abgeteilt. Der Ackerstreifen zieht sich bis zu Mohrmanns Hof in der Sudweyher Heide.

 

1773 ist die heute Waldfläche scheinbar noch größtenteils als Heide ausgewiesen.

 

Da wo heute die Waldsiedlung und die Heidesiedlung liegen, war im 18. Jahrhundert noch keine Hofstelle.

1755 ist die Vergabe der Anbau-Stücke an die einzelnen Höfe in einer Karte vermerkt worden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zehnt-Ländereien bei Sudweyhe und Jeebel, Teil 1, Anno 1755 17

Zehntländereien bei Sud-weyhe und Jeebel, Anno 1755, Teil 2 18

 

 

5.1.6 Erichshofer und Hördener Heide

 

Auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme aus dem Jahr 1773 sind zwischen dem „Vorwerk Erichshoff“ (oberer Kartenrand) und den „Risteter Wiesen“ (unten links) lediglich die 6 Hofstellen in „Angelsee“ eingezeichnet. Außer den gestreiften Feldern am Vorwerk, entlang des Hombachs und in Angelse sind Wiesen nördlich des Hombachs („Herrenweide“) und Heide südlich des Hombachs („Leester Heide“) ausgewiesen. In der Heide südlich der „Risteter Wiesen“ und der Herrenweide sind mehrere Gewässer angedeutet. Es dürfte sich dabei um Schlatts und Moortümpel handeln, von denen heute nur noch 3 übrig geblieben sind. Das deutet auch darauf hin, dass hier ein mooriges Gebiet lag, wo Torf abgestochen wurde. Deswegen konnte hier auch kein Ackerbau betrieben werden.

Die Feldmark am Vorwerk Erichshof gehörte zum Vorwerk und wurde von dessen Pächter bestellt. Die Felder am Hombach dürften zu den Angelser und Leester Höfen gehört haben - siehe dazu im Folgenden).

 

Neben dem Torf scheinen zumindest die Wiesen am Hombach nach der Errichtung des Vorwerks auch von diesem genutzt worden zu sein. So gibt es Einträge im Dienstregister des Amtes Syke von 1589: „Haw aus den Rister Wiesen nach dem Erichshof gefurt“ und auch „Haben einen Torfschutten abgenohmen und wiederumb beim Erichshof aufgericht“ sowie „Haben Torf umgereiget“.19

 

Die Erichshofer Heide war ansonsten wohl Teil der Leester Allmende (siehe unter Leester Heide). Die Gerechtigkeiten verschiedener Parteien in diesem Stück der Heide (Schaftrift, Plaggenmahd, Torfstich) sind im Kapitel „Leester Heide“ beschrieben.

 

Im Jahre 1828 wurde auch Teile der Erichshofer Heide an die Interessenten verteilt. Eine Karte (mit dem Titel „Hördener Heide“), zeigt die aufgeteilten Stücke (inklusive der Hördener Sandhöhe) und die Namen der neuen Eigentümer – aus Erichshof und Hörden.

 

Die Stücke der Hördener Sandhöhe sind heute alle mit Wohnungen bebaut.

 

1562 erlaubt Graf Erich V. v. Hoya den Habenhausern und Arstern den Torfabbau im “Bremer Moor “ “an dem Ort, wo auch wir unseren Torf für unser neuerbautes Vorwerk auf dem Erichshofe abgraben”. Hier ist mit dem “Bremer Moor” wohl das Moor gemeint, das sich von Ristedt/Wulfhoop entlang des Hombachs bis nach Angelse hinzieht.

 

Ein Teil davon wird wohl später “Erichshofer Heide” genannt. Der nördlichere Teil gehört schon zu Brinkum. Eine Karte von 1828 zeigt die Aufteilung dieses Moores, das nordwestlich der „Weissen Riede“ (in der Landesaufnahme von 1773: „Witten Riede“) liegt. Damit wäre es heute auf Stuhrer /Seckenhauser Gebiet. Auf der Karte von 1828 ist es mit „Hördener Heide“ bezeichnet, vielleicht weil die Hördener hier Abbaurechte für den Torf besaßen.

 

Bei der Vereinzelung im Jahre 1828 werden die Hördener mit Stücken bedacht, aber auch die Erichshofer Erbenzinsstellen, die 1790 entstanden waren. Man hatte wohl erkannt, dass das 1790 zugeteilte Land für den Lebensunterhalt nicht ausreichte. Die zugeteilten Stücke lagen einmal an der Hördener Sandhöhe (an der Chaussee, gegenüber dem Schulkamp), sowie im Moor hinter den Hördener Stücken. Die Hördener Moorstücke waren allerdings größer als die der Erichshofer.

 

Charte von der Hördener Heide im Amt Sycke  1828  aufgenommen und chartiert im Jahre 1826  20
Charte von der Hördener Heide im Amt Sycke 1828 aufgenommen und chartiert im Jahre 1826 20

Zur Karte von 1828:

Namen der Interessenten der Hördener Heide

Aus Hörden


Die Zehntstücke auf der Hördener Sandhöhe: Aufgeteilt an die Erichshofer Erbenzinsstellen (Original)
Die Zehntstücke auf der Hördener Sandhöhe: Aufgeteilt an die Erichshofer Erbenzinsstellen (Original)
Kopie der Karte von 1828 (aus dem Jahr 1928)
Kopie der Karte von 1828 (aus dem Jahr 1928)
Erichshofer / Wulfhooper Moor: aufgeteilt an die Hördener (a..z) und die Erichshofer Erbenzinsstellen (2a .. 3q)
Erichshofer / Wulfhooper Moor: aufgeteilt an die Hördener (a..z) und die Erichshofer Erbenzinsstellen (2a .. 3q)

 

5.2 Ackerbau in Marsch und Bruch

 

Einige höher gelegene Flächen in der Marsch und in den Bruchgebieten wurden schon früh umgebrochen und zum Anbau von Winter und Sommerfrüchten genutzt.

 

Nach Manecke gab es drei Arten der Marsch: „Die erste enthält einen blauen Klei, den man Dwo nennt, leicht zu nass oder zu trocken wird und das sechste und siebente Korn trägt. Die zweite Art enthält einen Lehmklei, wird nicht so leicht zu trocken oder zu nass, ist daher der beste für die Bestellung und trägt auch das sechste oder siebente Korn. Und die dritte Art enthält einen gemischten Sandklei, kann fast zu aller Zeit bestellt werden und trägt das fünfte bis sechste Korn.“21

 

In der Marsch wird anstelle der Dreifelder-Wirtschaft der vierjährige Wechsel zwischen Beweidung und Bestellung gehandhabt („Wechselmarsch“). Angebaut werden Bohnen, Wicken Gerste, Hafer, Leinen (Flachs) und Weizen. Eine Düngung ist dabei nicht notwendig. “22

 

Neben der normalen Arbeitsbelastung des Feldanbaus kommen in der Marsch die Erhaltung der Deiche und die Offenhaltung der Gräben hinzu.

 

Auch ist in der Marsch bis Mitte des 20. Jahrhunderts das Risiko des Verlusts der Ernte durch Sommerhochwasser der Weser oder der Ochtum gegeben.

 

Heute sind die Deichpflege und die Gewässerpflege in die Hände der Deichverbände und der Wasser- und Bodenverbandes gelegt, und das Risiko von Überschwemmungen ist nach den zahlreichen Deicherhöhungsmaßnahmen äußerst gering.

 

Als spezielle Nutzung des Marschbodens im Bereich alter Flussläufe kommt ab Mitte des 19. Jahrhundert der Abbau von Auelehm hinzu. Der hier winkende Ertrag durch zeitweilige Verpachtung an die ab 1824 entstehenden Ziegeleien hat aber einen gewaltigen Pferdefuß: Nach Abbau des Lehms liegen die Flächen merklich niedriger und sind der Überschwemmung schon bei etwas länger anhaltenden Regenperioden ausgesetzt.

