Paul Athmann
Leeste Nr. 24 für Mühle und Wohnhaus
jetzt Leester Str. 125 (für Wohnhaus);
Nr. 118 ist jetzt Wohnanlage (ehemaliger Standort der Mühle)
Die Leester Mühle existiert schon um 1370, als ein 'Wichmannshof tor Molen' in Leeste in den Lehensregistern der Hoyaer Grafen erwähnt wird: "Item dat dorp to leeste , de meyerhoff wulderen de krogher, Item Wychmannes hof tor molen Item haneken hof Item dat molen hus, de mole unde de molen dyk to leste".1
Nach Gade ist schon 1250 von der "Lester Mole" die Rede. Er geht wohl ebenfalls von den Hoyaer Lehensregistern aus, die aber auch die Besitztümer der Bruchhauser Grafen aus dieser
Zeit auflisten.2
1509 verkaufen die Gräfin von Hoya und Bruchhausen, Ermengard von der Lippe, und die Hoyaer Grafen ihre Rente aus dem Leester Mühlenhof an den Bremer Bürger Speckhan.3
1521 wird diese Verbriefung bestätigt.4
Im Juli desselben Jahres bekennt „Graf Jobst von Hoya und Bruchhausen für sich und seine Brüder Johann und Erich, dass er dem Segebade Cluver, Domherr in Bremen, Propst in Wildeshausen, 130
rheinische Goldgulden schuldet, die ihm zu Petri Stuhlfeier wieder erstattet werden sollen. Andernfalls verkauft er ihm seine erbeigene Mühle in Leeste (Leste) mit einem in der Woche nach
Michaelis fälligen und in Bremen zu zahlenden Zins von neun rheinischen Gulden.“ 5
1519 ist „Bernt thor Molen“ im Pflugschatzregister unter Leeste verzeichnet.6 1530 ist es „Arndt thor Molen“, der in der Rolle 6 des Hoyaer Lehensregisters
aufgezählt wird.7
1546 lassen Bremer ihr Korn auch in Leeste mahlen.8
Zwischen 1652 und 1660 und auch danach wird die Wassermühle Leeste, die - wie auch die anderen Wassermühlen in Barrien und Syke - bisher als „Regiebetrieb“ geführt worden waren 9, Pächtern anvertraut.10
1678 wird die Wassermühle Leeste an die Witwe Meinking (Frau des Amtmanns in Syke) verpachtet - bis 1684.
1687 wird die Mühle für 3 Jahre an den Müller Clauß Albert Hildebrand verpachtet. Er hatte der „Hochfürstlichen Cammer“ dafür jährlich 106 Reichsthaler abzuführen und außerdem "zwey Schweine zu
gut Speck" machen müssen.11
1702 gibt es Auseinandersetzungen zwischen der Leester Mühle und dem Sudweyher Gut wegen 'Abwanderung' der Leester zur Mühle Sudweyhe, wenn in Leeste Wassermangel herrschte. Gutsherr von Fabrice
obsiegt in diesem Streit.
Die Pachtmüller der landesherrlichen Wassermühle in Barrien und Leeste versuchen ihre Mühlen als Zwangsmühlen zu betreiben und Bewohner ihrer Mahlbezirke daran zu hindern, auf der
Sudweyher Gutsmühle mahlen zu lassen. Daraufhin teilt der Syker Amtmann Eberhard Juxberg Vizekanzler Weipart Ludwig v. Fabrice, dem Sudweyher Gutsherrn, in einem Schreiben vom 3. März 1704
mit:
"werde auch nicht ermangeln darüber zu halten, daß den §. 10 des Landtages abschiedes gelebet und einem jeden frey bleibe in hiesigem ambte zu mahlen, wo Er wolle,
maßen in hiesiger ambts Registratur von dero gleichen zwang Mühlen keine Nachricht finde, außer daß dem hiesigen ambts unterthanen nicht gestattet worden, außerhalb ambts und landes fremde Mühlen
zu besuchen, darauff dan die Voigte und Müller fleißige achtunge geben, und die Contravenienten an melde müßen, damit Sie Davor auff denen Landtgerichten bestraffet werden"
12
1737 gehören zum Mahlbezirk der Leester Mühle die Kirchspiele Leeste und Brinkum (außer Wulfhoop). Und "zur Adlichen Waßer Mühle zu Weyhe sollen gehören das ganze Kirchspiel Weyhe".
13
1729 ist die Mühle auf einer Karte eingezeichnet.14 Südlich der Mühle ist der Mühlenteich skizziert. An der Leester Str. Richtung Brinkum stehen noch keine Häuser. In Hörden, an der heutigen Hördener Str., stehen 4 Höfe. Zwischen Wassermühle und Marsch stehen rechtsseitig des Mühlenbachs ebenfalls 4 Höfe (bis zur heutigen Schiffsstelle).
