Wolfgang Polley
Brandkasse im Kurfürstentum Hannover
Die Brandkasse wurde schon 1750 im Kurfürstentum Hannover als "Brand-Assecurations-Sozietät" gegründet.
Die erste Anregung dazu gab, zwei Generationen zuvor, der hannoversche Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz. Die neue Initiative ergriff der evangelische Abt zu Loccum, Georg Ebell. Er war der Vorsitzende einer regionalen Selbstverwaltung im Fürstentum Calenberg-Grubenhagen, der so genannten "Landschaft". Andere Landschaften im Kurfürstentum eiferten bald diesem Vorbild nach und gründeten eigene Versicherungen. Sie schlossen sich seit 1850 allmählich zusammen, und daraus entstanden die "Landschaftliche Brandkasse Hannover“ und die Brandkasse Provinzial. Heute, besser gesagt, bereits seit 1957, ist die Landschaftliche Brandkasse Hannover mit der Provinzial Lebensversicherung zur Versicherungsgruppe Hannover (VGH) zusammengeschlossen.
Quelle: Provinzial Nord Brandkasse AG
Quelle: Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum der Vereinigten Landschaftlichen Brandkasse Hannover.
Brandkasse für die Grafschaften Hoya und Diepholz
Auch wenn der 30-jährige Krieg (1618–1648) ca. 100 Jahre zurücklag, also ungefähr 3 Generationen, mit all seinen Schrecken und Verwüstungen, so sind doch Brandschatzungen mit all ihrem Ungemach in der Erinnerung der damaligen Bevölkerung geblieben. Feuersbrünste waren und sind aber auch ohne Kriege immer eine Bedrohung. Große Not oder gar Gefährdung der Existenz lassen sich vermindern durch eine Brandversicherung. Diese Einsicht wuchs zusehends, wenn auch die Vorbehalte Neuem gegenüber damals wie heute groß waren. Außerdem musste Vertrauen aufgebaut werden, sich dieser genossenschaftlichen Versicherungsidee anzuschließen. Nach Genehmigung durch Kurfürst und König Georg II. ist auch in unserem Gebiet der Hoya-Diepholz’schen Landschaft am 1. Februar 1756 eine eigene „Brandkassen-Societät“
entstanden.
Wappen der Landschaft Hoya-Diepholz
Quelle: Festschrift aus Anlass des 250-jährigen Gründungsjubiläums der Brandkasse für die Grafschaften Hoya und Diepholz
Zur Entstehung der Brandkassen- bzw. Hausnummern
Am 24. Dezember 1755 erließ der britische König Georg II., zugleich Kurfürst von Hannover, eine „Verordnung wegen der in der Grafschaft Hoya u. Diepholz errichteten Brand-Assecurations-Societät“. Verfügt wurde u.a.: „Alle, denen gemeine Lasten unterworffenen Bauer-Höfe sollen ohne einige Ausnahme in die Brand-Societät eingeschrieben werden.“ Eine Pflicht-Feuerversicherung also, als deren Gründungsdatum gemeinhin der 2. Januar 1756 gilt, bestand bereits seit mehreren Jahren eine „Brand-Assecurations-Gemeinschaft“ der Grafschaften Hoya und Diepholz mit der 1750 gegründeten Brandkasse des Fürstentums Calenberg. Die Versicherungsnehmer des Amtes Syke wurden offenbar 1753 erstmals in einem vollständigen Verzeichnis, einem „Brandassecuationskataster“, registriert. Jedes Haupthaus erhielt eine eigene Nummer, für die Nebengebäude wurden Buchstaben vergeben. Die in den Versichertenverzeichnissen festgeschriebenen Ziffern wurden zu regulären Hausnummern.
Ausschnitt aus der Verordnung vom 24. Dezember 1755
Beispiel
aus dem Brandassekurationskataster des Amte Syke - 1753
(in: Niedersächsisches Landesarchiv-Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 74 Syke Nr, 492):
Henstedt Nr. 1 (Meyer) Wohnhaus
a Kornscheune
b Heuscheune
b Spieker
d Backhaus
e Nebengebäude
f Schafstall
g Schafstall
Bedingt durch den Siedlungszuwachs wurden während des 19. Jahrhunderts vor allem in größeren Orten die Brandkassen- bzw. Hausnummern ganz oder teilweise neu vergeben. Demzufolge veränderten sich nach der Neufassung in den Jahren 1787 und 1823 in einigen Orten die Nummernfolgen teilweise oder sogar vollständig.
Beispiel dieses Projektes in 28844 Weyhe- Erichshof, Lange Reihe 31
1790 Nr. 10
1815 Nr. 20
bis 1970 Nr. 21
ab 1970 Lange Reihe Nr. 31
Anders als in Calenberg oder Grubenhagen bestand in den Grafschaften Hoya und Diepholz zunächst keine Vorschrift, die Gebäude mit den in den Brandversicherungskatastern registrierten Nummern und Buchstaben zu
versehen. Anfang 1843 gab die Landdrostei Hannover lediglich eine Empfehlung, Bleche anzubringen, „auf welchen die Brand-Assecurations-Nummer mittelst Öl-Anstrichs angegeben“ wird. Erst im März 1857 drängte das hannoversche Innenministerium auf „die allgemeine Einführung fester Hausnummern“, die sich „auch für verschiedene Zweige der öffentlichen Verwaltung als Bedürfniß herausgestellt“ habe. „Der Regel nach“, so lautete ein wohlgemeinter Rat, „ist als Hausnummer die bestehende Brandcassennnummer zu wählen.“ Im Amt Syke folgte man diesem Vorschlag und legte darüber hinaus fest, dass die anzubringenden Nummern „weiß auf schwarz gezeichnet werden“ sollten.
1857 verfügte das hannoversche Innenministerium die Einführung fester Hausnummern (Bekanntmachung vom 23. März 1857 u. Ausschreiben v. 23. Juni 1857). Die Amtsversammlung des Amtes Brinkum zu Syke beschloss daraufhin, „daß die jetzt vorhandene Nummernreihe, welche aus der Brandversicherung der einzelnen Häuser hervorgegangen beizubehalten, da nur sehr wenige Veränderungen u. Abweichungen davon eingetreten, die Assecurationsnummern auch den Hypothekenbüchern zum Grunde liegen“. Die Häuserlisten sollten „nach den Ortschaften der einzelnen Gemeinde abgesondert geführt werden“, die Nummern „weiß auf schwarz gezeichnet werden“.
Die „Nummernreihe“ wurde in den 1860er Jahren trotz des o.g. Beschlusses in mehreren Gemeinden abgeändert.