 

Andererseits ist die Fruchtbarkeit der Marschböden ein Garant für hohe Erträge bei günstigen Bedingungen. Das führt dazu, dass heute ein Großteil der Marschböden als Acker genutzt wird und die Milchviehhaltung nur noch auf einem kleinen Teil der Flächen vorherrscht.

 

  • Die Sudweyher Wechselmarsch 23

        „erstreckte sich zwischen dem Dorf Ahausen und der Linie Rieder See – Weyher See. Im vierjährigen                Wechsel wurden größere Abschnitte beackert bzw. als Brachweide genutzt. Um eine Feldbearbeitung                möglich zu machen, wurden sogenannte Wölbäcker angelegt, damit das Oberflächenwasser sich in den            flachen Gräben links und rechts der gewölbten Ackerstreifen sammeln und abfließen konnte. Die wohl                letzten Wölbäcker sind rund um den Hof Langen-Lehmkuhl zu sehen, in der um 1678 so bezeichneten               „Rosenhagen Wendung“.

 

       Zur Nutzung heißt es in der Amtsbeschreibung des Amtes Syke 24 aus dem Jahr 1775: „Sowohl die Kirch-,         als Sudweiher Marsch sind Wechselmarschen, und wird von jeder die Halbscheid alle vier Jahre geweidet,         und zu Bestellung der Sommerfrüchte, als Gersten, Habern, Wicken und Bohnen aufgebrochen.“

 

       Ackerland in Kirchweyhe u. Sudweyhe 1795/97: 25

 

1. 1360 Morgen 107 Q.-R. Geest-Ackerland der Bauern

2. 2514 Morgen 48 Q.-R. Marsch-Ackerland (der Bauern) = Wechselmarsch, „wovon die Hälfte stets Korn trägt“, „die Hälfte aber zu Grase liegen muß“, also nur 1257 Morgen 24 Q.-R.

3. 328 Morgen 64 Q.-R. Geest-Ackerland der „exemten Claße“ (Gutshöfe etc.)

4. 826 Morgen Marsch-Ackerland der „exemten Claße“ = Wechselmarsch, wovon „die wechselnde Hälfte zum Grase stets liegen muß“, also nur 413 Morgen.

 

Erst 1819 wurde eine Verkoppelung durchgeführt, durch die jedem Eigentümer breitere Ackerstücke              zugewiesen wurden. Es entstand die noch heute in groben Zügen erhaltene Heckenlandschaft zwischen      Ahausen und Sudweyhe. Die Weide- und Wiesenwirtschaft trat an die Stelle der Wechselnutzung. Der          Grasverkauf auf dem Halm wurde zu einer wichtigen Einnahmequelle für viele Bauern in Ahausen,               Sudweyhe, Dreye und Kirchweyhe. Gegen Höchstgebot wurde das Gras auf abgesteckten        Wiesenabschnitten versteigert. Die Graskäufer führten dann in der Regel selbst das Abmähen und den Transport durch, z.T. beauftragten sie die Eigentümer der Wiesen mit den entsprechenden Arbeiten, wofür ein Aufpreis zu zahlen war. Bis in die 1960er war die Ahauser und Sudweyher Marsch primär Weide- und Wiesenland.“ 26

 

  • Kirchweyher und Leester Marsch

Dass auch in der Leester Marsch Ende des 18. Jahrhunderts Ackerbau nach dem Wechselmarsch-Prinzip betrieben wurde, zeigt die Akte über die Teilung der Vorwiese, in der es klare Regeln zur Bebauung sowie Beweidung der Anbauflächen gibt. Diese Regeln werden sich an der geltenden Praxis der Wechselmarsch für die gesamte Leester Marsch orientiert haben, was den Zeitpunkt des Wechsels zwischen Grasbewuchs und Umbruch zum Acker (und umgekehrt) angeht.

 

Was oben für die Sudweyher Marsch bezüglich des Grasverkaufs gesagt wurde, galt in gleichem Maße für die Leester und Kirchweyher Marsch.

  • Sudweyher Bruch

 

Das Google Luftbild von 2021 zeigt die Aufteilung der Sudweyher Bruchgebiete: Die durch Hecken abgetrennten Schläge sind fast ausschließlich Ackerflächen. Mitten in den Bruchgebieten sind größere Viehställe (Putenmast) und ein Aussiedler-Gehöft (Kleemeyer) gebaut worden. Ansonsten ist das Gebiet von Bebauung frei geblieben. Nur am westlichen Rand, an den „Bruchweiden“ sind einzelne Hofstellen vorhanden.

 

In früheren Zeiten waren die heutigen Ackerflächen in der Mehrzahl noch Weideflächen. Zur Zusammenlegung der Sudweyher Bruchwiesen am Ende des 19. Jahrhunderts siehe im Folgenden das Kapitel über die Verkoppelungen.

  • Leester / Kirchweyher Bruch

Das „Weyher Bruch“ zwischen Leeste und Kirchweyhe wird von bebauten Siedlungsflächen eingerahmt: Das Google Luftbild von 2021 zeigt die noch beackerten Schläge des Bruchs zwischen Leeste und Kirchweyhe. Von Süden hat sich die Bebauung (Rathaus, Sportanlagen, Im Schlade, Am Weißen Moor) ebenso ausgeweitet wie von Osten (Bahnhof, Gewerbegebiet und Gartenbaubetrieb „Im Bruch“). Auch im Norden sind Aussiedlerhöfe (Schierenbeck, Fohne, van Hoorn) und Siedlungen (Im Wiesengrund, Bebauung am Weidufer) entstanden. Kleine Wäldchen haben sich am Struthoffschen Schlatt und am neu angelegten Biotop zwischen Weidufer und Bahnbrücke erhalten bzw. entwickelt. Der Rest sind größtenteils Ackerflächen.

 

 

5.3 Verkoppelungen und Flurbereinigungen

 

Die Abwendung von der Feudalherrschaft beginnt im 18. Jahrhundert und dauert bis ins 20.Jahrhundert. Gleichzeitig werden die Gemeinheiten an die einzelnen Höfe verteilt. Der im Laufe der Jahrhunderte entstandenen Zersplitterung der Anbauflächen, die auch in den Teilungen der Gemeinheiten teilweise fortgesetzt wird, wird durch Verkoppelungen und Landtauschaktionen begegnet.

 

Die parallel zu den Gemeinheitsteilungen durchgeführten Verkoppelungen resultieren in der Zusammenlegung von zersplitterten Betriebsflächen zu größeren Acker-, Wiesen- und Weideparzellen, wobei zugleich die überkommenen kollektiven Weiderechte, die auf den Grundstücken lasteten und einer individuelle Nutzung im Weg stehen, aufgehoben werden. Schon 1819 erfolgt die Verkoppelung eines Großteils der Sudweyher Marsch. Vollmeier Johann Heinrich Wetjen in Sudweyhe Nr. 8 erhält damals Flächen in der 2. Lage („die kleine Marsch“) und in der 5. Lage („die große Marsch“) im Umfang von 34 Morgen und 109 Quadratruthen. Siehe hierzu die Auszüge aus dem in den 1820er Jahren entstandenen Sudweyher Grundstücksverzeichnis.

