Entwicklung der Volkschulen in Sudweyhe

Autor unbekannt (Festschrift 1100 Jahre Weyhe)

 

Das unsägliche Elend, das der 30jährige Krieg über die deutschen Lande gebracht hatte, konnte nicht durch ein Wirtschaftswunder in kurzer Frist beseitigt werden, vielmehr bedurfte es jahrzehntelanger Aufbauarbeit, um die materielle Not zu lindern und die verfallenen Ordnungen des Staates und der Kirche wiederaufzurichten. Die ersten schwachen Anfänge eines allgemeinen Volksschulwesens waren spurlos dem Kriege zum Opfer gefa11en,und nur zaghaft ging man daran, der allgemeinen Verwilderung und Ungebildetheit. durch die Einrichtung von Volksschulen zusteuern. Wenn Pastor Mauch in einem Schreiben vom 20. Oktober 1763 berichtet, dass im Jahre 1683 Sudweyhe und Ahausen besondere Schulmeister konstituiert seien“, so bedeutet das unter den eingangs angedeuteten Verhältnissen einen beachtlichen Fortschritt in der Entwicklung des Volksschulwesens in unserer engeren Heimat; besagt es doch, dass die Unterrichtung der Kinder von diesem Zeitpunkt an nicht nur, wie es seit Anfang des 16. Jahrhunderts in protestantischen Ländern üblich war, im Ansch1uss an den Gemeindegottesdienst stattfand, sondern auf die Wochentage ausgedehnt wurde. Die Namen sämtlicher Lehrer, die in Sudweyhe gewirkt haben, sind im Kirchenbuch und in der Schulchronik vermerkt. Es muss dem ersten Lehrer, Heinrich Wilhelm Lahmeyer,in seinem neuen Schulorte gut gefallen haben, denn er hat darin 42 Jahre amtiert, und dann hat sein "Sohn Johann Friedrich seine Stelle übernommen und gar 65 Jahre behalten, in den letzten Lebensjahren allerdings unterstützt durch seinen Sohn Johann Heinrich. Dieser hat sich dann 5 Jahre später nach Kirchweyhe versetzen lassen und damit die „Familien—Dynastie Lahmeyer“ auf dem Katheder der Schu1e Sudweyhe beendet. Zwischen den Schulen diesseits und jenseits der Hache und ihren Lehrern haben auch in der Fo1gezeit enge Beziehungen bestanden; besonders auffällig ist, dass vom Jahre 1841 an bis auf den heutigen Tag alle Schulleiter ausnahmslos ihre Dienstzeit in Sudweyhe vollendet haben. 

Wie langsam die Entwicklung des Schulwesens vor sich ging, ersieht man daraus, dss es genau 1160 Jahre gedauerthat, bis für die Unterrichtung der Kinder ein besonderes Haus errichtet Wurde, die „Dorfschule“. Sie ist mehrfach umgebaut bzw. erweitert worden und hat bis zum Jahre 1932 ihre Aufgabe erfüllt, wenngleich ihr das zuletzt ‘doch recht schwer geworden sein‘ mag. Bis zum Jahre 1872 unterrichtete der einzige Lehrer in dem einen Klassenraum sämtliche Kinder der Gemeinde Sudweyhe, zuletzt 190 an der Zahl. Erst gleichzeitig mit Lehrer und Kantor Siemer, der den ältesten Sudweyhern noch das ABC und Einmaleins beigebracht hat, wurde 1872 eine 2. Lehrkraft eingestellt, ein 2. K1assenzimmer eingerichtet und dadurch die Aufteilung der Kinder auf 3 Klassen ermöglicht. 1896 wurde J. Heinr. Ahrens Nachfolger von Kantor Siemer; ihm ist die Spar- und Darlehnskasse heute noch dankbar dafür, dass er sich so tatkräftig für ihre Gründung eingesetzt und zeitweilig als ihr Geschäftsführer gewirkt hat.

