Paul Athmann
In Erichshof an der Chaussee (der heutigen B6) stand ab der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Holländerwindmühle, die als Loh- oder Knochenmühle betrieben wurde. Sie wurde vom Erbenzinsmann (Nr.
17) und Zimmermann Gerd Dunkhase 1858 gebaut.
In der Katasteramtskarte von 1870 ist eine Mühle auf dem „Schröders-Kamp“ westlich der Chaussee eingezeichnet.121
Nach dem Antrag von 1858 lag sie "300 Fuß von der Dorfstraße und 500 Schritte von der Chaussee hinter dem Dunkhaseschen Hause auf seinem Grund und Boden". Sie wurde von dem Zimmermann Gerd
Dunkhase größtenteils selbst erbaut. Es gab einen kleinen Anbau, wo die Knochen zerkleinert wurden: ein Trog aus Eiche nahm die Knochen auf, wo dann 6 schwere Stampfer aus Eichenholz (mit
Eisenbeschlag) , die durch eine waagerechte Welle angetrieben wurden, die Knochen zerstampften, bevor sie durch ein Becherwerk in die schweren Mühlsteine zum Zermahlen transportiert wurden.
Während der Antrag nur eine eingeschossige Bauweise vorsah, wurden später aber zwei gemauerte Geschosse errichtet. Äußerlich unterschied sich die Mühle kaum von holländischen Vorbildern.
Das Knochenmehl wurde als Beifutter für Schweine und Geflügel, vorwiegend aber als Düngemittel auf den Äckern verwendet. Da das Mehl die Nährstoffe nur langsam freigab, musste man nur alle drei
Jahre düngen. 1905 wurden keine Knochen mehr vermahlen und die Windmühle wurde als reine Getreidemühle betrieben. Sie war mit drei Mahlgängen ausgestattet.
1861 verlegte Gerd Dunkhase seine Wohnung von der von der Erbenzinsstelle Nr. 17 (Sycker Straße / heutige Lange Reihe) an die Bremer Chaussee (heutige B6, Bremer Str.) neben der Windmühle. Die
Rechte zum Zimmerhandwerk und zur Drechslerei hatte er seit 1840 inne. Er baute dort 1898 ein mit neogotischen Stilelementen versehenes neues Wohnhaus (als Anbau zum Wohn- und Wirtschaftshaus),
das noch heute ortsprägenden Charakter hat.122
Das Dunkhase'sche Haus an der B6 (Nr. 8) im Jahr 2001 nach der Renovierung. 1999 wurde das Haus von Werner Nörmann (Weyhe) vor dem Abriss gerettet: Er erwarb das Haus, als er von dem geplanten Abriss durch eine Wohnungsbaugesellschaft erfuhr. Er ließ die Stuckfassade wieder herstellen und versah den Putz mit einem neuen Anstrich. Auch die Fenster wurden im alten Aussehen restauriert.
Nach Aufhebung des Mahlzwangs 1868 - bis dahin gab es nur konzessionierte Mühlen mit zugewiesenem Absatzgebiet - wird durch Aufstellung eines Mahl- und Beutelgangs das Mahlen von Getreide mit aufgenommen.
Ein Briefkopf einer Rechnung weist die Mühle 1874 auch als Dampfmühle aus. Von einer Dampfmaschine ist allerdings nichts überliefert.
1891 brennt es in der Mühle Dunkhase. Am 21. Februar wird durch den Nachtwächter das Feuer entdeckt und schnellstens die Feuerwehr benachrichtigt. Die Spritzen aus Erichshof und Leeste sind im
Einsatz. Mühlenbesitzer ist 1907 und 1911 Georg Dunkhase (+ 1913). Pächter der Mühle ist Otto Trank. 123
Eine Rechnung der Dampf-, Säge-, Korn- & Loh-Mühle für die Gemeinde Erichshof vom 1.8.1874. Ausgestellt von C. Dunkhase, quittiert von Eickhorst
1893 erwähnt der Ausflugsführer von E. rechts Windmühle, von Dunkhase (zu Erichshof gehörig)". 124
Im Adressbuch des Kreises Syke von 1907 ist Georg Dunkhase Karl Dunkhase als Architekt, wobei Gerhard Dunkhase als Zimmermeister bezeichnet wird (alle mit Hausnummer 17). Schon 1905 erscheint
Georg Dunkhase in einer Anzeige für den Deutschen Versicherungsvereins auch als Mühlenbesitzer. 125
1913 stirbt der Zimmermeister Gerd Dunkhase. Er war über 30 Jahre Gemeindevorsteher der Colonie bzw. der selbständigen Gemeinde Erichshof gewesen. Im seinem Nachruf in der Brinkumer Zeitung heißt
es, dass "sein eiserner Fleiß und sein offenes Wesen" ihm "bald hohe hätten. Als seine Bauten werden genannt: die Kirchen in Heiligenloh, Colnrade, Rotenburg, am Buntentor in Bremen sowie der
Turm in Harpstedt. 126
Im gleichen Jahr wie der Erbauer der Mühle war auch sein Sohn Georg gestorben, der die Mühle übernommen hatte. Er wurde nur 45 Jahre alt. 127
1922 brennt die Mühle durch Blitzschlag ab wird nicht wieder aufgebaut. 128
Als Besitzer wird zu dieser Zeit Bruder Carl Dunkhase genannt, der auch schon 1874 auf einer Rechnung der "Dampf & Lohmühle" an die Gemeinde Erichshof erscheint.1942
wohnt Gesine Dunkhase noch Erichshof Nr. 17 an der Bremer Chausee/B6.