 

 

5.3.1 Die Verkoppelung der Sudweyher Marsch um 1819

 

Um 1819 wird die Verkoppelung in der Sudweyher Marsch durchgeführt, durch die jedem Eigentümer breitere Ackerstücke zugewiesen wurden.27 Berücksichtigt werden dabei auch diejenigen Hofbesitzer, die lediglich Weiderechte auf den Brachflächen besitzen - wie die „weideberechtigten Kötner“. Sie sind die Nachfolger der 16 Kötner, die 1650 „nach geführter Klage“ das Recht erhalten haben, „Vieh allerley Ahrt“ in die Sudweyher Dreschmarsch (Wechselmarsch) zu treiben. 28 In dem offenbar 1825 ausgefertigten Verkoppelungsrezess heißt es (zitiert nach Heinrich Esdohr): „Die Sudweyher und Ahauser Kötner mit Ausnahme von Harm Lüers aus Sudweyhe [Nr. 18], Witwe Bötjer [Wetje Oetjen geb. Sengstake in Sudweyhe Nr. 23] und Johann Stegmann haben für die genoßene Dresch- und Stoppelweide, wozu sie mit einer bestimmten Anzahl Hornvieh und Gänsen berechtigt waren, eine vergleichsweise festgesetzte Abfindung von 80 Quadratruthen für jede Rinder- und Gänseweide, der Kötner Heinrich Meyer zum Moore aber, dem eine unbestimmte Weideberechtigung zustand, überhaupt 8 Morgen, alles Boden mittlerer Güte Binnendeichs, privatim zugetheilt erhalten und mit dieser Abfindung alle Real-Lasten an Wegen pp. davon zu nehmen, jedoch nichts zur Ablösung des Zehnten mit herzugeben, die daher den alten Grundbesitzern allein zur Last gefallen ist.“ 29

 

 

5.3.2 Die Verkoppelung des Sudweyher Geestfeldes und der Kuhweide

 

Um 1850 wurden die „Verkoppelung des Geestfeldes sammt den s.g. Aeckern und Wiesen“, die „Aufhebung und Abfindung der auf den verkoppelten Feldern“ bestehenden Weideservitute sowie die Spezialteilung der Sudweyher „Kuhweide nebst Winkel“ von der Gemeinde Sudweyhe und mehreren Hofbesitzern beantragt. Die „weitere Bearbeitung des Verfahrens“ wurde von der Landdrostei Hannover „dem Amtsassessor Ostermeyer zu Syke“ und dem „Landes-Oeconomie-Commissair Flierbaum zu Asendorf“ übertragen. Aufgrund ihres positiven Berichts erklärte die Landdrostei Hannover die Sudweyher Anträge am 11. April 1851 „für stattnehmig“. Die weitere Bearbeitung lag in den Händen der Amtmänner Wellenkamp (1852-59) und v. Wangenheim (seit 1859), der „Landes-Oeconomie-Commissaire“ Flierbaum (bis zu dessen Tod im März 1856) und Wiede (bis zu dessen Pensionierung) sowie schließlich des „Landes-Oeconomie-Conducteurs“ Wittig. Erst Ende der 1850er Jahre konnte das Verfahren zum Abschluss gebracht werden.

 

Der „Recess über die Verkoppelung des in der Feldmark Sudweyhe, Amts Brinkum belegenen Geestfeldes sammt den s.g. Aeckern und Wischen; die Aufhebung und Abfindung der auf den verkoppelten Feldern bestandenen Weideservitute und die Specialtheilung der Gemeinheit: die Kuhweide nebst Winkel genannt“, wurde von den Beteiligten am 1. August 1860 anerkannt und genehmigt:30

 

„Die Kuhweide nebst Winkel ist begrenzt: Gegen Norden: Theils von einem Bache, die Hache genannt, theils von Grundstücken die zum Dorfe und der Feldmark Kirchweyhe gehören. Gegen Osten: Von Grundstücken der Marsch; Theils nach Kirchweyhe, theils nach Sudweyhe gehörend. Gegen Süden: Von der Particularabfindung des Vollmeiers Esdohr zu Sudweyhe, Gegen Westen: Von den hinter der Particularabfindung des Halbmeiers Warneke belegenen Grundstücken des Vollmeiers Wetjen-Siemer und dem Sudweyher Brinke. […] Das Theilungsobject wird durch den Sudweyher See in zwei Theile zerlegt, wovon insbesondere der am Dorfe Sudweyhe belegene die Kuhweide, der östlich dem See belegene der Winkel genannt wird.“ 31

 

Aufschlussreich sind folgende Hinweise in dem o.g. Rezess (S. 35-38):

  • „Die zur Verkoppelung gelangten Grundflächen waren in Ansehung der Benutzung durch den Eigenthümer nicht ohne Beschränkung indem auf dem Geestfelde die, wenngleich in geraumer Zeit nicht stattgefundene einseitige Behütung der Koppelweide mit den Schaafen des von Schwicheldtschen Guts lastete, auf den Aeckern und Wiesen die Aufhütung mit Hornvieh von verschiedenen Berechtigten, welche theils Grundeigenthümer auf den der Hütung unterworfenen Flächen, theils auch ohne Grundbesitz waren, ausgeübt wurde.“ Zur Nachweide „waren einige Interessenten nur auf den Aeckern, andere dagegen nur auf den Wiesen berechtigt“. „Die Anzahl des von einem jeden Berechtigten zur Weide getriebenen Viehes war fest bestimmt“.
  • „Die Wiesenflächen der s.g. Aeckern und Wiesen unterlagen auch noch im Falle einer Beackerung theils dem Zehnten der gräflich v. Schwicheldtschen Güter, theils dem des Vollmeierhofes des Fr. Meyer zu Kirchweyhe.“

 

5.3.3 Die Verkoppelung der Sudweyher Bruchwiesen und Feldmark

 

1895 wird eine „Plan-Urkunde über Verkoppelung der Bruchwiesen nebst eines Theiles der sogenannten Anschlußflächen in der Feldmark Sudweyhe“ erstellt.32

 

Am 31. Mai 1890 fand die erste Versammlung „für sämmtliche Bruchwiesen- und Anschluß-Interessenten“, „im Warnekeschen Gasthause zu Sudweyhe“ statt, „um zu berathen, ob es für das allgemeine Wohl nicht besser wäre, wenn die Bruchwiesen und Anschlüße verkoppelt würden, weil die Parzellen so schmal und so furch[t]bar lang sind und kein ordentlicher Weg dahin geht“. Es sei „keiner im Stande“, „den Nutzen bei der jetzigen Lage herauszuziehen“. Die Königliche Generalkommission in Hannover gab am 21. Februar 1891 grünes Licht für das Vorhaben.33 „Landmesser Gärtner“ legte am 17. Oktober 1894 einen „Auseinandersetzungsplan“ vor. Dieser bildete die Grundlage der am 29. Mai 1895 von allen Beteiligten anerkannten „Plan-Urkunde über die Verkoppelung der Bruchwiesen nebst eines Theiles der sogenannten Anschlußflächen in der Feldmark Sudweyhe“

 

In der „Plan-Urkunde“ heißt es zum „Gegenstand der Auseinandersetzung“, er bilde „eine zusammenhängende, westlich des Süstedter Baches – eines von Süstedt herkommenden und bei Ausführung der Anlagen der Meliorations-Genossenschaft Bruchhausen-Syke-Thedinghausen zum Behufe der Aufnahme von Abfallwassern begradigten und vertieften Zuflusses des Kirchweyher Sees – belegene Grundfläche, welche im Untergrund gröberen, mehr oder minder durchlässigen und stellenweise mit Thon durchsetzten Sand von verschiedener Güte, im Oberboden guten humosen Schlick, hin und wieder auch anmoorigen, bezw. moorigen Wiesen- und nach dem Süstedter Bach hin guten Kleiboden führt. Das Object, durch welches sich in Richtung von Süden nach Norden sowie im Westen je eine Anbergung, bezw. eine Bodenerhebung in höherer Lage mit z.Th. nur geringem Humusboden hinzieht, wird begrenzt:“ im Norden u.a. „durch den sogen. Bruchweg“, im Osten durch den Süstedter Bach, im Westen u.a. durch einen Koppelweg.“

 

Das „der Zusammenlegung unterworfene gesammte Gebiet“ umfasste 91,2310 ha. 34

 

 

5.3.4 Verkoppelung des Sudweyher “Stührfeldes” / Sudweyher Heide

 

Die Verkoppelung des Sudweyher „Stührfeldes“ wurde offenbar 1909 abgeschlossen. Der „Teilungs-Urkunde über die Verkoppelung der Gewanne ‚Das Stührfeld’ in der Gemarkung Sudweyhe“, von den Beteiligten am 30. November 1909 anerkannt, ist u.a. Folgendes zu entnehmen:35

 

„Gegenstand der Auseinandersetzung bildet ein Teil der alten Ackerländereien der Gewanne ‚Das Stührfeld’ in der Gemarkung Sudweyhe zur Größe von 59,1226 ha […] Nachträglich sind zur besseren Wegeanlage und zur Begradigung der Grenzen Teile von ausgeschlossenen Grundstücken der Gemarkung Sudweyhe zugezogen worden zur Größe von zusammen 3,1963“ Hektar. „Auf Grund Neumessung und Neuberechnung […] kommen hinzu 0,0878“ Hektar, „so daß das Verkoppelungsgebiet im ganzen umfaßt:“ 62,4067 Hektar. „Das Verkoppelungsgebiet umfaßt eine zusammenhängende Fläche, die durchweg aus Ackerland besteht. Es liegt südwestlich vom Dorfe Sudweyhe und wird begrenzt gegen Norden: durch ausgeschlossene Privatgrundstücke […], Westen: durch die Landstraße von Bassum nach Dreye, Süden: durch die Forstparzelle 3, den Jeebeler Busch“ und weitere Parzellen.