Der 1. Weltkrieg warf das Schulwesen weit zurück. Hermann Ba er, seit 1914 als 1. Lehrer in Sudweyhe und Organist an der Weyher Kirche tätig, hatte 1918 223 Kinder zu betreuen, eine Zahl, die wohl keiner seiner Vorgänger jemals zu unterrichten gehabt hat. Erst als die jungen Lehrkräfte aus dem Kriege heimkehrten, konnte auch in Sudweyhe die 2. Stelle wieder besetzt werden.

 

Die Einrichtung einer 3. Schulstelle wäre längst fällig gewesen, wenn im Jahre 1909 nicht in der Sudweyher Heide eine neue Schule erbau worden wäre. Sie vergrößerte die Zersplitterung des Schulwesens in unserer Gemeinde noch mehr, gab es doch fortan 3 Schulen im Schulverband und daneben 2 Gastschulverhältnisse (Ziegelei-Dreye/ Jeebel-Lahausen).

 

Das Jahr 1932 ist für die Entwicklung unserer Schule besonders bemerkenswert geworden. Die räumliche Beengtheit der „Dorfschule“, an der 1931 als 3. Lehrkraft eine Lehrerin eingestellt worden war, und das ständige Anwachsen der Kinderzahl in der Ortschaft Jeebel drängten dazu, eine neue Schule an einem P1atz zu errichten, der eine Zusammenfassung der Schulbezirke Dorf-Heide und Jeebel ermöglichte. Aus dieser Überlegung heraus wurde das große Schulgebäude auf der Geest errichtet.

 

Durch den Verkauf der beiden Schulen im Dorf und auf der Heide konnte die Gemeinde einen wesentlichen Teil der Kosten, die insgesamt 100 000,- RM betrugen, aufbringen. 

1939 bot sich Gelegenheit, im Anschluss an das bisherige Schulgelände den Sportplatz einzurichten und damit die Schulanlage zu einer der schönsten im Kreise zu machen. Als dann I937 die Schule in Ahausen nach jahrelangen Abwehrkämpfen doch gezwungen war, ihre Pforten zu sch1ieBen, 1ieß die Gemeinde die Kinder mit einem Kraftwagen zum Schulbesuch nach Sudweyhe holen und mittags zurückbringen. Somit waren sämtliche Sudweyher Kinder in einer 6-klassigen Volksschule mit 5 Lehrkräften vereinigt.

 

Der 2. Weltkrieg unterbrach jäh die Aufbauarbeit; am 26. August 1939 verblieben von den 5 Lehrkräften nur 2 in der Schule, die anderen 3 holte die Wehrmacht. Die Nöte und Sorgen, die sich fortan in immer stärkerem Maße in allen Lebensbereichen ausbreiteten, machten auch vor der Schule nicht halt. Auf dem Schulgelände und z. T. im Schulgebäude quartierte sich im Jahre 1941 eine Scheinwerferbatterie ein und errichtete auf dem Dach einen Beobachtungsturm. Immer ausgedehntere Fliegeralarme und die Einspannung der Schule für schulfremde Aufgaben (Sammlung von Altmaterial aller Art — Samm1ung von Heilkräutern, Ähren, Beeren, Wildfrüchten), monatelange Abordnung der bei den verbliebenen Lehrkräfte zu Schanzarbeiten,Beseitigung von Bombenschäden und Flak-Abwehrdiensten schränkten die Schularbeit immer mehr ein, bis sie mit dem Einzug der Engländer am 9. 4. 1945 ganz eingestellt werden musste. Bis zum 3. November 1945 dauerten die „Zwangsferien“, während denen verschiedene englische Truppeneinheiten das Schulgebäude und teilweise auch die Dienstwohnungen als Unterkünfte beschlagnahmt hatten. Die neue Schulzeit nahm mit einer Generalreinigung und tei]weisen Renovierung der Räume des Schulgebäudes ihren Anfang — kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der es an allem fehlte, was normalerweise für einen Hausputz benötigt wird. Mit 240 Kindern und 2 Lehrern begann der Schulbetrieb. Die Kinder kamen mit leerem Tornister, die bisherigen Bücher waren eingezogen und vernichtet worden; Tafeln und Hefte gab es nicht zu kaufen, ebensowenig Kreide und Tinte.