1746 wird die Mühle neu errichtet.15
In dieser Zeit ist der Müller Hinrich Detlef Schwaar (+ 1761) aus Barrien Pächter der Mühle. Er hat auch andere Mühlen gepachtet: Von 1737 bis 1761 die Sudweyher Mühle, und von 1728 bis
1746 die Syker und Barrier Wassermühlen. Er wohnte wohl auch dort. 16 Hinrich Detlev Schwaar starb am 18. Mai 1761 im Alter von knapp 60 Jahren.17
1784 zeichnet F. Schröder die herrschaftlichen Amtsgebäude des Amts Syke, darunter auch die Wassermühle. Die Mühle hat 2 Wasserräder.
Die "Herrschaftliche" Wassermühle Leeste auf einer Zeichnung (Schröder)18 aus dem Jahre 1784.
1815 hat der Großbrinksitzer Johann Wöhlken die Mühle auf Erbzins gepachtet. 1818 wird ein Graupengang in der Mühle eingerichtet.19
1843 Erbgang Friedrich Wöhlke(n). Auch er ist zunächst noch Erbenzinsmüller.
Bis 1843 ist die Mühle eine Erbenzinsmühle, dann kann der Müller Friedrich Wöhlke die Mühle freikaufen.
Friedrich Wöhlke mit seiner Tabak-Pfeife.20 Er kauft die Mühle frei. Sein Sohn Georg beantragt 1859 eine neue Windmühle in Leeste an der Leester Str. Am Ortsausgang nach Melchiorshausen (heute Bamberger Str.), die aber erst später (um 1863?) verwirklicht wird.
1866 erbt Friedrichs Sohn Georg die Mühle. Seine gerade neu errichtete Leester Windmühle wird verkauft.
Die Leester Wassermühle um 1869. Eines der ältesten Fotos in Weyhe.21
Die Karte aus den 1870er Jahren 22 zeigt die Seite der Leester Straße, wo die Mühle steht. Die Mühlengebäude überlagern dabei teilweise ältere, noch eingezeichnete Gebäude, die aber zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr existieren. Links ist der Hof Bätjer eingezeichnet.
Im Blatt 21 derselben Karte wird nur die gegenüberliegende Seite kartiert. (Achtung: Die Karte ist nicht nach Norden ausgerichtet!). Die Mühle selbst ist nicht eingezeichnet, wohl aber der schräg gegenüberliegende Hof Kastens, der in der Karte von 1729 noch nicht erscheint. Der Mühlenteich (Bildmitte) wird von 4 Zuläufen des Mühlbachs/Hombachs gespeist, wovon wohl die Hauptzuflüsse (zwei Arme des Hombachs) blau eingefärbt sind.
1886 erfolgt dann der Erbgang Claus Heinr. Meyer( gest. 1907). C.H. Meyer wird 1887 als Wassermüller bezeichnet: Er ist Gründungsmitglied der Leester Feuerwehr. Claus Heinrich Meyer war auch 1897 Genosse der Leester Ziegelei, zu deren Geschäftsführer er von 1897-1901 ernannt wird. Er wohnt zu dieser Zeit in "Leeste 24", also im Müllerwohnhaus.
Um 1900 ist die Mühle ("M.") mit dem Mühlenteich in der Landesaufnahme eingezeichnet. Der Hombach teilt sich in 3 bzw. 4 Arme auf, die im Teich münden. Der linke Arm, der noch in der Katasterkarte von 1870 als Hauptarm erschien, ist nur noch angedeutet. Der Kartenausschnitt zeigt auch den Zusammenfluss von Hombach und Gänsebach auf dem Mühlenkamp vor der Mühle.
1901 rettet der Wassermüller Meyer einen zwölfjährigen Jungen aus dem Mühlenkolk.
1906 geschieht ein Unglück auf der Brücke vor der Mühle: Mit Steinen beladene Wagen bringen die Brücke zum Einsturz. 24
Im Jahre 1907 stirbt C.H. Meyer, und es erfolgt der Erbgang zu seiner noch unmündigen Tochter Alice Meyer.
Schon im Februar 1907 wird die Wassermühle zur Verpachtung ausgeschrieben. 25 Für das "unmündige Kind des weiland Mühlenbesitzers Claus Heinrich Meyer" schreiben die Vormünder H. Böttcher und H. Helms die Verpachtung aus. Das unmündige Kind ist wohl Alice Meyer, die später den Müller Baars heiratet.
Im März 1907 wird das Inventar verkauft, vielleicht weil sich kein Pächter gefunden hat.