 

In Folge „des rechtskräftigen Stattnehmigkeitserkenntnisses vom 2. August 1907“ wurde „die Teilverkoppelung der Gewanne ‚auf der Sudweyher Heide’“ vorbereitet. Der Auseinandersetzungsplan wurde den Beteiligten am 29. Juni 1910 eröffnet und gelangte, da keine Widersprüche erfolgten, offenbar 1910/11 zur Ausführung.

 

Aus der von den Beteiligten am 19. Oktober 1911 anerkannten „Teilungs-Urkunde“36 geht hervor:

 

„Das Auseinandersetzungsgebiet umfaßt“ 90,5584 Hektar. „Die Ländereien des Verkoppelungs-Gebietes dienten entsprechend ihrem aus Neubruchland bestehenden Boden in feuchter Lage dem Ackerbau, insbesondere dem Anbau von Sommerfrüchten. Sie waren rücksichtlich ihrer Benutzung, namentlich der Abwässerung und der Fruchtfolge von einander abhängig.“ Folgende Flurnamen werden genannt: „Im Lager“, „Hinter den Höfen“ bzw.“Hinter den Heidhöfen“, „Am Kuhdamm“, „Wülfers Wennige“, „Vorm Stühr“, „Achtern Schmidden“, „Neddenkamp“.

 

 

5.3.5 Flurbereinigungen im 20. Jahrhundert

 

Auch im 20. Jahrhundert werden weitere Flurbereinigungen durchgeführt

 

  • 1919 wird die Verkoppelung / Umlegung von Wiesenflächen in der Leester Marsch Diese Umlegung wird als nicht besonders erfolgreich beschrieben. Es gab später Unmut darüber, dass sich die großen Bauern die besten Stücke gesichert hätten37
  • Flurbereinigung Kirchweyhe (1952 bis 1959)
  •  Flurbereinigung Kirchweyher See (1998-2011); darin: Verkoppelung „Ochtum“ (Leester Marsch) 2010

 

5.3.5.1 Flurbereinigung Kirchweyher See (1998-2011)

 

In einem großen und umfangreichen Flurbereinigungsverfahren wurden die trotz einiger schon früher stattgefundenen Bereinigungen die noch immer zerstückelten Parzellen neu aufgeteilt und zusammengelegt. Die Flurbereinigung teilte sich in 2 Teilgebiete auf, die mit „Ochtum“ und „Kirchweyher See“ bezeichnet wurden. Das Teilgebiet „Ochtum“ umfasste im Wesentlichen die Leester Marsch.

Verkopplung Ochtum (Teil der Verkoppelung Kirchweyher See 1998 – 2011)
Verkopplung Ochtum (Teil der Verkoppelung Kirchweyher See 1998 – 2011)

An dem durch die Verkoppelung entstandenen Renaturierungsgebiet des Mühlbachs wurde auch eine kleine Aussichtsplattform aufgehäuft. Dort hat die GLL eine Tafel errichtet, die den Umfang der Verkoppelung den Besuchern nahe bringt.


Übersichtskarte alt Leester Marsch
Übersichtskarte alt Leester Marsch
Übersichtskarte neu Leester Marsch
Übersichtskarte neu Leester Marsch

Vergleicht man die beiden Karten, so ist deutlich die Vergrößerung der einzelnen Stücke zu erkennen.

 

Die Flurbereinigung Ochtum ist ein Teil der umfassenderen Bereinigung unter dem Namen Kirchweyher See. Dazu ist in der Marsch ein Steindenkmal mit der Plakette aufgestellt worden, die das Bereinigungsgebiet zeigt.

 

Es handelte sich dabei um weitere 2104 ha, während das Gebiet der Flurbereinigung Ochtum „nur“ 583 ha betraf.

Die Kreiszeitung berichtete Ende September 2010 vom Abschluss der Flurbereinigung.38

 

5.4 Von der Plaggendüngung zum Flüssigdünger

 

Seit der Zeit Karls des Großen wurde auf der kargen Geest die Dreifelder-Wirtschaft betrieben: Das Land wurde in drei Schläge aufgeteilt, wovon der gedüngte Teil meist Winter-, der ungedüngte Teil Sommerfrucht trug. Der dritte Teil blieb als Brachland (Dreesch) ungepflügt liegen. Als Winterfrucht wurden Roggen, Weizen oder Rüben angebaut, als Sommerfrucht Hafer, Buchweizen, Gerste oder Flachs. Später ging man dazu über, auf dem dritten Teil ebenfalls etwas anzubauen, z.B. Klee, Rüben, Kohl oder Kartoffeln.

 

Wie Manecke berichtet, kam es Ende des 18. Jahrhunderts vor, dass man zur Verbesserung des Bodens alle vier Jahre die Pflugfurche mit dem Spaten nachbearbeitete, um tiefer gelegene Erde nach oben zu befördern (also sozusagen tiefer zu pflügen). “39

 

Ohne Kunstdünger kam es entscheidend auf die Bodenqualität an: Die Geest war da immer im Vergleich zu der fruchtbaren Marsch benachteiligt. Dort musste für ausreichende Düngung gesorgt werden. Diese geschah in früheren Zeiten (seit der Eisenzeit) durch Abstechen von Grasplaggen auf unbebauten Flächen, meist auf der Allmende. Von dadurch entstehendem Streit zwischen den Nutzern der Dreyer Kuhweide und den Plaggenstechern aus Kirchweyhe haben wir schon an anderer Stelle gehört, wobei es oft um den Zeitpunkt des Abstechens ging. Andere Berichte gibt es von Auseinandersetzungen um den „Plaggenhieb“ zwischen den Nutzungsberechtigten der Erichshofer Heide und den Brinkumern sowie zwischen der Leester und Lahauser Bauernschaft. Auch stritten sich die Lahauser und die Barrier um die „Schollenmahd“.40

Plagenhauen mit der Plaggen-Hacke

Foto ca. 1920 in der Lüneburger Heide 41

1901: Werbung für Guano-Dünger 42
1901: Werbung für Guano-Dünger 42

Bei der Plaggendüngung wurden Heide- und Waldböden, aber auch Grasnarben auf Flussinseln etc. abgetragen (Plaggen) und im Stall als Einstreu genutzt. Die mit tierischen Ausscheidungen angereicherten Einstreuböden wurden wieder ausgebracht und auf den Feldern als Dünger eingesetzt.

Mit der fortschreitenden Mechanisierung und dem Aufkommen von Kunstdünger wurde die Plaggendüngung überflüssig beziehungsweise ineffektiv. Als Kunstdünger kam anfangs Knochenmehl, dann importierter Naturdünger aus Übersee (Guano / Vogelmist) und schließlich Chilesalpeter, Kalk, Kali und Phosphorsäure zum Einsatz.

Beim Knochenmehl handelte es sich um zerkleinerte Tierknochen, die beim Schlachten des Viehs oder nach dem Verzehr des Fleisches übrig blieben. Die Zerkleinerung erfolgte in Windmühlen – jedenfalls in Leeste-Hagen und Erichshof. Die Erichshofer Windmühle von Gerd Dunkhase war als Knochenmühle bekannt und berüchtigt – wegen der Geruchsbelästigung durch die gelagerten Knochen. Auch die Windmühle in Hagen von Heinrich Dunkhase hat zeitweilig Knochen zermahlen.43

Das Knochenmehl wurde alle 2 Jahre auf die Äcker ausgebracht und diente den Geestbauern als Ersatz für die Plaggendüngung.