 

Viele zerbrochene Fenster waren notdürftig mit Pappe und Brettern zugenagelt, 2 ganze Glühbirnen verblieben in dem großen Gebäude, alles Brennmaterial war durch die engl. Besatzung aufgebraucht. In diese Verhältnisse hinein kamen immer neue Transporte vertriebener Deutscher aus den östlichen Provinzen des Deutschen Reiches, nachdem vor dem Zusammenbruch bereits die ersten Trecks geflohener Bauern aus dem Osten hier eingetroffen waren. Sprunghaft stieg die Schülerzahl auf 322 an, erst im November 1945 wurde der Schule eine 3. Lehrkraft zugeteilt. Die Not steigerte sich aber noch von Tag zu Tag. In notdürftig geflickte Kleider gehüllt, mit zerrissenem Schuhwerk, größtenteils: mit Holzsohlen versehen, viele ohne Frühstück, so saßen die Kinder in überfüllten Klassenräumen, im Winter fröstelnd, vor ihren Lehrern, die oftmals auch größte Mühe hatten, anständig gekleidet und halbwegs gesättigt in die Klasse zu kommen. Keller und Lehrerzimmer dienten als Unterrichtsräume, während im Dachgeschoss eine Reserveklasse mit Flüchtlingen belegt war. Um der größten Not zu steuern, nahmen von Februar 1948 ab 206 Kinder an der Hoover- Schulspeisung teil, die an jedes Kind täglich 1/2 1 Essen zu 350 Kalorien austeilte. 

Im Herbst 1949 hatte die Raumnot das größte Ausmaß erlangt,als die Schule mit 395 Kindern die höchste Besucherzahl auswies. Erst als im Oktober 1949 35 Kinder aus der Ortschaft Ahausen ihre neue Schule beziehen konnten und zu gleicher Zeit in Sudweyhe eine neue Klasse eingerichtet wurde, 1ieß der Druck nach; die räumlichen Verhältnisse normalisierten sich mit der Erbauung des Klassenhauses im Jahre 1952. Allerdings entspricht unsere Schulanlage damit noch keineswegs den Anforderungen, die von Seiten der Schule gestellt werden müssen, wenn sie die ihr gestellten, sich immer noch steigernden Aufgaben erfüllen soll. Die Gemeindevertretung ist sich dessen bewusst und hat bereits Pläne aufgestellt, wie die fehlenden Räume geschaffen werden können. Möge ihre Durchführung recht bald möglich sein!

 

An der Schule Sudweyhe amtieren im Jahre 1960:

1. Schulleiter Friedrich Heide                                        seit 1. 10. 1922 in Sudweyhe

                                                                                      (davon 10 Jahre i. d. Heide)

2. Lehrer August Braukmüller                                       seit 1. 1. 1925 in Sudweyhe

3. Lehrer Bruno Kroner                                                 seit 1. 11. 1947 in Sudweyhe

4. Lehrerin Frl. Else Schneider                                     seit 1. 5. 1950 in Sudweyhe

5. Lehrer Erich Rendigs                                                seit 1. 10. 1952 in Sudweyhe

6. Lehrer Paul Schilling                                                 seit 1. 8. 1954 in Sudweyhe

7. Lehrerin Frl. Hannelore Pietratus                              seit 15. 4. 1959 in Sudweyhe

8. Frau Amanda Ahlers, Handarbeitslehrerin                seit 1. 1. 1951 in Sudweyhe