1920 preist Johann Kastens Produkte der Wassermühle an. In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg wird Saatgetreide über Berechtigungskarten zugeteilt. Die Mühlen lagern das Getreide. Kastens hat vermutlich die Mühle nach 1910 gepachtet. 27
1910 wird die Mühle erneut zur Verpachtung angeboten. 26
1920 ist der Pächter dann Johann Kastens:
Der Teich musste regelmäßig gereinigt werden, um nicht zu verlanden.
Im Hintergrund ist der Hof Bätjer zu erkennen.
Der Schlamm wird mit einer kleinen Lorenbahn weggefahren.
1842 war ebenfalls eine Mühlenteichreinigung in Leeste projektiert. Sie sollte 2000 bis 2744 Reichstaler kosten - bei einer Mühlenpacht von 431 Reichstalern jährlich. 28
A.Paul nennt 1929 in seinem Syker Heimatbuch 29 die Mühle die "Hördener Wassermühle". Der Mühlenteich liege "träumerisch unter dem Laubwerk knorriger Eichen" und bilde ein "landschaftliches Idyll in der sonst gleichgestalteten Gegend".
Die Mühle mit Mühlenteich um 1930.
1932 heiratet Alice Meyer (Tochter von Claus H.Meyer) den Müller Arthur Baars (+ 1979), der den Mühlenbetrieb übernimmt.
Die Mühle in den 1930er Jahren
Müller Baars hatte bis um 1960 gewerblich den Mahlbetrieb mit Wasserkraft und einem Elektromotor durchgeführt. Einige Jahre nutzte er die Naturkraft dann noch für eigene Zwecke, bis ihm die großen Mühlenunternehmen der Umgebung mit ihrer rationellen Arbeitsweise die Grundlage für eine Existenz nahmen. Die Mühle wurde ab 1961 mit Strom aus dem Stromnetz versorgt.
Bis 1931 hatten alle Müllerfamilien auch in dem alten Mühlengebäude gewohnt, danach bezog Familie Baars das neue Wohnhaus am Mühlenteich.
Müller Arthur Baars mit Frau Alice geb. Meyer33
Fotos: Kreiszeitung / Hermann (gedruckt 1980er Jahre)
1980 kommt es dann zum Abriss der Mühlengebäude.
1980 wird die Mühle abgerissen, nachdem der letzte Müller Baars gestorben ist.36
Der Teich versandet nach der Aufgabe der Mühle immer mehr und wird, wie andere im Landkreis auch, zuletzt zugeschüttet - in Leeste sogar mit Hausmüll aus der nahen Hansestadt Bremen. Der Hombach/Mühlbach wird mit einer "Wasserfall-Treppe" versehen, was die biologische Durchgängigkeit für Fische sehr behindert. Die spätere Garnierung mit großen Findlingen macht sein Aussehen nicht viel reizvoller. Danach erfolgt der Rückbau, das Betonbauwerk weicht einem seichten Gefälle mit Steinpackungen als Strömungsbremse. Die Treppe wird durch eine Fischgleitsohle ersetzt - der Müll liegt aber noch heute unter der Wiese. Bestrebungen, auch den Teich wieder auszubaggern, scheiterten bislang an den hohen Altlast-Entsorgungskosten.
Als 1961 der Betrieb auf Strom aus dem Versorgungsnetz umgestellt wird, ist auch der Mühlenteich überflüssig geworden. "Müller Arthur Baars hatte eine gute Idee: er lässt seinen Teich mit Bremer Müll zufahren". Vier Wochen lang fuhren "die großen Spezialfahrzeuge der stadtbremischen Müllabfuhr ... ihre Last nach Leeste”. Insgesamt 20.000 Kubikmeter. Der Bericht der Zeitung lässt noch das fehlende Umweltbewusstsein erkennen: „Nach zwei bis drei Jahren nämlich wird der Müll zu erstklassiger Humuserde zerfallen sein. […] Wenn […] der letzte Lastwagen seinen Inhalt auf dem früheren Teichgelände entladen hat, wird ihm sofort ein Kammerjäger folgen, der dafür sorgen wird, dass sich kein Ungeziefer in dem Gelände breit macht.“ 37
2009: Ein Schild erläutert den Einbau einer Fischgleitsohle. In den 1980er Jahren war stattdessen eine Sperre aus Stein und Beton ("Wassertreppe") eingebaut worden.
Bis 2000 war hier noch die "Wassertreppe" - die von H.Fellermann wohl zu sehr als Idyll gezeichnet wurde.
Einer der Mahlsteine der Leester Mühle wird bei der Renovierung der Sudweyher Wassermühle 1982 in das dortige Pflaster gelegt. Er ist mit den Sandsteinen, die ebenfalls am Mühlenkolk der
Sudweyher Mühle eingebaut wurden, das letzte noch vorhandene Reststück der Leester Wassermühle.