Werbung für Düngemittel 1920 44


Vor der Mechanisierung wurde der Mist mit Pferd und Wagen aufs Feld gefahren, dort mit der Forke verteilt. Hier eine Doppel-Fuhre Mist vom Hof Otten-Lange in Melchiorshausen beim Waldkater, um 1934.45

Aber auch der vom eigenen Vieh produzierte Naturdünger wurde weiter verwendet: Statt mit Plaggen wurden die Ställe mit Stroh ausgelegt. Der Mist wurde anfangs mit Pferd und Wagen aufs Feld gebracht und per Hand verteilt. Mit der fortschreitenden Mechanisierung wurden Miststreuer erfunden, die über die Zapfwelle der Traktoren angetrieben wurden und den Mist über rundlaufende Walzen auf dem Feld verteilten. Der Mist wurde dabei über eine Förderkette („Kratzboden“) den Walzen zugeführt.


Zwei Fotos aus den 1950er Jahren zeigen verschiedene Modelle von Miststreuern.46

 

Heutige Miststreuer sind sehr viel größer (bis 18 to), werden z.B. mit dem Frontlader am Trecker beladen und streuen den Mist über einen oder mehrere Streuteller in mehrere Meter breite Bahnen hinter dem Miststreuer auf den Acker.

Auch beim Mistaufladen gab es bald Hilfe: Auf dem Hof Schulte-Ahrens in Leeste wurde z.B. ein “Atlas-Lader” eingesetzt, der an die Trecker-Hydraulik angeschlossen war und mit einem Greifer ausgestattet war.

 

Nachdem in den Ställen die flüssige Jauche separat aufgefangen wurde, brachte man sie per Jauche-Fass aufs Feld. Diese wurden zuerst von Pferden gezogen. Mit fort-schreitender Traktorenentwicklung wurde es auch möglich, saugstarke Vakuumpumpen an den Fässern zu betreiben, und dadurch Gülle, die neben der Jauche auch festere Bestandteile enthielt, per Güllefass auf den Feldern zu verteilen. Das führte dann zur Haltung von Vieh ohne Stroh, auf sogenannten Spaltenböden mit darunter liegenden Güllekanälen, die die Exkremente der Tiere in große Güllebehälter entsorgten.

Das Ausfahren der Gülle ist oft mit starken Geruchsbelästigungen verbunden. Die Landwirte sind gehalten, diese auf ein Minimum zu reduzieren. Das gelingt nicht immer: So kann sich Karl-Heinz Ahrens aus Leeste erinnern, dass man ihm bei der Fahrt mit einem vollen Güllefass durchs Dorf überall freundlich zu gewunken hat. Nachdem er zuerst an einen glücklichen Tag mit überall freundlichen Menschen glaubte, sah er bald in Höhe des Gasthauses Fuhrberg die Bescherung: Die Gülle hatte sich auf die Leester Straßen ergossen. Hardy Krüger musste mit seinem Besenwagen alles wieder sauber machen.

 

Bei der Handhabung mit den Rohrverbindungen konnte es beim Einsaugen der Gülle oder beim Aussprühen auf den Feldern zu ungewollten “Duschen” kommen. Karl-Heinz Ahrens kann auch davon berichten.47

 

Mit dem Fortschreiten der Tierhaltung hinzu zu immer größeren Ställen auf immer größeren Höfen wurde es notwendig, den Einsatz von Gülle auf den Feldern zu reglementieren, um die Nitratbelastung des Grundwassers unter einem Grenzwert zu halten. Dabei wurde den Landwirten untersagt, mehr als eine bestimmte Menge an organischem Dünger (also Gülle) pro landwirtschaftlich genutzter Fläche auszubringen. Das führte schließlich zum Gülle-Tourismus, d.h. die Landwirte waren gezwungen, überschüssige Gülle auf den Flächen anderer Landwirte auszubringen. Der Gülleüberschuss ist besonders in der Region Weser-Ems sehr groß, während im Landkreis Diepholz eher ein Güllemangel herrschte. Daher gehörten bis vor einigen Jahren der Landkreis Diepholz und die Gemeinde Weyhe zu den Gülle abnehmenden Gebieten. Inzwischen wird im Landkreis Diepholz etwa soviel Gülle produziert, wie auf den Feldern ausgebracht werden darf. Dabei ist zu beachten, dass auch die ständig wachsenden Substratmengen der Biogasanlagen auf den landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden müssen.48

 

Die Gülle wird heute in speziellen großen Tanklastern zu weit entfernten, noch unbelasteten Gebieten gefahren und dort in Spezial-Ausbringungsfahrzeuge umgeladen. Das geht auch über Landesgrenzen hinweg, so dass z.B. niederländische Betriebe ihre Gülle auch in Deutschland entsorgen können. Die Verteilung erfolgt über sogenannte Gülle-Börsen, die oft über Maschinenringe organisiert werden.Das Ausfahren der Gülle ist oft mit starken Geruchsbelästigungen verbunden. Die Landwirte sind gehalten, diese auf ein Minimum zu reduzieren. Das gelingt nicht immer: So kann sich Karl-Heinz Ahrens aus Leeste erinnern, dass man ihm bei der Fahrt mit einem vollen Güllefass durchs Dorf überall freundlich zu gewunken hat. Nachdem er zuerst an einen glücklichen Tag mit überall freundlichen Menschen glaubte, sah er bald in Höhe des Gasthauses Fuhrberg die Bescherung: Die Gülle hatte sich auf die Leester Straßen ergossen. Hardy Krüger musste mit seinem Besenwagen alles wieder sauber machen.

Gülletransport und Umfüllung in Spezial-Fahrzeuge49
Gülletransport und Umfüllung in Spezial-Fahrzeuge49

Da in Weyhe die Massentierhaltung nur in sehr geringem Maße betrieben wurde und wird, wird hier mehr Gülle importiert als exportiert. Die Tank-Laster, die die Gülle bringen, haben oft ein Kennzeichen der Landkreise Vechta und Cloppenburg oder des Emslandes.

Gülleverteilung auf dem Acker oder der Wiese

Mengenangaben über für die Ausbringung von sogenanntem Wirtschaftsdünger (Gülle, Festmist, Gärreste) für die Gemeinde Weyhe liegen nicht vor. Daher müssen wir uns mit einem Beispiel aus dem Südkreis behelfen:

 

Der Maschinenring Diepholz / Sulingen vermittelte 2015 Wirtschaftsdünger zwischen 600 Betrieben, davon ca. 200 abgebende Betriebe. Die vermittelte Menge hat von 100000 Litern im Jahr 2007 auf fast 600000 Litern im Jahr 2015 zugenommen.50

 

Kunstdünger

Schon früh war das Kalken der Böden üblich. Kalkstreuer wurden zunächst von Pferden gezogen, die dann ab den 1940er Jahren durch Traktoren ersetzt wurden.

 


Wer keinen Streuer hatte, musste den Kalk mit der Schaufel vom Ackerwagen verteilen.51

 

Der Kunstdünger wurde ab den 1960er Jahren auch nicht mehr per Hand auf die Felder verteilt (d.h. aus einer Wanne, die man an einem Schultergurt am Bauch trug), sondern aus über die Zapfwelle angetriebenen, am Traktor befestigten großen Behältern, die über eine rundlaufende Verteilscheibe oder ein Pendel-Rohr den Dünger gleichmäßig auf den Acker schleuderten. Anfangs kamen auch Kastendüngerstreuer zum Einsatz, wobei der Dünger aus einem über die Streubreite reichenden Kasten über eine Lochschiene auf den Boden fiel.

