Ökonomische und technische Voraussetzungen

Paul Athmann

 
Während Lehmabbau schon seit Menschengedenken betrieben wird und der Brand des Lehms auch schon sehr lange bekannt ist, setzt mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert ein Aufschwung von Ziegeleien ein. 
 
Als Brennstoff für die Ziegelöfen diente bis zum 19. Jahrhundert meist Holz oder Torf. In Niedersachsen, insbesondere im Weserraum, stand auch Steinkohle aus den Abbaugebieten im Schaumburger Land und im Deister zur Verfügung. Schon 1582 ließ Herzog Julius von BraunschweigWolfenbüttel in einem kleinen Ziegelofen mit Steinkohlen Ziegel brennen. 4  Danach lässt sich das Verfahren erst 100 Jahre später wieder nachweisen. Im 19. Jahrhundert hatte sich dann Steinkohle als bevorzugter Brennstoff durchgesetzt. Bis etwa 1870 kam sie zumeist aus England oder aus den niedersächsischen Abbaugebieten, insbesondere aus Schaumburg (Obernkirchen). 5
 
In einer Stellungnahme des Wasserbau-Inspektors Bauer zu einem Gesuch der Weyher Ziegeleien Dörgeloh, Esdohr und Oetjen auf Ausbesserung des Löschplatzes an der Weser in Dreye heißt es im Jahr 1863: Es werden „seit Pflasterung der Landstraße mehrere 100,000 Ziegelsteine mit Wagen auf Land transportiert, und jetzt vorzugsweise Steinkohlen statt Torf auf den Ziegeleien verbrannt.“ 6
 
Mit dem industriellen Abbau großer Mengen Kohle im Ruhrgebiet - unter Einsatz der Dampfmaschinentechnik -  sowie mit dem Bau von Kanälen, Eisenbahnen und Dampfschiffen war der Transport von Kohle bis in fast alle Gebiete Preußens und später des Deutschen Reiches möglich geworden. Durch die Nähe des Hafens in Bremen konnte auch in der Wesermarsch der dort vorgefundene Ton wirtschaftlich zu Ziegeln gebrannt werden. Mit dem Bau der Eisenbahn im Jahr 1873 verbesserte sich der Transport der Kohle aus dem Ruhrgebiet nach Weyhe nochmals entscheidend: So verbrauchte etwa die Ziegelei Oetjen im Jahre 1883 mehr als 17 Doppel-Wagen Steinkohlen. 7
 
Der Bedarf für Häuser aus Stein wuchs am Anfang des 19. Jahrhunderts stetig: Die immer wieder auftretenden verheerenden Brände in den Städten und Dörfern (insbesondere der große Brand in Hamburg im Jahr 1842)  hatten zum Bau von festen Ziegelhäusern geführt.  Statt  Holzbauten mit Lehmausfachungen wurden nun Häuser mit festen Ziegelwänden errichtet, oder es wurden bei Renovierungen die alten Fassaden durch Ziegelmauern verkleidet. Die leicht entflammbaren Strohdächer wurden zunehmend durch Ziegeldächer ersetzt. Im Königreich Hannover wurde um 1835 eine Vorschrift erlassen, dass „bei Neubauten nur Ziegeldachungen angewandt“ werden durften.8
 
Während der Bremer Senat schon ab dem 16. Jahrhundert die Eindeckung der Dächer in der Stadt Bremen mit Ziegeln förderte, beklagte Johann Georg Kohl noch 1871, dass die Vorstädte von Bremen bis zum 19.Jahrhundert fast vollständig „unter Stroh“ standen, und „völlig […] in ihnen Ziegel erst in unseren Tagen zur Herrschaft“ gelangt seien.9 Aber schon 1763 war der in Weyhe aufgewachsenen Enkeltochter des Weyher Pastors Bauermeister, Charlotte von Einem, bei ihrem ersten Besuch in Bremen aufgefallen, dass dort in der Vorstadt die Häuser der vornehmen Leute mit Ziegel eingedeckt seien, was sie bisher nicht gesehen hatte.10 Hier hatte also schon eingesetzt, was auch später auf dem Lande zum Standard wurde: Der Ersatz der Strohdächer durch Tonpfannen, und die Verwendung von Ziegelsteinen zum Bau von Hauswänden.
 
1790 legte J.G.Bernstorf in einem Artikel des Hannoverschen Magazins dar, dass der Bau einer HausVorderwand mit Steinen nur unwesentlich teurer sei als der Bau mit Holz (165 Reichstaler für die hölzerne, und 185 für die steinerne). Damit wolle er nicht vom Bauen mit Steinen abschrecken, sondern eher dazu ermuntern. Er empfahl, nur die Vorderwand in Steinen zu bauen, damit der ganze Bau nicht doppelt so teuer werde wie der hölzerne, sondern nur 4 %. Er zeigte sich verwundert, „dass man hier fast ohne Ausnahme nicht massiv bauen sieht“. Er schloss mit dem Wunsch, dass „man sich bestreben möge, der Ziegelwaare in diesen Gegenden mehr Güte und Vollkommenheit zu geben“. 11
 
In der 2. Hälfte des 19.Jahrhunderts setzte mit der Erfindung des Ringofens und dem Einsatz von Dampftechnik zum Walzen und Pressen des Lehms eine Industrialisierung in der Ziegel-Herstellung ein – auch wenn zunächst noch viel Handarbeit erforderlich war. Die älteren Ziegeleien stellten nachträglich auf Dampftechnik um und bauten einen Dampfkessel ein. Die Produktion der Ziegeleien und damit ihre Wirtschaftlichkeit konnte dadurch deutlich gesteigert werden, was zur Verbreitung der Ziegelbauweise weiter beitrug. 

 

o Einleitung

o die Entstehung des Tons in der Wesermarsch

o Das Ziegelei-Handwerk 

o Die Weyher Ziegeleien

o Sudweyher Ziegelei

o Ziegelei Döhrmann/Wehrmann

o Ziegelei Oetjen/Volkmann

o Ziegelei Hinrich (Segelke) Ahrens

o Dreyer Inselziegelei

o Leester Ziegelei

o Tonabbau

o Übersicht der Weyher Abbauflächen

o Einsatz der Feldbahnen

o Lorenbahn zur Ziegelei Wehrmann

o Lorenbahn zur Ahauser Ziegelei

o Lorenbahn zur Leester Ziegelei

o Lorenbahn bei anderen Ziegeleien

o Absatz der Ziegeleiprodukte

o Ziegeleiarbeiter 

 

Quellennachweis