Der Brinkumer Heimatforscher Hans Peters beschreibt 1962 die Mühle:
In einem amtlichen Schriftstück aus dem Jahre 1858 heißt es: Dem Erbenzinsmann und Zimmermeister G.Dunkhase Nr. 17 in Erichshof wird die nachgesuchte Genehmigung zur
Erbauung einer Windlohmühle nach dem anbei zurückfolgenden Risse, unter Verweisung auf die baupolizeilichen Vorschriften und unter Vorbehalt etwaiger Rechte Dritter damit erteilt. Die Lohmühle
ist auf dem eingereichten Situationsplane angegeben. 300 Fuß von der Dorfstraße und 500 Schritte von der Chaussee hinter dem Dunkhaseschen Hause auf seinem Grund und Boden zu
erbauen. Syke, den 20.November 1958 Königl. Hannoversches Amt Brinkum"
Vorweg sei erwähnt, daß die Windmühle von dem Zimmermeister Gerd Dunkhase zum größten Teil selbst erbaut worden ist.
Ob die im Schreiben als Lohmühle bezeichnete holländische Windmühle auch tatsächlich Lohe gemahlen hat, ist fraglich und nicht mehr festzustellen. Als Knochenmühle war sie weit und
breit bekannt und hat diesen Namen bis zu ihrem Ende behalten, obwohl seit dem Jahre 1905 keine Knochen mehr vermahlen wurden, und die Mühle, mit 13 Mahlgängen sowie Sicht- und
Reinigungsmaschinen ausgerüstet, als eine reine Getreidemühle weiter arbeitete.
Rein äußerlich gesehen unterschied die Knochenmühle sich in nichts von ihren hübschen holländischen Schwestern in unserer nordwestdeutschen Heimat. Mit dem massiven Unterbau, der
umlaufenden Galerie (Swickstäe), dem mit Reith eingedeckten Oberbau, der Kappe mit Schieferbedachung und Windrose sowie den vier mit Leinen bespannten Flügeln machte sie einen recht schmucken
Eindruck. Kam man jedoch in die Nähe der Mühle, dann hörte man anstatt des lustigen Geklappers der Getreidemühlen ein taktmäßiges dumpfes Stampfen und Poltern, als wenn der Teufel Hochzeit hält,
und der Schuppen mit den Knochenvorräten war auch nichts für empfindliche Nasen.
Die Kraftübertragung bei dieser Windmühle ist die gleiche wie bei den übrigen Getreide-Windmühlen. Das senkrecht laufende Kammrad der waagerecht liegenden Flugwelle faßt in das
waagerecht laufende obere Kammrad (Bunker) von der senkrecht stehenden Königswelle, deren unteres Kammrad (Stirnrad) die 'Klüver' mit den Klüverwellen antreibt.
In einem Anbau der Knochenmühle befand sich die Zerkleinerungsanlage für die Knochen. Ein Trog aus starken eichenen Bohlen in einer Größe von 0,60 x 3 m nahm die zu zerkleinernden
Knochen auf. Sechs schwere Stampfer aus Eichenholz mit Eisenbeschlag wurden durch eine waagerecht drehende Welle, die ihren Antrieb durch eine Klüverwelle des Mühlwerkes erhielt, nacheinander
gehoben und fielen in ununterbrochener Reihenfolge mit großer Wucht auf die Knochenmasse.
Waren die Knochen genügend zerkleinert, wurden sie durch ein Becherwerk in den Mahlgang befördert, um hier zu Knochenmehl vermahlen zu werden. Die Mahlsteine von 1 m Durchmesser waren
aus Feuersteinen zusammengesetzt. Es war eine mühselige Arbeit, dieses harte und spröde Material zu schärfen, wobei nur mit dem 'Kraushammer' gearbeitet werden konnte.
Das nunmehr fertige Knochenmehl wurde als Beifutter für Schweine und Geflügel, vorwiegend aber als Düngemittel verkauft. Es wurde hier bereits in den siebziger Jahren verwendet und
dürfte in unserer Gegend wohl das zuerst bekannt gewordene künstliche Düngemittel gewesen sein.
Das normale Knochenmehl, meistens von mittlerer und gröberer Körnung, hatte einen Gehalt von 3 bis 4 Prozent Stickstoff und etwa 20 Prozent Phosphorsäure. Der Preis betrug ab Mühle
etwa 5 Mark für den Zentner. Das sogenannte entleimte und durchweg ganz fein gemahlene Knochenmehl mit einem Gehalt von etwa 1 Prozent Stickstoff und 30 bis 32 Prozent Phosphorsäure wurde mit
3,25 Mark verkauft.
Da Knochenmehl sich im Ackerboden nur langsam auflöst, wirkt es auch in den nachfolgenden Jahren noch nach, so daß damit nur alle 2 bis 3 Jahre gedüngt zu werden
brauchte.
Nach Aufhebung des Mahlzwanges im Jahre 1868 - bis dahin gab es nur konzessionierte Getreidemühlen mit einem ihnen zugewiesenen Absatzgebiet - wurde durch Aufstellung eines Mahl- und
Beutelganges die Getreidemüllerei mit aufgenommen.
Im Jahre 1922 brannte die Getreidemühle infolge Blitzschlages ab. Die brennend sich drehenden Flügel winkten uns den letzten Abschiedsgruß. Sie fehlten uns im Landschaftsbilde. Es
ist, als wenn ein lustiger Geselle und treuer Hüter unserer Heimatflur uns verlassen hätte. 129