 

Der neue Kver-neland iXtra LiFe Fronttank in Kom-bination mit einer Einzelkorn-Säma-schine 52

 

Heutzutage wird immer öfter die Flüssigdüngung eingesetzt. Der Flüssigdünger wird dabei aus großen Tanks einer Genossenschaft in Transportbehälter zum Landwirt gebracht, oder direkt in den Dünger-Verteilungstank am Traktor gefüllt. Flüssigdünger wird überwiegend mit dem Pflanzen und Säen kombiniert, d.h. der Dünger wird unmittelbar an die Pflanze gegeben. Das sorgt für einen effektiven und sparsamen Einsatz des Düngers und für eine Minimierung der Boden- und Grundwasserbelastung.

Die Düngemittel-Verordnung:

 

Grundsätzlich dürfen in Deutschland und auf EU-Ebene Düngemittel nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie genau definierten Düngemitteltypen entsprechen (Positivliste). Diese Typenlisten können auf Antrag um neue Typen ergänzt werden, soweit keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf den Naturhaushalt zu erwarten sind und alle Anforderungen der jeweiligen Rechtsvorschrift erfüllt werden.

 

In Deutschland regelt die Düngemittelverordnung, welche Düngemittel gehandelt werden dürfen. Sie definiert die Düngemitteltypen und legt fest, welche Mindestgehalte für die einzelnen Nährstoffe einzuhalten sind. Zudem bestimmt sie Kennzeichnungsschwellen und Obergrenzen für Schadstoffe, etwa für Schwermetalle.

 

Auf europäischer Ebene schreibt die EU-Verordnung 2003/2003/EG über Düngemittel vor, welche Anforderungen mineralische EU-Düngemittel erfüllen müssen, um handelsfähig zu sein. Auch die EU-Verordnung legt Mindestnährstoffgehalte für die verschiedenen, aufgeführten Düngemitteltypen fest.

 

Bei der Anwendung von Düngemitteln durch die Landwirte sind vor allem die „gute fachliche Praxis“ aber auch mögliche negative Auswirkungen auf die Böden sowie Oberflächengewässer und Grundwasser zu berücksichtigen.

 

Auf europäischer Ebene ist die sogenannte Nitratrichtlinie von wesentlicher Bedeutung. Sie dient dem Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen. Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedsstaaten gefährdete Gebiete definieren, Regelungen zur guten fachlichen Praxis erlassen und Aktionsprogramme mit verschiedenen Maßnahmen durchführen, um Gewässer zu schützen. Ihre nationale Umsetzung in Deutschland erfolgt zu einem wesentlichen Teil durch die Düngeverordnung (DüV). Die DüV definiert die gute fachliche Praxis bei der Anwendung von Düngemitteln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen und soll die stofflichen Risiken beim Einsatz von Düngemitteln begrenzen.

 

Die Düngeverordnung geriet zunehmend in die Kritik. Laut Beurteilung der Europäischen Kommission setzte Deutschland die Nitratrichtlinie nur unzureichend um. Sie eröffnete deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Das federführende Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erarbeitete deshalb eine Novelle der Düngeverordnung, die am 2. Juni 2017 in Kraft trat. 53

 

 

5.5 Feldbearbeitung

 

Der Beginn der Jungsteinzeit wird in der Regel mit dem Beginn des Ackerbaus gleichgesetzt. Es fanden vor allem primitive Geräte wie Furchenstock und Erntemesser Verwendung. Mit der Verbreitung des Ackerbaus setzte die Rodung von Waldgebieten ein, und mit der Erfindung des Pfluges und der begleitenden Nutzung von Joch und Ochse begann der Pflugackerbau. 54

 

Das Hacken von Rüben oder Gemüse per Hand hat sich noch sehr lange erhalten, da für die Aussortierung von Unkraut-pflanzen aus den Nutzpflanzen die menschliche Intelligenz nötig war. Maschinen konnten nur unterstützend eingesetzt werden, z.B. beim Hacken zwischen den Reihen.

Mit den Ochsen wurde schon ganz früh gepflügt. Opa Janßen in Kirchweyhe an der Lahauser Straße pflügte noch in den 1950er Jahren mit diesen Tieren, wohl weil ihm als Nebenerwerbs-Landwirt Pferde nicht zur Verfügung standen.55 Auch berichtet Hermann Siemer, dass sie (wohl im oder direkt nach dem 2. Weltkrieg) keine Pferde bekamen, weil der Hof nicht groß genug war. So mussten sie zunächst mit den Ochsen weiterarbeiten.56

Bald wurde das Pferd anstelle von Ochsen vor den Pflug gespannt –wenn man sich ein solches denn leisten konnte. Es zog die eiserne Egge zur Glättung der Krume, und auch schon mechanische Sämaschinen, deren Behälter das Saatgut durch über die Räder angetriebene Wellen gleichmäßig abgaben.

 

 

Foto aus Film zum 1100 Jahre Weyhe Jubiläum

Mit der Entwicklung der Traktoren-Technik ging auch die Technisierung der Feldbearbeitung einher: Bis Ende des 19. Jahrhunderts hat sich an der Bearbeitung der Felder nur wenig geändert. Erst mit der industriellen Revolution und der Erfindung des Motors bzw. des Traktors fand ein Umbruch in den Bearbeitungsschritten statt: Immer bessere und immer mehr Maschinen wurden erfunden, die vom Traktor gezogen oder angetrieben wurde oder einen eigenen Antrieb hatten - sowohl für die Feldbearbeitung als auch für die Unkrautbekämpfung und die Ernte. Tätigkeiten, die bis dahin viel Zeit erforderten und nur in gemeinsamer Arbeit aller Familienmitglieder erledigt werden konnten, konnten mit Motorkraft schneller und durch eine oder zwei Arbeitskräfte geschafft werden:

  • - Pflügen und Eggen
  • - Säen und Düngen
  • - Ernten
  • - Hacken von Unkraut

Dazu gehörten: Immer bessere und immer größere Pflüge, Eggen, Walzen, Sämaschinen, Kartoffelroder, Kartoffelpflanzmaschinen usw.

 

Ein Drei-Schar-Pflug in Leeste auf dem Hof Struthoff in den 1960er Jahren mit Werner Schnakenberg 58

1954: Eggen mit dem 2 PS Antrieb und ein Grubber 57


Feldbearbeitung 1988 in auf dem Kirchweyhe Geestfeld 59.

Besondere Anforderungen an die Bodenbearbeitung wurden in der Weyher Marsch gestellt: Solange die Marsch regelmäßig überschwemmt wurde, waren die tiefer liegenden beackerten Flächen oft nicht mit schweren Pflügen und Bearbeitungsmaschinen befahrbar.

Leeste: Lohnunternehmer Cohrs im Jahr 2020 mit einem 6-Schar-Drehpflug 60

Sä- und Düngekombination 2020 (Leeste, Lohnunternehmen Cohrs) 61

Leeste: Lohnunternehmer Cohrs mit Kombination zur Feldbearbeitung (2020) 62

 

 

5.6 Mechanische Unkraut-Bekämpfung

 

Bei den Feldfrüchten (Rüben, Gemüse) und auch beim Kartoffelanbau ist eine Entfernung von mitwachsenden „Wildkräutern“ unumgänglich, wenn man die Qualität der Früchte garantieren will. Solange es keine Maschinen gab, war dies nur per Handarbeit mit Hilfe von Hack-Geräten möglich, so wie sie heute noch in Nutzgärten eingesetzt werden.

1954: Traktor mit Geräteanordnung zwischen den Achsen, und Hackmaschine hinter Traktor.63

Beim Anbau von Gemüse und beim Rübenanbau wurde auch die Entfernung von Unkraut durch sog. Hackmaschinen vorangetrieben. Es gab Geräte, die die Erdkrume zwischen den Reihen der Früchte aufrissen (wie kleine Pflüge) und dadurch alles, was zwischen den Reihen gewachsen war, entfernte. Es blieb das Unkraut in den Reihen, für das noch Handarbeit nötig war.


Für Betriebe, die sich dem biologischen Landbau verschrieben haben, kommen chemische Herbizide nicht zum Einsatz. Hier ist man auf mechanische Hackmaschinen angewiesen.

 

In Weyhe gibt es nur einen Bio-Landwirt: Die Familie Brasch auf dem Hahnenfelder Hof kommt ohne Herbizid-Einsatz beim Anbau von Gemüse und Kartoffeln aus.