Der Leester Mahlstein im Pflaster der Sudweyher Wassermühle.
Sandsteine von der Leester Mühle am Mühlenkolk der Sudweyher Mühle 38
1981: Ein Bauschild deutet eine Wiederbebauung an: Ein Appartementhaus, wobei ein an die Mühle angelehnter Stil versprochen wird. 39
Luftbild 1990 (ca): Das Appartementhaus (links) jenseits der Straße ist bezogen.
Der Neubau des Appartementhauses im Jahr 1981. Die Baukörper nehmen die Form der alten Wassermühle wieder auf. 40
Das Mühlrad an der Hauswand soll die Erinnerung an die Wassermühle wachhalten.
Das Haus 2009 vom ehemaligen Mühlenteich aus gesehen.
Eine kleine Brücke führt über den Mühlbach (Hombach) auf die Wiese.
Die Brücke mit Blickrichtung Grämme / Erichshof
Mühlen
1 (Hodenberg, 1855) Lehnsregister der Hoyaer Grafen- s. HOY UB Bd I (Hausarchiv), Heft V, Rolle
2 der Gerichte, Güter und Leute S.5; s. auch NLA Hannover Celle Or 13 Nr.525 2 (Gade, 1901) Bd. I, S.553
3 (Hodenberg, 1855) Hoy UB I Urk.1221 S. 695
4 (Hodenberg, 1855) HOY UB I S. 736 Urk 1272
5 NLA OL, Slg 3, Best. 0 Urk. Nr. 26 - 21.7.1521
6 Vgl. (Schacht, 1960) S. 112
7 Hoyaer Register der Leute der Herrschaft um 1530: (Hodenberg, Hoyer Urkundenbuch, Band I (Hausarchiv), 1855) Hoy UB I Hausarchiv Heft 5 Rolle 6 S.50
8 Bremisches Jahrbuch Band 37 (1937): Zur Geschichte der bremischen Akzise, von Alfred Schittmeier, S. 73 9 d.h. die Mühle wurde unter der Regie der Eigentümer von einem in Dienst genommenen Müller bewirtschaftet 10 NLA Hannover Hann 74 Syke Nr. 814 und 924
11 Kreiszeitung v. 16.10.2010 (W.Meyer) - laut '"300 Jahre alter Urkunde"
12 NLA Hannover Dep. 106 Nr. 775
13 NLA Hannover Hann. 74 Syke Nr. 927 (Der Mühlenzwang im Amte Syke.1662-1809):
14 NLA Hannover Karten 11l-43pg Marschländereien an der Weser, Zeichner Treu, 1729
15 NLA Hannover, Hann. 88 B, Nr. 5597
16 (Greve, 1998) S.105
17. PfA Barrien, K.B.I.2 (1718-1761), Begr., Jg. 1761, Barrien, männl., Nr. 22; Barrien, weibl., Nr. 5.
18 NLA Hannover Staatshochbauamt Diepholz Amt Syke Mappe 1251 Bl. 35
19 NLA HA, Hann. 88 B, Nr. 5598: Die Anlage eines Graupengangs in der Mühle zu Leeste
20 Foto/Repro: W.Meyer
21 Foto/Repro: W.Meyer. Original Kastens, Leeste ?
22 Katasteramtskarte Leeste 187x (1872?), Blatt 20 und 21 – Repro K.Hahn
23 Postkarte (Repro W.Meyer)
24 Syker Zeitung 26.04.1906 - Repro K.Hahn, S.Rathjen, H.Riehn
25 Syker Zeitung 23.02.1907 – Repro: K.Hahn, S.Rathjen, H.Riehn
26 Syker Zeitung 21.07.1910 – Repro: K.Hahn, S.Rathjen, H.Riehn
27 Syker Zeitung 07.10. u. 20.10.1920 - Repro K.Hahn, S.Rathjen, H.Riehn
28 NLA Hannover, 74, Nr. 1091 und (Greve, 1998) Anm. 145
29 (Paul, 1929)
30 Foto: Kreiszeitung
31 Foto: Requard
32 Repro W.Meyer , Bildkalender 2010
33 (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 1, 1980)
34 (Meyer, Weyhe - Zahlen, Ereignisse, 1999)
35 Foto: aus "100 Jahre Chorvereinigung Leeste", 1978
36 Foto aus: (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 1, 1980)
37 Kostenlose Importe schaffen Neuland. Müll aus Bremen. Leester Mühlenteich wird mit 20000 cbm Schutt zugefahren. Kreiszeitung 17.11.1961 ; (Greve, 1998) S.64 / Anm. 191
38 Foto 2009: S.Rathjen
39 Foto: W.Meyer
40 Foto 1982: Hermann/Kreiszeitung