Die Hackmaschinen-Technik hat sich heute hin zu Hack-Robotern entwickelt, die durch Auswertung von Kamerabildern das Entfernen von Unkräutern auch in den Reihen, nah an den Gemüsepflanzen, steuern.

Einige Geräte operieren auch schon ohne Fahrer. Es gibt auch Geräte, die sich die GPS-Position der Pflanzen beim Drillen merken und später darüber die Entscheidung über Unkraut oder Nutzpflanze treffen.

 

 

 

 

 

Vorführung von Roboterfahrzeugen auf der Domäne Hickelsheim (LWK) im Jahr 2020

Da diese Geräte aber sehr teuer sind, kommen sie nur in Gemüse-Großbetrieben zum Einsatz, wovon es in Weyhe keine gibt.

 

Pflanzenschutz

 

Pflanzenschutzmittel sind Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel, die überwiegend zum Schutz von Nutzpflanzen ausgebracht werden. Die EU-Pflanzenschutzmittelverordnung definiert sie als chemische oder biologische Wirkstoffe und „Gemische“ die dazu bestimmt sind,

  •  Nutzpflanzen und deren Erzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen
  •  in einer anderen Weise als ein Wirkstoff die Lebenswege von Pflanzen zu beeinflussen (z. B. Wachstumsregulatoren),
  •  Pflanzenerzeugnisse zu konservieren (Beizmittel für Saatgut und Vorratsschutzmittel),
  •  unerwünschte Pflanzen oder Pflanzenteile zu vernichten oder ein unerwünschtes Wachstum von Pflanzen zu hemmen oder diesem vorzubeugen (Herbizide).

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist aufgrund ihrer Nebenwirkungen umstritten.64

 

 

Geschichte des Pflanzenschutzes 65

 

Die Geschichte des Pflanzenschutzes ist so alt wie die Geschichte des Ackerbaus. Bereits in der Antike wurde vom Einsatz anorganischer Chemikalien berichtet. Homer schrieb über die Verwendung gebrannten Schwefels (SO2) zur Pilzbekämpfung. Plinius der Ältere rät zur Verwendung von Arsen als Insektizid, freilich ohne um die Toxizität von Arsen zu wissen. Auch im alten China ist eine systematische Bekämpfung von Heuschrecken um 1000 v. Chr. bekannt gewesen. Durch Entdeckungsreisen in andere Länder stießen Forscher auf pflanzliche Wirkstoffe, die gegen Schädlinge eingesetzt werden konnten: Nikotin aus Tabakblättern (1763), Pyrethrum aus Chrysanthemenblüten (1843), Rotenon aus Tubawurzeln (1848).

 

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begann man, anorganische Salze im industriellen Maßstab zu produzieren und einzusetzen. Ab 1867 wurde das Schweinfurter Grün oder Pariser Grün, ab 1878 die Bordeauxbrühe oder Kupferkalkbrühe und ab 1890 das Bleiarsenat im Kartoffelanbau und im Obst- und Weinbau eingesetzt. Ab 1913 wurde in Deutschland auch Methylquecksilber als Pflanzenschutzmittel angeboten.

 

Im Jahr 1938 wurde dann das gut wirksame Insektizid TEPP (Tetraethylpyrophosphat), im Jahr 1939 die Wirksamkeit des DDT von Paul Hermann Müller (Geigy) entdeckt. […]. Später trug DDT dazu bei, das Problem der Malaria einzudämmen. DDT reichert sich aber in der Umwelt und Nahrungskette an. Ab etwa 1970 wurde die Verwendung von DDT zunächst in einigen westlichen Industriestaaten verboten, seit 2004 ist sie weltweit nur noch zur Seuchenbekämpfung zugelassen.

 

Im Jahr 1942 wurde 2,4-D (2,4-Dichlorphe-noxyessigsäure) als erstes Herbizid entdeckt. 1944 entdeckte Gerhard Schrader die Thiophosphor-säureester als wirksame Insektizide. Aufgrund der guten biologischen Abbaubarkeit wird diese Stoffgruppe zur Schädlingsbekämpfung gerne eingesetzt.

 

Noch 1954 wurden Pflanzenschutzmittel mit einer von Pferden gezogenen Spritze verteilt.66

 

Mittelverfrachtung: Abdrift, Verdampfung 67

 

Nur ein Teil der gesamten ausgebrachten Menge an Pflanzenschutzmittel erreicht ihren Bestimmungsort. Durch ungeeignete Ausbringtechnik, zu hohen Mitteleinsatz oder widrige Wetterbedingungen (hohe Temperatur, starken Wind, starke Niederschläge) können Pflanzenschutzmittel von den Flächen, auf die sie eigentlich gelangen und wirken sollen, verfrachtet werden. Je nach Witterung gelangen nur 10–50 % der Pflanzenschutzmittel an den Bestimmungsort. Gründe für eine unerwünschte Emission sind vor allem:

  •  Abdrift in die Atmosphäre und auf Flächen außerhalb des Feldes
  •  Eintrag von Pflanzenschutzmittel in das Grundwasser über Oberflächenabfluss und Auswaschung (Versickern von Pflanzenschutzmitteln in tiefere Bodenschichten). Bei Freilandversuchen wurden Verluste von bis zu 1 % gemessen, bei starkem Regen kurz nach der Ausbringung bis zu 3 %. Es sind in einer Tiefe bis 1,2 m bis zu 1 % der Ausbringungsmenge messbar. Nach längeren Zeiträumen sind die meisten Pflanzenschutzmittel im Grundwasser nachweisbar.
  •  Verdampfung während der Ausbringung, insbesondere bei Pestiziden mit niedrigem Siedepunkt, wie z. B. Clomazone.
  •  Verdunstung von der Fruchtoberfläche und von der Bodenoberfläche.
  •  Winderosion von Boden, der mit Pflanzenschutzmitteln kontaminiert ist.
  •  Wiederverflüchtigung früher deponierter Pflanzenschutzmittel.

 

 

Bei starken Aufwinden und seitlicher Verfrachtung durch Wind oder Verdunstung kann das Mittel auf angrenzende Agrarflächen, Ökosysteme und Wohngebiete verbreitet werden. Durch starke Niederschläge oder aufgrund einer langen biologischen Halbwertszeit werden Pflanzenschutzmittel in das Oberflächen- oder Grundwasser eingetragen.

 

 

Auswirkungen auf die Biodiversität 68

 

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen der Landwirtschaft reduziert die biologische Artenvielfalt.

 

So reduzieren Herbizide in der Agrarlandschaft die Biodiversität und Häufigkeit von Blühpflanzen wie Wildkräutern, welche wiederum für Insekten eine wichtige Nahrungsquelle darstellen. Dadurch sind Herbizide maßgeblich mitverantwortlich für den Rückgang von Amphibien, Wildbienen, Schmetterlingen, Hummeln sowie anderen Insekten und in dessen Folge auch für den Rückgang an Vögeln und insektenfressenden Kleinsäugern (Mäuse, Hamster etc.). Diese sind zum einen davon bedroht, direkt durch das Pflanzenschutzmittel vergiftet bzw. in ihrer Lebensfähigkeit beeinträchtigt zu werden, und zum anderen durch die Veränderung des Lebensraums (Struktur, Diversität) sowie den Entzug der Nahrungsgrundlage.

 

Des Weiteren werden auch die für die Wasserversorgung wichtigen Grundwasservorkommen durch Pflanzenschutzmittel verunreinigt.

 

 

Pflanzenschutzgeräte, Feldspritze

Eine Feldspritze ist ein landwirtschaftliches Gerät, das Pflanzenschutzmittel auf landwirtschaftliche Nutzflächen gleichmäßig verteilen kann. Bei Feldspritzen wird die Spritzbrühe durch eine dem Vorratsbehälter nachgelagerte Flüssigkeits-Pumpe unter Druck gebracht und dann mittels Spritzdüsen verteilt.

Man unterscheidet

  • Anbau- (Anbau an der Dreipunkthydraulik),
  • Aufbau- (Aufbau auf eine Ladefläche eines
  • Geräteträgers, Unimogs, MB-Tracs oder Fastracs),
  • Anhänge- (Spritze mit eigenem Fahrwerk wird am Traktor angehängt) und
  • selbstfahrende Spritzen (Fahrzeug mit eigenem Motor).

Feldspritzen werden meist über die Zapfwelle oder mit Hydraulikmotoren angetrieben. Die maximale Arbeitsbreite von Feldspritzen betrug 2010 bis zu 54 m.69

 

 

 

 

 

Foto: Rau (wikipedia)

In Bearbeitung: Statistik über die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in Weyhe hier einfügen

 

Dokumentationspflicht für Landwirte zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

 

Der Landwirt wie der Lohnunternehmer sind gesetzlich verpflichtet, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln jährlich zu dokumentieren, per Ackerstück (Schlag). Auch der Einsatz von Beizmitteln für die Einsaat unterliegt dieser Pflicht.

 

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit dem Getreideanbau.

 

 

5.8 Anmerkungen

1 NLA HA Hann 74 Syke Nr. 1119, Ackerland in Kirchweyhe und Sudweyhe 1795/97

2 Zusammenstellungen siehe: H.Riehn, Leeste; W.Schacht, Kirchweyhe; (Dannemann, Meyer, Feldmann, Meyer, & Wessels, 2015)

3 NLA Hannover Karten 12 l Leeste 51pg: Zehntländereien bei Leeste Lit. A Makrofiche Maßstab : 1:2.900 Format : 55,5 x 146 cm Zeichner: Balsleben, 1746

4 NLA Hannover Karten 12 l Leeste 5m: Karte der hochgräflichen von Schwicheldtschen Zehntflur der Bauerschaft Leeste (Amt Syke) Maßstab : 1:2.100 Format : 84 x 220 cm Zeichner: A. Flierbaum, 1831

5 NLA Hannover Karten Sudweyhe 12_l Kirchweyhe 2pg Zehntländer 1755

6 Angabe in Morgen: 120 Q. Ruten auf einen Morgen

7 NLA HA Hann. 148 Acc. 29 /92 Nr. 1418

8 NLA HA Hann. 148 Acc. 29 /92 Nr. 1481

9 NLA Hannover, Karten 12 l Sudweyhe 5 k, Plan von den Aahauser und Südweyher Geestfeld. Zeichner C.L.Balsleben, 2te Ausfertigung

10 NLA Hannover Karten Sudweyhe 12_l Sudweyhe 2pm Zehntländer 1755

11 NLA Hannover Karten 12 l Leeste 51pg: Zehntländereien bei Leeste Lit. A Makrofiche Maßstab : 1:2.900 Format : 55,5 x 146 cm Zeichner: Balsleben, 1746

12 NLA Hannover Karten 12 l Leeste 5m: Karte der hochgräflichen von Schwicheldtschen Zehntflur der Bauerschaft Leeste (Amt Syke) Maßstab : 1:2.100 Format : 84 x 220 cm Zeichner: A. Flierbaum, 1831

13 NLA HA Hann. 148 Acc. 29 /92 Nr. 1485

14 NLA HA Hann. 148 Acc. 29 /92 Nr. 1455

15 NLA Hannover Karten Sudweyhe 12_l Sudweyhe 3m Sudweiher Heidebruch, 1772

16 NLA HA, Hann. 88 B Nr. 5859

17 NLA Hannover Karten 12l Sudweyhe 1 k: Zehntländereien bei Sudweyhe und Jeebel Lit. A Makrofiche Maßstab : 1:2.100 Format : 73 x 63 cm Zeichner: Janson, 1755

18 NLA Hannover Karten 12l Sudweyhe 1 k: Zehntländereien bei Sudweyhe und Jeebel Lit. A Makrofiche Maßstab : 1:2.100 Format : 73 x 63 cm Zeichner: Janson, 1755

19 Vgl. C.H.Hüchting, Bäuerliche Hand- und Spanndienste im Amt Syke

20 Kopie im Archiv der Gemeinde Weyhe

21 (Manecke, 1798) S. 126 (§4)

22 (Manecke, 1798) S. 126 (§4)

23 Siehe Zusammenstellung durch H.Greve, 2020

24 HStAH, Hann. 74 Syke Nr. 47, S. 91

25 HStAH, Hann. 74 Syke Nr. 1119:

26 Entnommen aus: H.Greve, Die Sudweyher Wechselmarsch, unveröffentlichtes Manuskript, Februar 2010

27 NLAH, Hann. 88 B Nr. 5952 u. 5716

28 NLAH, Hann. 74 Syke Nr. 35, (alt:) S. 597, hier zitiert nach Heinrich Esdohr, Kötnerstelle Nr. 14 in Sudweyhe-Heide, Typoskript, o.O.o.J.

29 Nach einer Zusammenstellung von H.Greve

30 AGW, G-S-2 Az. 939-2

31 AGW, G-S-2 Az. 939-2. S. 13

32 AGW, G-S-2 Az. 939-2

33 siehe auch NLA HA Hann. 148 Acc. 29 /92 Nr. 1489

34 Nach einer Zusammenstellung von H.Greve

35 AGW, G-S-2 Az. 939-2

36 AGW, G-S-2 Az. 939-2

37 Laut Aussagen in den Interviews

38 Foto und Repro der Zeitung: K.Hahn

39 (Manecke, 1798) S. 127 (§4)

40 Vgl. (Schacht, 1960) S156f

41 Foto aus: Bettina Asch, Landwirtschaft und Ökologie um 1800, Historisches Museum Hannover, Museumspädagogische Materialien: Landwirtschaft, Schule und Ökologie in den niedersächsischen Museen, S.13

42 Syker Zeitung v. 19.3.1901

43 Vgl. Syker Zeitung v. 21.2.1891und v. 26.9.1903

44 Syker Zeitung v. 7.10.1920 und 3.12.1920

45 Aus (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit, 2005) S. 59

46 Foto aus: F.W. Maier-Bode, Das Buch des Bauern, Landwirtschaftsverlag, Hiltrup, 1954, S.12

47 s. Interview mit Karl Heinz und Erika Ahrens im August 2020

48 Vgl. Landwirtschaft in der Region Diepholz/Nienburg, 2016, S. 81

49 Fotos: K. Hahn 2020

50 Vgl. Landwirtschaft in der Region Diepholz/Nienburg, 2016, S. 81

51 Fotos aus: F.W. Maier-Bode, Das Buch des Bauern, Landwirtschaftsverlag, Hiltrup, 1954

52 Foto: www.agrarheute.com:

53 Vgl. Wikipedia Artikel Dünger

54 Aus Wikipedia, Artikel Ackerbau 2020 (verkürzt)

55 Foto von ca. 1954/Repro: W.Meyer fb wf

56 Hermann Siemer, Melchiorshausen, im Gespräch 2020

57 Fotos aus: F.W. Maier-Bode, Das Buch des Bauern, Landwirtschaftsverlag, Hiltrup, 1954, S.18 u. 30

58 Foto: Henry Schnakenberg fb wf

59 Foto: G.Soenke fb wf

60 Foto: Landtechnik Foto Bremen und Umgebung, 2020

61 Foto: Landtechnik Foto Bremen und Umgebung, 2020

62 Foto: Landtechnik Foto Bremen und Umgebung, 2020

63 Fotos aus: F.W. Maier-Bode, Das Buch des Bauern, Landwirtschaftsverlag, Hiltrup, 1954, S.79 u. 89

64 Vgl. wikipedia, Artikel Pflanzenschutz, 2020

65 Text aus: wikipedia, Artikel Pflanzenschutz, 2020

66 Foto aus: F.W. Maier-Bode, Das Buch des Bauern, Landwirtschaftsverlag, Hiltrup, 1954, S.59

67 Text (verkürzt) aus: wikipedia, Artikel Pflanzenschutz, 2020

68 Text aus: wikipedia, Artikel Pflanzenschutz, 2020

69 Vgl. wikipedia, Artikel Pflanzenschutzgeräte